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Nürburgring: Senna-Sieg und Initialzündung Mercedes

Kolumne von Rainer Braun
​So etwas wäre heute nicht vorstellbar, vor dem Hintergrund komplizierter Verträge der schnellen Herren: Vor 40 Jahren eröffnete ein «Race of Champions» den neuen Nürburgring.

Es regnete und war lausig kalt, als die neue 4,5 km lange Grand Prix-Strecke des Nürburgrings vor 40 Jahren eröffnet wurde, am 12. Mai 1984 und mit prominenten Formel 1- und Sportwagen-Piloten in 20 identischen Mercedes 190 E 2.3 16 V.

Der erste Sieger auf der neuen Rennstrecke hieß Ayrton Senna. Und dieses «Race of Champions» machte bei Mercedes Lust auf mehr, es war eine Art Initialzündung für die vorsichtige und schrittweise Rückkehr in den Rennbetrieb.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Stuttgarter Konzern, abgesehen von einem abgebrochenen Rallye-WM-Engagement, jahrelang so gut wie gar nicht im Motorsport engagiert. Erst die Sonderserie der sportlichen 190er-Limousine und das Rennen am Ring selbst ließen motorsportliche Comeback-Pläne gedeihen – allerdings zunächst nur hinter vorgehaltener Hand.

So gab es schon ein Jahr später ab 1985 verklausulierte Motor-Zulieferungen für den Sportwagen des späteren Werks-Partners Peter Sauber in der Schweiz.

Und bis 1988 wurde das Thema Motorsport schon mehr oder weniger halboffiziell behandelt, bevor mit einer großen Pressekonferenz im Februar 1989 die Rückkehr des Unternehmens mit all seiner Technik- und Finanz-Power in die beiden Rennserien DTM und Sportwagen-WM offiziell verkündet wurde.

Für die DTM-Einsätze diente exakt jene 190 E 2.3 16 V-Sonderserie von 1984 als weiterentwickeltes Basismodell für eine erfolgreiche DTM-Karriere in den Jahren 1988 bis 1993. Mit mehreren Ausbaustufen und Hubraum-Erweiterung auf 2.5 Liter wurde das einstige Senna-Siegermodell vom Ring-Eröffnungsrennen zum Front-Runner der DTM samt Meistertitel 1992. Ab 1994 wurde die 190er-Variante aus der DTM abgezogen und durch die C-Klasse als neuen DTM-Hoffnungsträger ersetzt.

Zurück zum Champions-Race am 12. Mai 1984. Mit Begeisterung verfolgten trotz des schlechten Wetters weit mehr als 100.000 Zuschauer den 12-Runden-Fight der Superstars mit immerhin neun ehemaligen Weltmeistern und einem angehenden Champion. Der Zuschaueransturm war gewaltig und versank bei der An- und Abreise in einem riesigen Stau-Chaos.

Der Brasilianer Ayrton Senna, am Anfang seiner Blitz-Karriere mit Toleman gerade erst im Formel 1-Premierejahr, demonstrierte bei seinem ersten und einzigen Start in einem Renn-Tourenwagen eindrucksvoll, dass er jedes Auto sofort am Limit bewegen kann.

Aus der zweiten Reihe hinter Pole-Mann Alain Prost und Carlos Reutemann als Dritter gestartet, übernahm der Jungstar schon bald das Kommando und siegte nach hartem Kampf mit Niki Lauda mit 1,3 Sekunden Vorsprung.

Reutemann, Rosberg und Watson kreuzten mit Rückständen zwischen drei beziehungsweise vier Sekunden auf den Sieger die Ziellinie. Mann des Rennens hinter Senna war jedoch Niki Lauda, der sich von Startplatz 14 bis auf Position 2 vorkämpfte und am Ende sogar noch Senna unter Druck setzte.

Ähnlich packende Aufholjagden inszenierten Keke Rosberg (von 17 auf 4), Jody Scheckter (von 18 auf 7 plus schnellste Runde) und Klaus Ludwig (von 20 auf 9). Ludwig hatte wegen eines Samstag-Einsatzes an anderer Stelle das Qualifying verpasst und musste deshalb ohne Q-Zeit aus der letzten Reihe starten.

Dagegen ließ es Mercedes-Legende Hans Herrmann bewusst gemütlich angehen. Er landete auf dem 18. und letzten gewerteten Platz, «weil ich mich aus allen Raufereien raushalten wollte».

Denn schon vorher war klar, dass der ehemalige Mercedes GP-Pilot das Einsatzauto anschließend kaufen würde. «Und wer will schon gerne ein rundum ramponiertes Auto als geschichtsträchtiges Erinnerungsstück mit nach Hause nehmen», so Herrmann mit verschmitztem Lächeln.

Die 20 identischen 190 E 2.3 16 V plus einiger Ersatzautos wurden für das große Ereignis übrigens mit allem ausgerüstet, was den Erfordernissen von Reglement und sportiven Zugaben entsprach: Ein um 1,5 cm tiefer gelegtes Fahrwerk, Pirelli P7-Breitreifen mit Profil, Spurverbreiterung um 2 cm, harte Stoßdämpfer, Überrollbügel, Feuerlöscher, kleineres Lenkrad und Schnellverschluss für die Gurte.

Das Star-Ensemble für das Eröffnungsrennen wurde für das Stuttgarter Unternehmen gar nicht mal so teuer, wie man glauben möchte. Die Teilnahme- und Startgeld-Verhandlungen führte damals Mercedes-Mann Gerd Krämer.

Der Sonderbeauftragte des Konzerns für die VIP-Kundschaft war mit vielen F1-Piloten persönlich befreundet und stattete die PS-Stars bei deren Deutschland-Visiten mit schicken Leihwagen der Oberklasse aus. Satte Rabatte beim Kauf eines Mercedes inklusive.

Das alles erleichterte die Verhandlungen enorm. So konnten die meisten Deals zum Freundschaftspreis vereinbart werden und nur wenige Verpflichtungen gestalteten sich kostenintensiv. Zumindest in einem Fall wurde allerdings eine Gage aufgerufen, die selbst Mercedes nicht zu zahlen bereit war.

Auch ein paar glatte Absagen fing sich Verhandlungsführer Krämer ein, zum Beispiel von Nelson Piquet oder jenen GP-Piloten, denen ihr Team die Freigabe verweigerte.

Dafür erschien Juan Manuel Fangio dank seiner früheren Mercedes-Verbindungen vergleichsweise fast zum Nulltarif am Ring und bestätigte sich zwei Tage lang geduldig als Botschafter des Hauses.

Bekannt ist auch, wo die Einsatz-Autos des Rennens später gelandet sind. Die meisten wurden im Laufe der Zeit verkauft. Mercedes hat nur zwei Exemplare
für sein Classic-Museum als Zeitzeugen behalten – Sennas Siegerwagen und den 190er, in dem Niki Lauda saß.

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