Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

KTM-Rennchef Beirer: «Wir haben das beste Paket»

Von Günther Wiesinger
KTM-Rennchef Pit Beirer spricht über die Vorzüge des KTM-Teams bei der Rallye Dakar, über die starken Gegner und die Pläne mit Husqvarna.

KTM hat bei der diesjährigen Dakar-Rallye (über 8700 km in 13 Etappen) mit Marc Coma den 13. Gesamtsieg hintereinander erreicht, aber diesmal unbarmherzigen Widerstand von Honda, Yamaha, Speedbrain (vormals Husqvarna) und Sherco erlebt. Immerhin: Nicht weniger als sieben KTM-Fahrer kamen unter die ersten zwölf der Gesamtwertung.

Pit Beirer, Head of Motorsports bei KTM und Husqvarna, hat für SPEEDWEEK.com einige Fragen zur Dakar beantwortet.

Pit, KTM hatte mit Marc Coma diesmal bei der Dakar nur einen Sieganwärter. War das zwischendurch berunruhigend?

Nein, denn es war nach dem Zerwürfnis, das wir mit Cyril Despres hatten, eine klare Entscheidung von uns, ganz auf Coma zu setzen.
Wir haben das über Jahre so gespielt, dass wir mit zwei Siegfahrern angetreten sind. Cyril hat als fünffacher Dakar-Sieger aber dann von uns zu viel gefordert. Wir sollten die anderen Fahrer vernachlässigen und ihn zur klaren Nr. 1 machen, er hat auch sehr viel mehr Geld gefordert. Wir haben also entschieden, auf diesen internen Psychokrieg zu verzichten und ganz auf Marc Coma zu setzen. Wir haben das ganze Team für ihn arbeiten lassen.
Wir waren uns von vornherein bewusst, dass wir 2014 nur eine Speerspitze haben. Und so war es dann auch. Wir wussten, es darf nichts passieren. Du bist bei so einer Konstellation, bei einem so schweren Rennen mit nur einem Siegfahrer, natürlich angreifbar.
Dieses Konzept hat sich aber bewährt. Wir hatten im Team eine super Stimmung. Weil wir keinen internen Kampf hatten, gab es eine bessere Atmosphäre als je zuvor.
Wir haben ja trotzdem prominente Support-Fahrer gehabt. Jordi Viladoms ist Zweiter geworden. Ruben Faria war letztes Jahr Zweiter, er hat sich halt früh verletzt. Chaleco Lopez war auf dem dritten Platz, als er gestürzt ist und sich verletzt hat. Es war nicht so, dass wir neben Marc Coma lauter No-names hatten.
Uns war klar, dass wir neben Marc Coma andere Fahrer haben, die aufs Podium fahren können und dass wir einige Top-5-Kandidaten hatten. Wir sind also nicht mit wackligen Knien in die Rallye gestartet. Wir waren sehr gut aufgestellt.
Aber die Stürze haben gezeigt, wie dünn das Eis bei der Dakar ist – zwischen Sieg und Niederlage.

Der im November tödlich verunglückte Kurt Caselli hätte für KTM auch eine gute Rolle spielen können?

Auf jeden Fall. Er war ein Rohdiamant für die Dakar. Wenn einer bei seiner ersten Rallye Etappen gewinnt und sich dann ein Jahr für die nächste Rallye vorbereiten kann, dann wäre er ein Edelhelfer gewesen für Marc Coma.
Es war auch unser Wunsch, langfristig mit Caselli zusammenzuarbeiten und ihn für die Nachfolge aufzubauen. Die Planung mit Kurt war sehr intensiv.
Leider war sie vorbei, bevor sie richtig beginnen konnte. Er ist in Amerika noch mit einem amerikanischen Vertrag gefahren. Er wäre für 2014 bei uns im Werksteam mit einem neuen Drei-Jahres-Programm dabei gewesen.
Es war bitter, so knapp vor der Rallye, so einen Menschen und so einen Spitzenfahrer zu verlieren.

Bleibt die Strategie mit Marc Coma als einzigem Siegfahrer für 2015 aufrecht?

Naja, Honda hat mit Barreda einen Spitzenmann, Yamaha mit Despres, wir haben mit Marc Coma einen Spitzenmann. Auf dem obersten Niveau sind die Felle verteilt. Es ist klar, wer ist Freund und wer ist Feind.
Aber für die nächste Generation müssen wir junge Rallye-Fahrer aufbauen. Das ist ganz klar. Wir überlegen bereits, wer da nachkommen kann. Wir haben aktuell ein sehr starkes Vier-Mann-Team. Gott sei Dank hat sich keiner schwer verletzt. Es waren nur zwei leichte Gehirnerschütterungen. Die Fahrer sind jetzt schon wieder fit. Wir werden aber sicher einen jungen Fahrer dazu holen im Laufe dieses Jahres.
Der Plan ist klar: Wir werden 2015 noch einmal mit Marc Coma als einzige KTM-Speerspitze in die Dakar marschieren.

Früher wurden manchmal abgetakelte Motocross-Fahrer zur Dakar aufgeboten, zum Beispiel, Jobé, Malherbe und Kinigadner. Wäre das heute auch vorstellbar?

So eine Bezeichnung würde ich für den Heinz nie gelten lassen..

Sorry, ich nehme alles zurück. Neue Frage: Wären ehemalige Motocross-Fahrer eine personelle Alternative für die Rallye-Szene?

Grundsätzlich sind Motocross und Trial eine sehr gute Schule für jeden Motorradfahrer. Aber die Zeiten sind lange vorbei, wo du die Sportart wechseln und in der neuen Disziplin sofort an der Spitze mitfahren konntest.
Das sind lange, harte Wege.
Du musst einen Rallye-Fahrer zum Rallye-Fahrer ausbilden. Sicher hilft es, wenn einer vorher Motocross-Weltmeister war; dann geht es schneller. Aber es sind inzwischen alle Disziplinen sehr speziell geworden. Es reicht nicht, irgendeinen Motocross-Fahrer nach Beendigung seiner Karriere da rüber zu ziehen. Dazu sind die Spitzenfahrer in der Rallye viel zu gut.

Also ist KTM-Teammanager Stefan Everts als zehnfacher Motocross-Weltmeister keine Personalreserve für die Dakar?

(Er lacht). Das ist bei uns absolut kein Thema.

Wie stark sind die Gegner Honda und Yamaha geworden?

Die gegnerischen Fahrzeuge waren alle gut. Wir verfügen momentan einfach über das stärkste Gesamtpaket. Das Team ist extrem stark und gibt den Fahrern sehr viel Rückhalt.
Wir haben für 2014 auch ein neues Motorrad gebaut, bei dem es Fragezeichen gab, wie gut es sein wird.
Es hat sich aber gezeigt: Wir haben ein Spitzen-Motorrad, wir haben den besten Fahrer und das schlagkräftigste Team.

Mit wie viel PS ist KTM bei der 450er-Maschine angetreten?

Wir haben inzwischen 70 PS.

Am Schluss wurde einmal der Moto gewechselt?

Ja, einmal. Als wir am vorletzten Tag mehr als 50 Minuten Vorsprung hatten, haben wir den 15-Minuten-Penalty in Kauf genommen und einen neuen Motor reingehängt.
Wir hatten eine völlig neue Motorengeneration im Einsatz, erstmals mit Einspritzung. Wir sind die Dakar zum ersten Mal mit diesem Motor gefahren.
Die gebrauchten Motoren, die wir jetzt ausgebaut haben, laufen jetzt in einem separaten Programm, damit wir sehen, wie lange sie bei solchen Bedingungen wirklich halten würden.

War es für dich überraschend, dass Sherco und Speedbrain so stark waren?

Naja, bei Speedbrain muss man sagen, die haben Wüstenerfahrung, die wissen, was sie machen. Ausserdem verfügen sie über das ehemalige Husqvarna-Material. Dass Husqvarna eine starke Marke ist, wissen wir ja inzwischen...
Das ist ein sehr robustes, gut funktionierendes Motorrad.
Und die Sherco-Mannschaft hat ein sehr fahrbares, gutes Motorrad gehabt. Es hat nur an der Haltbarkeit gefehlt.
Das ist das alte Gesetz der Rallye Dakar: Am Ruhetag bei Halbzeit ist noch nichts entschieden.
Du musst Performance, Fahrbarkeit und die Standfestigkeit bis ins Ziel haben. Das ist für Fahrer, Team und Motorrad eine extrem schwierige Aufgabe.
Man sieht ja, was auf den letzten zwei Tagen oft noch passiert. Da stürzen Fahrer aus Konditionsschwäche, es gehen Motorräder kaputt. Es ist hart, diese Leistung bis zum letzten Tag durchzuziehen.

Coma hatte lange Zeit nur einen Etappensieg. Eine leichte Enttäuschung?

Damit mussten wir rechnen. In den ersten drei, vier Tagen war das Tempo so hoch, dass wir gesagt haben, da darf er gar nicht mitfahren. Das war zu gefährlich, denn wir wollten ins Ziel kommen...
Unsere Befürchtungen haben sich auch bewahrheitet. Marc Coma ist ein sehr hohes Spitzentempo gefahren. Doch an den ganz schwierigen Tagen war er plötzlich gemeinsam mit dem alten Haudegen Cyril Despres gemeinsam zehn Minuten vor allen anderen. Die beiden wissen halt genau, welches Tempo man bis ins Ziel bringen kann und wann es die Chance zum Attackieren gibt.
An den drei, vier Tagen, als Marc oder Cyril attackiert haben, sind relativ viele Fahrer ausgeschieden, weil sie sich verfahren haben oder weil sie gestürzt sind. Wenn die beiden das Tempo verschärfen wollen, fährt da normal keiner mehr mit. Marc hat immerhin noch zwei Etappen gewonnen.
Man hat gesehen: Einem Spitzenfahrer hinterher zu fahren, ohne navigieren zu müssen, dieses Tempo können einige vorlegen. Aber so einen Spitzenfahrer zu überholen, dann noch zu navigieren und ihm wegzufahren, das ist normalerweise unmöglich – wenn du einen Gegner wie Marc Coma im Nacken hast.

Kommt KTM mit der neuen Zweitmarke Husqvarna nächstes Jahr mit einem eigenen Werksteam zur Dakar-Rallye?

Das ist absolut noch nicht fix. Dieser Plan steht noch nicht. Wir müssen in Ruhe überlegen, was wir auf der Husqvarna-Seite machen. Fix ist nur, dass wir 2015 mit einem fünfköpfigen KTM-Werksteam in die Rallye starten.

Du kannst ja Cyril Despres wieder zurückholen und ihm als Nr. 1 bei Husqvarna alle Wünsche erfüllen.

Ähhh... Dafür ist die Husqvarna zu schade.

Die Dakar-Siegesserie von KTM

2001: Fabrizio Meoni (I)
2002: Fabrizio Meoni (I)
2003: Richard Sainct (F)
2004: Nani Roma (E)
2005: Cyril Despres (F)
2006: Marc Coma (E)
2007: Cyril Despres (F)
2008: Rallye abgesagt
2009: Marc Coma (E)
2010: Cyril Despres (F)
2011: Marc Coma (E)
2012: Cyril Despres (F)
2013: Cyril Despres (F)
2014: Marc Coma (E)

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