DTM-Funkskandal: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Von Andreas Reiners
Die Skandalszene des zehnten Saisonrennens

Die Skandalszene des zehnten Saisonrennens

Was ist passiert, wie haben die Betroffenen reagiert und vor allem: Wie geht es jetzt weiter? SPEEDWEEK.com beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?

Audi-Motorsportchef hatte in der letzten Runde des zehnten Saisonrennens in Spielberg mit seinem Funkspruch («Timo, schieb ihn raus») für einen handfesten Skandal gesorgt. Timo Scheider hatte unmittelbar nach der Anweisung die Mercedes-Piloten Robert Wickens und Pascal Wehrlein von der Strecke gekegelt, nachdem die ihn zuvor überholt und danach aus strategischen Gründen blockiert hatten. Wehrlein hätte so im Titelkampf für Platz sechs statt Rang acht vier Punkte mehr bekommen. So ging der 20-Jährige komplett leer aus.

Hat Scheider den Funkspruch tatsächlich nicht gehört?

Das ist eine der ungeklärten Fragen. Der zweimalige Meister hatte unmittelbar nach dem Rennen erklärt, er habe den Funkspruch nicht gehört und blieb auch dabei. Ob ihn die Aussage Ullrichs tatsächlich erreicht hat oder nicht, wird nahezu unmöglich sein, zu klären. Geklärt ist die Frage nach der Absicht. Auch das hatte Scheider zurückgewiesen, die Sportkommissare hatten in ihrer Untersuchung in Spielberg nach Auswertung der Fahrzeug-Daten und Videos aber eine Absicht festgestellt und Scheider disqualifiziert.

Wie hat Mercedes reagiert?

Bei den Stuttgartern kochten die Emotionen natürlich erst einmal hoch. «Wenn es diesen Funkspruch wirklich gab, dann sollte der Verantwortliche nie wieder an eine Rennstrecke kommen», sagte Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen. Der Betroffene Pascal Wehrlein hatte erklärt: «Wenn Audi die Meisterschaft auf diese Weise gewinnen will, dann haben sie heute wohl einen Krieg begonnen». Der 20-Jährige sprach von einer «dreckigen» Aktion und sprach Scheider zudem die Vorbildfunktion ab. DTM-Leiter Ulrich Fritz will im Urteil ein deutliches Zeichen sehen, «weil ein solches Verhalten nicht toleriert werden kann. Es darf überhaupt niemand mehr in die Versuchung geraten, über so etwas nachzudenken». Heißt auch: Keine Revanchefouls.

Was macht Audi?

Ullrich musste sich nach dem Eklat vor dem Audi-Vorstand erklären. Dem 64-Jährigen wurde so die Möglichkeit gegeben, den Vorfall aus seiner Sicht schildern zu können. Ein erster Austausch, hieß es vonseiten der Ingolstädter. Audi bezeichnete den Funkspruch derzeit als «einmaligen emotionalen Fauxpas» eines integren Sportsmannes. In der Tat hat sich Ullrich in 23 Jahren bei Audi bislang nichts zu Schulden kommen lassen, gab nach dem Rennen aber auch keine glückliche Figur ab. Eine interne Untersuchung gibt es trotzdem. Ein Rücktritt ist theoretisch ebenso so möglich wie ein Rauswurf.

Wie ist das Verhältnis nun zwischen Audi und Mercedes?

Natürlich erst einmal belastet. So eine Entschuldigung sei zumindest mal der erste Schritt, sagte Fritz. «Im Interesse des Sports werden wir natürlich weiter versuchen zusammenzuarbeiten und das Beste aus der Situation zu machen.» Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es ja. Einfach zur Tagesordnung übergehen werden die Beteiligten aber wohl kaum.

Was sagt der DTM-Chef zu dem Vorfall?

«Sollten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben, wie sie im Fernsehen dargestellt wurden, dann ist es eine bedauerliche und unsportliche Geschichte, die verurteilt werden muss», sagte DTM-Chef Hans Werner Aufrecht in einer Mitteilung. Für ihn, der seit Jahren um bessere Quoten und ein höheres Ansehen der Serie kämpft, ist solch ein Skandal natürlich eine Katastrophe.

Was für Folgen hat der Skandal für die DTM?

Das ist schwer abzusehen. «Solche Szenen will niemand sehen. Wir wollen alle harten Tourenwagensport, aber eben auch fairen Rennsport. Nicht solche Situationen, wo auf Anweisung Kontrahenten ins Kiesbett geschickt werden. Das darf nicht einreißen», sagte Fritz. «Sportlich gesehen war das ganz schlecht für die DTM. Auf der anderen Seite ist sie durch eine solche Aktion in aller Munde. Da muss man sich fragen, wie es sein kann, dass es dafür so ein Manöver braucht. Die DTM sollte besser die Schlagzeilen schreiben, die uns der Sport liefert», sagte DTM-Ikone Bernd Schneider Sport1. Fakt ist, dass die DTM durch den Vorfall in den Schlagzeilen steht wie schon lange nicht mehr. Wenn auch nicht aus sportlichen Gründen. Die Auswirkungen wird man aber wohl erst auf längere Sicht merken. Es ist sogar durchaus möglich, dass viele Leute nun alleine aus Neugier einschalten werden. Andere werden sich in ihrer negativen Meinung über die Serie bestätigt sehen.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Sportgericht hat den Fall an diesem Mittwoch übernommen. Nach Informationen von SPEEDWEEK.com wird nun erst einmal entschieden, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Dazu werden alle Fakten und Beweise zusammengetragen, die Entscheidung soll kurzfristig fallen. Aufgrund des öffentlichen Interesses ist von einem Verfahren aber auszugehen. Im Fokus des Gerichts steht vor allem erst einmal eine Terminfindung, denn im Idealfall soll ein mögliches Verfahren noch vor dem nächsten Event Ende August in Moskau über die Bühne gehen. Daneben wird noch geklärt, wer Beschuldigter ist und wer geladen wird. Normalerweise gibt es nach der formellen Eröffnung eines Verfahrens eine Frist von 14 Tagen. Gut möglich, dass Audi aber auf diese Frist verzichtet.

Was sind die möglichen Strafen?

Von einer Geldstrafe bis hin zu einem Lizenzenzentzug ist vieles möglich, in erster Linie für die Lizenzinhaber Scheider und sein Team Phoenix. Scheider wurde zwar nach dem Rennen bereits mit der Disqualifikation bestraft. Sollte man ihm aber nachweisen können, dass er den Funkspruch tatsächlich gehört hat, wäre eine weitere Sanktion denkbar. Auch Ullrich könnte theoretisch über Umwege bestraft werden. Denn klar ist: Wenn das Sportgericht ein Verfahren einleitet, sollen die Verantwortlichen auch sanktioniert werden.

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