DTM-Kolumne: Bremst die Emotionen nicht ein

Kolumne von Andreas Reiners
Der Auslöser: der Crash vom Norisring

Der Auslöser: der Crash vom Norisring

Christian Vietoris musste für seine verbale Attacke gegen Mattias Ekström zahlen. Die 3000 Euro tun dem Mercedes-Mann nicht weh, dafür aber der DTM. Eine Kolumne.

Christian Vietoris reagierte auf seine eigene Art und Weise. Eine wirklich starke Reaktion zeigte der Mercedes-Pilot auf die 3000-Euro-Geldstrafe, die er nach seiner verbalen Attacke auf Mattias Ekström zahlen musste. Er legte einfach nochmal 3000 Euro drauf, für den guten Zweck. Das war leider das einzig Gute an der ganzen Geschichte.

Fakt ist erst einmal, dass der DMSB ein Zeichen setzen wollte, eine Grenze ziehen. Was Äußerungen in der Öffentlichkeit angeht, ist die DTM ja kein rechtsfreier Raum, Beleidigungen werden ähnlich gehandhabt wie im öffentlichen Leben auch. Das böse A-Wort ist dabei ein Grenzfall. Manche werden sicher sagen: Halb so schlimm, ist doch schon salonfähig. Für andere wiederum ist «Arschloch» definitiv unterhalb der Gürtellinie. Und der DMSB wollte mit der Geldstrafe nichts anderes tun, als diese Gürtellinie zu definieren.

Was auch daran liegt, dass es in dieser Saison häufiger zu verbalen Angriffen gekommen war. Sofort ins Gedächtnis kommen da die «Clowns» und «Pappnasen», die Ekström selbst angeprangert hatte. Auch da: Für die einen ist Pappnase eine Karnevalsverkleidung, für andere eine Beleidigung. Zum Vergleich: Jörg Schmadtke, Manager beim Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln, musste 6000 Euro berappen, weil er einen Schiedsrichter als «Eierkopp» bezeichnet hatte. Es gibt definitiv schlimmere Entgleisungen.

Im Gegensatz zu Vietoris hatte Ekström seine Ausführungen in Spielberg aber nicht in einem Live-Interview bei einem öffentlich-rechtlichen TV-Sender dargelegt, deshalb wurde gar nicht erst ermittelt. Anderes Beispiel: Timo Scheider hatte BMW-Konkurrent Antonio Felix da Costa beim Saisonauftakt sogar als «verdammtes Arschloch» bezeichnet. Allerdings über den Teamfunk. Scheider konnte in dem Moment nicht davon ausgehen, dass der Funkspruch auch gesendet wird.

Natürlich haben die Fahrer auch eine Vorbildfunktion. Aber ganz ehrlich: Es ist beileibe nicht so, dass die Piloten im verbalen Clinch untereinander andauernd in Fäkalsprache verfallen. Vielmehr ist es endlich mal so, dass Emotionen gezeigt werden, dass eben kein marken- und PR-gesteuerter Einheitsbrei verzapft wird. Die Fahrer wurden von der Leine gelassen und man merkt, dass sie das nutzen wollen, auch mal genau das sagen wollen, was sie denken. Weil genau das sie dazu macht, was die DTM immer haben wollte: Typen. Mit Ecken und Kanten. Mit klarer Kante. Authentisch.

Nicht falsch verstehen. Natürlich wird die DTM ohne verbal abgefeuerte «Arschloch»-Aussagen nicht zwangsläufig langweiliger. Oder andersherum: Emotionen gehen auch ohne Dauerbeleidigungen. Und Christian Vietoris wird sich auch trotz der gezahlten Strafe und Spende noch eine warme Mahlzeit leisten können.

Das Gefährliche daran ist etwas anderes: Dass die Piloten beim nächsten Mal darüber nachdenken, ob und was sie sagen. Sich ihre Worte wie früher dreimal überlegen, vorsichtig werden. Ist Idiot jetzt noch in Ordnung? Vollidiot auch? Was ist mit Spinner? Penner?

Emotionen gehören dazu. Und dazu gehört, dass man auch mal verbal über die Stränge schlägt. Das passiert. Jedem. Und dann sollte man auch einmal ein Auge zudrücken. Und nicht mit solchen Strafen die Piloten künstlich einbremsen. Das hatten wir lange genug.

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