Teamorder: Immer wieder ein DTM-Streitthema

Von Andreas Reiners
Streitthema: Stallorder in der DTM

Streitthema: Stallorder in der DTM

Als Gary Paffett am vergangenen Samstag erst seinen Markenkollegen Robert Wickens und später auch Paul di Resta passieren ließ, war klar, was kommen würde. Die Kritik ließ dann auch nicht lange auf sich warten.

Wie so oft, wenn die Saison auf die Zielgerade einbiegt und die Fahrer der jeweiligen Hersteller sich gegenseitig unterstützen (müssen).

Auf der Facebook-Seite der DTM wetterten einige Fans gegen die Teamorder, die in den besagten Momenten zwar verbal keine war, sondern Teamwork, wie Mercedes betonte. Unter dem Strich kommt es auf dasselbe raus. Und natürlich macht es nicht nur Mercedes, sondern auch Audi und BMW.

Ebenfalls am Samstag hatten Jamie Green und Edoardo Mortara unbehelligt nach vorne fahren können, ihre Markenkollegen wehrten sich ebenfalls nicht nach Kräften. Diskussionen gab es am Funk, als Green auch Mortara überholen sollte. «Faster Car behind you» bekam Mortara, der zu dem Zeitpunkt in der Fahrerwertung nur zehn Punkte hinter Green lag, zu hören. Als einen «Witz» bezeichnete der Italo-Schweizer den Funkspruch, machte aber Platz. Audi verteidigte die Aktion damit, dass Green grundsätzlich schneller unterwegs war, was anschließend auch deutlich zu sehen war.

Trotzdem: Das Geschrei war anschließend groß, die Fans wetterten gegen die Teamorder. Oder Stallregie. Oder wie man es nennen will, wenn der eine Markenkollege den anderen überholen lässt, wenn der im Titelkampf die besseren Chancen hat. Kann man gut finden oder zumindest hinnehmen, muss man aber nicht. Vielen Fans ist das ein Dorn im Auge.

«Schämen sollten die sich! Das hat nichts mit fairem Rennsport zu tun! Solche Leute verderben das ganze Rennen!!», schrieb ein Anhänger.

Ein anderer meinte: «Da ist es doch am Ende egal, von wo m an startet. Liegt man in der Tabelle vorne, wird man schön vorbei gelassen, egal ob schneller oder nicht. Das hat doch nix mehr mit Motorsport zu tun. Diese Teamorder macht alles kaputt.» Oder aber: «Unfair gegenüber den Fahrern, gegenüber dem kompletten Team und den Mechanikern die super Arbeit in der Box erledigt haben und nicht belohnt werden!!!!!!»

Nun ist es zunächst einmal Fakt, dass Teamorder in der DTM durch das Reglement nicht mehr verboten ist. «Es ist Einzel- und Mannschaftssport. Das war immer schon so. Wenn man es vermeiden kann, vermeidet man es. Man muss damit leben, ob man es schätzt oder nicht», sagte ARD-Experte Norbert Haug: «Wir würden es uns anders wünschen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf», meinte Haug weiter.

«Für mich ist es unter dem Strich ein Teamsport. Wir versuchen für die Marke und die Fahrer, das Beste herauszuholen. Das hat bestimmte Grenzen, in einem bestimmten Bereich ist es zulässig und lässt sich auch nicht vermeiden», sagte Mercedes’ DTM-Leiter Ulrich Fritz SPEEDWEEK.com und betonte: «Man muss schauen, wie man im Teamwork weiter nach vorne kommt. Das war nicht vergleichbar mit dem, was wir schon mal diskutiert hatten.»

Was Fritz meinte: Die Grenzen zur Unsportlichkeit sind auch schon mal fließend. Wir erinnern uns da an den Nürburgring im vergangenen Jahr, als Mercedes es mit Pascal Wehrlein («I need DRS») mit dem Teamwork etwas übertrieb und den Teamkollegen nicht nur passieren ließ, sondern die Konkurrenz auch absichtlich aufhielt. Ähnliche Vorwürfe gab es übrigens auch am Sonntag nach dem zwölften Saisonrennen, diesmal von Mercedes in Richtung BMW (Zum Bericht). Die Stuttgarter hatten allerdings auch Daniel Juncadella als Schutzschild für den aufgrund einer Kollision deutlich langsameren Wickens benutzt, was vor allem Audi sauer aufstieß. Klar ist: Den Gegner einzubremsen hat nichts mit Teamwork zu tun, sondern ist schlicht unsportlich.

«Als Team wissen wir, was das Ziel ist. Und ich weiß, was ich in dem Fall zu tun habe», sagte Routinier Paffett SPEEDWEEK.com. Er kann die Kritik der Fans nachvollziehen. «Absolut. Die DTM ist aber auch ein Teamsport. Es passiert überall, wo Teamsport ausgeübt wird. Und wir müssen es natürlich tun, weil es alle anderen auch tun.»

In der Tat ist das Teamwork oder die Teamorder in der heißen Phase des Titelkampfes bei acht Autos pro Hersteller sowie drei Wertungen nachvollziehbar, weil es nun mal auch erlaubt ist. Und natürlich bleibt die Frage, wie man einen Verstoß bei einem neuerlichen Verbot überhaupt kontrollieren will. Diskussionen würde es dann weitaus häufiger geben.

Wo zieht man die Grenzen? Wurde der Teamkollege nicht vorbeigewunken, sondern war schlicht schneller? Oder war der andere so schlau, von sich selbst aus Platz zu machen? Wie beurteilt man das? Wie verhindert man Codes, wie sie in der Vergangenheit auch schon vorgekommen sind?

Wahrscheinlich gar nicht, denn wenn es verboten wird, passiert es heimlich. Das Einfachste ist also, zu akzeptieren, dass es nun mal zur DTM gehört. Allerdings sollte es im Nachhinein dann auch ehrlich kommuniziert werden.

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