Nach F1-Sprit-Skandal: Was droht der Sportwagen-WM?

Kolumne von Oliver Runschke
240 gr. Aluminium zum Preis von 10.000 Euro: Fuel Flow Meter von Gill Sensors

240 gr. Aluminium zum Preis von 10.000 Euro: Fuel Flow Meter von Gill Sensors

Das Bauteil, über das die gesamte Formel 1 spricht, ist in der Sportwagen-WM FIA WEC in diesem Jahr noch wichtiger als in der «Königsklasse».

Spätestens nach dem Formel-1-Skandal von Melbourne um Daniel Ricciardo und Red Bull Racing dürften nun auch einige Leute in der Sportwagen-WM FIA WEC ziemlich nervös sein. Denn das Bauteil, um das sich gerade die Formel-1-Welt dreht, dass «Fuel Flow Meter» von der britischen Firma Gill Sensors, findet sich auch in der neusten Generation der LMP1-Sportwagen von Audi, Porsche und Toyota. Im Sportwagen ist der mit Ultraschalltechnik arbeitende Durchflussmengenmesser dabei noch wichtiger als in der Formel 1: Das komplette neue LMP1-Motorenreglement definiert sich über diesen Sensor.

Effizienz ist das neue Zauberwort der Sportwagen-WM. Das neue technische Reglement, das in diesem Jahr in Kraft tritt und nach dem Audi R18 e-tron quattro, Toyota TS040 und Porsche 919 Hybrid gebaut wurden, dreht sich auf der Motorenseite nur um das 240 gr. leichte Fuel Flow Meter. Denn ausschlaggebend ist in der Sportwagen-Topklasse LMP1 ab sofort nur die zur Verfügung stehende Energiemenge und die wird mit Hilfe dieses Sensors überwacht.
In der Formel 1 hat der Sensor im Vergleich zum Einsatz im Sportwagen eine eher sekundäre Funktion und ist dort allein dazu da, zu überwachen, dass die Teams ihre neuen V6-Turbos nicht á la 80er Jahre in Qualifyingmonster verwandeln.
Im Sportwagen ist er aber Fundament des Reglements, denn im neuen Regelbuch gibt es für die Motoren keine Hubraumlimits, keine Ladedruckgrenzen, keine Restriktoren oder Zylinderbegrenzungen. Salopp gesagt funktioniert es nach dem Prinzip: «Wir sagen euch wie viel Sprit ihr für eine Runde bekommt und ihre müsst zu sehen, wie ihr daraus die maximalen Performance herausgeholt.»
Dabei sind die Verbrauchlimits bei den LMP1-Sportwagen enger geschnürt als in der Formel 1. Abhängig von der Leistung der zwei erlaubten Hybridsysteme dürfen Hybrid-LMP1 zwischen 87,3 und 93 Kilogramm Kraftstoff pro Stunde verbrennen, in der Formel 1 sind 100 kg erlaubt.

Ein Reglement mit einer limitierten Energiemenge gab es bei Sportwagenrennen schon zu Gruppe C-Zeiten in den 80er Jahren und dazu bedurfte nicht eines 10.000 Euro teueren Sensors, von dem übrigens bis zu drei je Fahrzeug verbaut werden müssen. Allerdings entglitten die Rennen oft zu gähnend langweiligen Verbrauchfahrten. Das soll sich mit dem Fuel Flow Meter nun ändern, denn für den Verbrauch gibt es immer eine definierte Obergrenze über eine Runde. Wer in einer Runde zu wenig Sprit braucht, kann damit vielleicht über den Stint die Reichweite strecken, aber den gesparten Sprit nicht in der folgenden Runde in eine schnellere Zeit investieren.

In der Sportwagen-WM wird in diesem Jahr die Durchflussmenge des Sprits vom Sensor in Echtzeit an die Kommissare übertragen. Wer zu viel verbraucht, hat über die folgenden zwei Runden Zeit den Verbrauch wieder ins Lot bekommen, bevor es Strafen gibt. Einen Strafenkatalog hat die FIA selbstredend bereits fertig. Für das erste Vergehen gibt es eine Durchfahrtstrafe, anschliessend drohen Stop&Hold-Strafen ab 20 Sekunden aufwärts.

Auf der Technikseite führt das freizügige, aber auch absurd teure neue LMP1-Reglement zu einer faszinierenden Vielfalt und zu seiner Komplexität, dass Sportwageningenieure dem Jammer ihrer F1-Kollegen über die aufwendigen neuen Antriebsstränge gerade ein müdes Lächeln schenken können. Audi tritt mit einem V6-Turbodiesel, Porsche mit einem Vierzylinder-Otto-Turbomotor und Toyota mit einem hochdrehenden Benziner-V8 an und auch bei der Technik der je zwei Energie-Rückgewinnungssysteme geht jeder der drei Hersteller seinen eigenen Weg.

Das ganze Reglement funktioniert aber nur, wenn der Durchflussmengenmesser korrekt arbeitet. Um das Bauteil und seine grossen Abweichungen gab es in den beiden vergangenen Jahren bereits sehr viele Diskussionen über Ungenauigkeiten. Im Dezember verkündete Gill Sensors, dass Fuel Flow Meter sei nun von der FIA homologiert.

Den Schuh mit den Ungenauigkeiten beim Sensor, der nun Red Bull Racing zum Verhängnis wurde, müssen sich Automobilweltverband FIA und Sportwagen-WM/24h-Le-Mans-Veranstalter ACO letztendlich selbst anziehen. Als der Weltverband und der französische Automobilclub am 14. Juni 2012 das neue, ab diesem Jahr gültige Reglement für die LMP1 vorstellte, war das Fuel Flow Meter noch in der Entwicklung. Die FIA arbeitete das Reglement im guten Glauben aus, die Technik würde bis zum Saisonstart 2014 schon passen. Wie solide der Sensor funktioniert können sie bei Red Bull Racing erfragen.

Wollen Audi, Toyota und Porsche beim Saisonstart der Sportwagen-WM am 20. April in Silverstone auf Nummer sicher gehen, werden alle drei Hersteller nach den Werten fahren müssen, die der im schlimmsten Fall nicht akkurate Sensor liefert und so möglicherweise Performance verschenken, um Strafen zu vermeiden. So viel dann zum Thema Effizienz.

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