Sergio Pérez: Wieso Force India die Gegner verblüfft

Von Adam Cooper
​Der Mexikaner Sergio Pérez findet: «In den ersten drei Rennen des Jahres ist Force India jenseits seiner eigenen Möglichkeiten gefahren. Wir haben viel mehr erreicht als wir das eigentlich können.» Aber wieso?

Als Force-India-Mitbesitzer Vijay Mallya davon sprach, auf WM-Rang 4 von 2016 in der neuen Saison 2017 die drei Top-Teams zu ärgern, glaubten viele – der Inder spinnt. Viele Experten sind der Ansicht, dass Platz 4 mit einem Privat-Team das Maximum der Möglichkeiten in der gegenwärtigen Formel 1 sei.

Und nun das: Neben Ferrari und Mercedes hat es nur ein Team geschafft, bei allen drei bisherigen Grands Prix beide Autos in die Top-Ten zu bringen – Force India. Damit liegt der Rennstall aus Silverstone wieder auf WM-Rang 4, mit 17 Punkten, vor Williams (16), Toro Rosso (12) und Haas (8). Noch weiter hinten: Renault (2) und die punktelosen Sauber und McLaren-Honda.

Sergio Pérez ist in Melbourne und Bahrain Siebter geworden, dazu Neunter in Shanghai. Esteban Ocon ist das Metronom der Formel 1, drei Mal das gleiche Ergebnis – Zehnter.

Der 27jährige Pérez findet: «In den ersten drei Rennen des Jahres ist Force India jenseits seiner eigenen Möglichkeiten gefahren. Wir haben viel mehr erreicht als wir das eigentlich können – wenn ich mir vor Augen führe, was der Wagen zu leisten vermag. Wir haben jede Gelegenheit genutzt, und wir haben auch profitiert, dass unsere Gegner teilweise die falschen Entscheidungen getroffen haben. Ich finde nicht, dass wir beispielsweise in Bahrain einen tollen Speed gehabt hätten. Wenn ich mir zuhause nochmals die Rennsimulationen anschaue, dann sind wir ganz sicher nicht vierte oder fünfte Kraft.»

«Aber wir haben reichlich Raum für Verbesserungen, das gibt Mumm für Spanien, wenn wir ein Evo-Paket bringen. Vom reinen Tempo her halte ich Williams und Renault derzeit für schneller, Toro Rosso wohl auch, aber wir haben in einer Mischung aus Glück und Geschick das Beste aus unserer Situation gemacht. Drei Mal mit beiden Autos in den Punkten, das hat schon was.»

Pérez, 2016 sehr guter WM-Siebter geworden, war in der Wüste Sakhir schon im ersten Quali-Segment ausgeschieden (doppelte gelbe Flagge zum Schluss von Quali 1) und musste von Startplatz 18 losbrausen. «Aber das Team hat mir gesagt – du kannt locker in die Punkte fahren. Die Stimmung im Team war wirklich ansteckend, alle waren vor dem Rennen aufgekratzt und kampflustig. Das fand ich grandios. Dieses Team gibt nie auf.»

«Das zeigt mir auch einmal mehr – selbst in einer scheinbar aussichtslosen Lage darfst du nicht aufstecken. Ich konnte in der ersten Runde schon fünf Ränge gewinnen, das war der Grundstein für das gute Ergebnis.»

So ganz nebenbei ist Sergio nun zum dreizehnten Mal in Folge in die Punkte gefahren. Das ist sehr eindrucksvoll, obgleich kein Rekord: Der gehört Kimi Räikkönen, der von Bahrain 2012 bis Ungarn 2013 sagenhafte 27 Mal in die Punkte preschte!

Pérez weiter: «Im Rennen lief es viel besser als erwartet. Wir hatten uns im Training mit der Abstimmung ein wenig verirrt. Erst zur Quali hin konnten wir Schwierigkeiten mit der richtigen Bodenfreiheit aus der Welt schaffen, aber dann hatten wir Pech mit den gelben Flaggen.»

«Ich glaube, da steckt noch sehr viel Potenzial in diesem Wagen. Wenn die Verbesserungen so einschlagen wie ich mir das erhoffe, dann dürfen wir uns auf die kommenden Rennen wirklich freuen.»

Der Grund für die eindruckvollen Leistungen jenes Rennstalls, der aus dem einstigen Jordan-Team hervorgegangen ist: Force India setzt seine Ressourcen effizienter als jedes andere GP-Team ein und schaffte es damit, 2016 Rennställe wie Renault und McLaren-Honda hinter sich zu lassen. Der langjährige Force-India-Fahrer Nico Hülkenberg weiss: «Sehr oft ist einfach eben auch gut. Einige grosse Teams verfügen über fabelhafte Mittel, und doch verlieren sie sich manchmal in der Komplexität des Sports und der Technik. Force Indias Stärke besteht darin, die Dinge möglichst simpel zu halten und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.»

Der Mann hinter der eindrucksvollen Effizienz der Rennwagen von Force India heisst Andrew Green. Der Engländer studierte Mechanik, nach Abschluss seines Studiums führte ihn sein erster Job in die Formel-1-Sprungbrettklasse Formel 3000 (heute GP2). Der junge Green arbeitete an der Seite von Rennurgestein Gary Anderson. Als Eddie Jordan seinen langjährigen Kumpel Anderson für sein Formel-1-Projekt abwarb, nahm Gary kurzerhand Green mit nach Silverstone, Anfang der 90er Jahre.

Andy Green gilt als Meister darin, die beschränkten finanziellen Mittel überaus effizient einzusetzen. Die Force-India-Renner sind seit Jahren ein verlässlicher Wert in der Formel 1, und der Rennstall aus Silverstone konnte sich stetig steigern – vom zehnten WM-Rang 2008, über die Ränge 9 (2009), 7 (2010), 6 (2011), 7 (2012), erneut 6 (2013 und 2014) auf Rang 5 2015 und dann, als bisherigen Krönung, WM-Schlussrang 4 in der Saison 2016. Hut ab vor dieser Truppe. 

Force-India-Geschäftsleiter Otmar Szafnauer lobt: «Andy gilt nicht als grosser Name in der Branche, aber er kennt unser Team bis zum letzten Mitarbeiter und bis zur letzten Schraube, er hat einen soliden Hintergrund als Designer und Renningenieur. Er ist der ideale Mann für uns, und ich hoffe, er bleibt noch viele Jahre.»

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