Mercedes-Zwischenbilanz: Das Rezept gegen Ferrari

Von Mathias Brunner
​Mercedes-Chefstratege James Vowles zieht Zwischenbilanz nach den GP in Australien, China und Bahrain. Der Brite sagt, welches das Erfolgsrezept ist, um 2017 die Italiener im Kampf um die WM zu schlagen.

James Vowles, der Chefstratege von Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz, steckt in einer überaus arbeitsreichen Phase: «Wir hatten zwei Rennen innerhalb von acht Tagen, China und Bahrain, danach gleich die zweitägigen Testfahrten von Bahrain, und in wenigen Tagen schon fliegen wir nach Russland.»

«Mit jeder Runde lernen wir mehr über unser neues Auto. China war insofern sehr hilfreich, weil nicht nur die klimatischen Verhältnisse ganz anders waren als in Australien, sondern weil auch die Rennstrecke von Shanghai ganz anders ist als jene in Melbourne. China war knifflig, weil wir von feuchter Bahn auf trockene Piste übergingen. Kühlere Verhältnisse in China waren sehr wichtig, um mehr über das Verhalten der Reifen zu lernen.»

«Bahrain bedeutete dann wieder andere Verhältnisse, mit warmem bis heissem Wetter. Der Test danach gab uns die Möglichkeit besser zu verstehen, was wir am Rennwochenende vielleicht nicht perfekt gemacht haben.»

«Für mich ist dies ein Leitthema dieser Saison. Ich finde es überaus fesselnd, wie unterschiedlich die zehn Rennställe das Thema Reifen angehen. Pascal Wehrlein fuhr beispielsweise in Bahrain eine Einstoppstrategie im Sauber, mit elf Runden auf der superweichen Mischung und dann 46 Runden auf der weichen Mischung. Force-India-Fahrer Esteban Ocon wiederum blieb auf der superweichen Mischung, er wechselte von superweich zu superweich, bevor er seinen dritten Rennteil dann mit weichen Walzen bestritt.»

«Wir bei Mercedes hatten zu Beginn des Rennens Mühe, das Beste aus den Reifen zu holen. Ferrari hat das in Bahrain besser gemacht. Das alles trägt zur Attraktivität der Weltmeisterschaft bei – wie die Rennställe versuchen, dem Verhalten der Reifen auf die Spur zu kommen und sie so vorteilhaft als möglich in die eigenen Strategien einzubinden. Pirelli hat Wort gehalten: Wir haben 2017 einen Reifen, der länger hält und der uns mehr Spielmöglichkeiten eröffnet.»

Beim ersten Mercedes-Reifenwechsel rüstete das Team Lewis Hamilton mit dem weichen Reifen aus, Bottas aber mit dem superweichen. Wieso? James Vowles: «Wir basieren viele Entscheidungen fürs Rennen auf den Erfahrungen, die wir in den Dauerläufen vom Freitag machen. Und am Freitag in Bahrain hatte sich gezeigt, dass die superweichen Walzen fürs Rennen eine gute Option sind. Wir glaubten, dass ein zweiter Rennteil auf superweich die schnellste Variante ist. Aber wir hatten leise Zweifel. Daher haben wir die Strategie geteilt und Lewis die weichen Reifen mit auf den Weg gegeben. Den einen Wagen auf dem superweichen, den anderen auf dem weichen Reifen zu haben, das schenkte uns die Gewissheit, was wir dann im letzten Renndrittel tun sollen.»

Ein grosser Aufreger nach dem Australien-GP: Der Mangel an Überholmanövern. In China und Bahrain hat sich die Situation normalisiert, aber James Vowles meint: «Es stimmt, dass wir in Australien weniger Manöver hatten. Es zeigt sich mehr und mehr, dass die Fahrer wirklich viel Grips und Mut investieren müssen, um den Vordermann zu kassieren. Aber genau deswegen werden die Manöver interessanter. Wir hatten in China 2016 drei Mal mehr Überholmanöver als in China 2017. Aber die meisten der Aktionen vor einem Jahr gingen darauf zurück, dass Fahrer mit unterschiedlich abbauenden Walzen unterwegs waren. Und wir dürfen nicht vergessen, dass sich Lewis von ganz hinten durchs Feld tankte. Nun finde ich, sehen wir aufgrund der haltbareren Reifen viel mehr echte Kämpfe, bei welchen sich die Fahrer wirklich was einfallen lassen müssen. Das ist für den Sport wertvoller.»

«Das alles bedeutet auch, dass auf Pisten wie etwa Barcelona und Budapest überholarme Rennen auf uns zukommen. Das finde ich aber nicht so schlimm. Früher war es für die Fahrer fast ein wenig zu einfach, den Gegner zu schnappen. Aufgrund ihrer besseren Reifen und auch dank DRS, des verstellbaren Heckflügels. Nun haben die Fahrer Walzen, die sie über einen längeren Zeitraum hart rannehmen können, und die geänderte Aerodynamik der Rennautos bedeutet, dass der verstellbare Heckflügel nicht mehr so effizient arbeitet. Die Fahrer müssen aggressiver fahren, das ist für die Fans prima.»

Vowles über das WM-Duell mit Ferrari: «Ferrari ist ein formidabler Gegner. Wenn du die schlagen willst, dann musst du ein Rennen hinbekommen, in dem so gut wie alles stimmt. Wir hingegen hatten eine Menge Probleme: Der Generator, der auf der Startaufstellung nicht richtig funktionierte, so dass Valtteri mit falschem Reifendruck ins Rennen ging. Die Boxenstopps verliefen nicht ideal. Die Strafe für Lewis. Und daher reichte es eben gegen Ferrari nicht.»

«Ich finde diesen Aspekt der Formel 1 wirklich faszinierend – es geht um die Details, die alle stimmen müssen, nur dann kannst du deinen Konkurrenten bezwingen. Aber wir haben trotz der Fehler den Schaden im Rahmen gehalten, und das ist wichtig, um über 20 Rennen am Schluss die Nase vorn zu haben. Klar willst du im Idealfall gewinnen. Aber wenn es eben nicht optimal läuft, dann musst du versuchen, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Und das haben wir in Bahrain geschafft. Klar tat weh, in Bahrain zu verlieren. Aber aus Fehlern wirst du bekanntlich klug.»

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