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Lewis Hamilton: Seine Nachricht für Sebastian Vettel

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton geniesst das Bad in der Menge

Lewis Hamilton geniesst das Bad in der Menge

​Am Sonntagabend verrät Silverstone-Dominator Lewis Hamilton, wie er auf die Reifenschäden bei Ferrari reagierte und was er Sebastian Vettel wünscht. Und warum er in Silverstone so verdammt gut fährt.
Lewis, wir haben WM-Halbzeit. Wo siehst du Mercedes und Ferrari?

Ich sehe einen Kampf, der ständig hin- und herpendelt. Es gibt Rennwochenenden, an welchen wir ein bisschen vorne liegen, dann tun wir uns wieder schwer. Ferrari war insgesamt in der ersten Saison die bessere, vielleicht glücklichere Mannschaft, also liege ich in der WM noch immer um einen Punkt hinten. Gleichzeitig führen wir ja in der Markenwertung, das zeigt, welche Fortschritte wir erreicht haben. Und ich glaube, an diesem Wochenende hier in England haben wir es geschafft, fast alles aus dem Wagen zu holen. Oder besser: aus beiden Wagen zu holen, was uns ja nicht immer gelungen ist. Genau darauf müssen wir nun aufbauen.

Aber in den letzten Rennen hat Mercedes den stärkeren Eindruck gemacht. Sieht das nicht wie eine Wende aus?

Sagen wir es so: Unser Auto ist nicht so einfach abzustimmen, da gab es Einiges, woran wir uns zuerst gewöhnen mussten. Es gab zahlreiche Situationen, in welchen wir zum Beispiel die Reifen nicht so gut zum Arbeiten gebracht haben wie Ferrari das schaffte. Wir haben sehr viel Schweiss in ein besseres Verständnis der Reifen gesteckt, und diese Arbeit beginnt sich auszuzahlen. Wir sind sehr stark im Qualifying, und heute hatten wir auch im Renntrimm die Oberhand. Zumal ich höre, dass Ferrari einen verbesserten Motor hatte, wir aber nicht.

Empfindest du diesen Sieg als Erleichterung?

Nein, das finde ich nicht. Klar ist es schön, dass ich nur noch um einen Punkt hinten liege. Wichtiger aber war mir, dieses Rennen zu gewinnen – ihr wisst, aus welchen Gründen. Und ein starkes Wochenende zu zeigen. Das Team ist von frischer Energie erfüllt, und dieses Gefühl wollen wir zum nächsten Rennen mitnehmen.

Die Reifenprobleme von Ferrari in diesem Rennen sind wohldokumentiert. Bei dir gab es wohl rechts vorne Blasenbildung im Reifen. Wie sehr warst du dir der Probleme von Ferrari bewusst und wie habt ihr darauf reagiert?

Ich sah die Blasenbildung nicht als grosses Problem, das hatte es schon in Österreich gegeben. Aber dann habe ich von den Schäden bei Ferrari gehört. Ich habe sofort Tempo rausgenommen. Ich würde sagen, ich gab nur noch zu sechzig Prozent Gas, meine Rundenzeiten stiegen um vier Sekunden. Ich wollte dieses Rennen nach Hause fahren, ich hatte ja einen Vorsprung von 19 Sekunden.

Was ist dir durch den Kopf gegangen, als klar war, dass Sebastian Vettel wegen des kaputten Reifens mehrere Ränge verliert? Spürt ein Pilot da Schadenfreude?

Ich sah auf einer Videowand, was mit Kimi war. Dann hörte ich am Funk, was Vettel passiert ist. Wo Sebastian das Rennen letztlich beendet hat, das hörte ich erst nach dem Fallen der Zielflagge. Ich wünsche niemandem Unglück, auch Sebastian nicht. So etwas macht mich nicht glücklich. Aber was heute passiert ist, das zeigt mir auch – über eine Saison gleicht sich das immer wieder aus. Ich hatte meine siebten und vierten Plätze, die perfekte Saison gibt es nicht. Für keinen von uns.

Wieso bist du in Silverstone so stark?

(Beginnt zu lachen.) Weil ich diese Rennstrecke besitze! (Gelächter im Rund.)

Dann kannst du ja die Zukunft des Rennens sicherstellen!

(Noch mehr Gelächter.) Natürlich bin ich parteiisch, aber die Kurvenkombination von Copse in Maggotts und Becketts ist nichts weniger als die tollste Kombination im ganzen Rennkalender. Ganz besonders mit dieser Rennwagengeneration. Ich liebe Strassenkurse, und jeder weiss, was mir Monaco bedeutet. Aber Silverstone ist einfach etwas Anderes. Diese Historie, der Charakter, die Kurven. Ich fahre hier seit, äh ...

2002. (Aus dem Hintergrund.)

Genau. Das ist übrigens mein Bruder Nicolas! Seit 2002 bin ich hier unterwegs und habe immer gute Rennen gefahren. Die Energie durch die Fans hier, das ist einfach erhebend. Von der ersten Runde an konnte ich sehen, wie die Fans in jeder Runde von den Sitzen aufspringen und jubeln. Kurve 3, Kurve 7, überall. Und das haben sie das ganze Rennen über gemacht! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr das einen antreibt. Das ist ein Gefühl, das ich auf keiner anderen Rennstrecke der Welt erhalte.

Was bedeuten die heutigen Erfolge für morgen? Es war davon die Rede, dass du trotz eines Vertrags einfach so gehen könntest.

Damit habe ich damals nur gemeint: Keiner weiss, was in sechs Monaten ist. Hoffentlich sitze ich dann in den Winterferien und freue mich über meinen vierten Titel! Wenn ich heute von der Rennstrecke zurückkomme, dann weiss ich – ich fahre auf der Höhe meines Könnens. Wenn du fest an dich glaubst, ein gewisses Ziel erreichen zu können, und du schaffst das dann tatsächlich, dann ist das ein unübertreffliches Gefühl. Ich weiss nicht, warum ich so gut Rennfahren kann. Aber ich fühle mich gesegnet, dass ich es kann. Am glücklichsten bin ich, wenn ich einen Rennwagen auf der Rasierklinge balanciere. Ich weiss nicht, was in sechs Monaten ist, aber im Moment liebe ich den Sport so innig wie immer. Selbst wenn ich einen weiteren Titel gewinnen darf, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass ich so bald den Helm an den Nagel hänge. Ich habe noch immer einen gewaltigen Erfolgshunger.

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