Red Bull Racing RB14: Rezept gegen Mercedes, Ferrari

Von Mathias Brunner
​Erstmals überhaupt hat Red Bull Racing einen Renner vor den grossen Rivalen von Ferrari und Mercedes-Benz auf der Bahn. Was sich sonst noch geändert hat beim Auto von Daniel Ricciardo und Max Verstappen.

Red Bull Racing rückt vom eigenen Konzept ab. Traditionell tüftelte Vordenker Adrian Newey bis fast zum letzten Augenblick. Nicht selten wurde der neue Rennwagen des Rennstalls aus Milton Keynes am Wintertest-Schauplatz erst zusammengebaut und eilig fotografiert. Um gleich danach auf die Testbahn zu gehen.

Nun geht RBR einen anderen Weg: Präsentation eine Woche vor dem Testbeginn (26. Februar auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya), dadurch die Möglichkeit, schon am 19. Februar das Roll-out zu fahren – Daniel Ricciardo rückte in Silverstone aus. Für den Rennstall bietet das die Chance, technischen Anfangsschwierigkeiten auf die Schliche zu kommen, bevor es in Spanien ernst wird. Zudem hat Red Bull Racing in schmerzlicher Erinnerung, welche Probleme es vor einem Jahr gab – da stimmten die Werte aus Flussdynamikberechnung, Windkanal und Rennstreckenversuch nicht überein. Es dauerte bis in den Frühling hinein, dass der RB13 endlich das Laufen lernte.

Seit die ersten Fotos kursieren, diskutieren die Fans leidenschaftlich über die Sonderlackierung. Einige GP-Freunde gehen so weit und würden sich freuen, wenn so auch in der kommenden Saison gefahren würde. Red Bull Racing hat aber klargemacht: Die «Special Edition» gibt es nur bei den ersten Bildern und beim Roll-out, schon beim Wintertestbeginn in Katalonien wird der Wagen anders ausschauen. Und das gilt für Lackierung und Technik.

Es fällt beim Roll-out-Modell auf, dass allein der Bereich um die Seitenkästen herum viel raffinierter gestaltet worden ist als beim Vorjahreswagen. Gemäss den Formel-1-Technikern bietet der Raum hinter den Vorderrädern und um den Eingang der Seitenkästen am meisten Entwicklungsspielraum.

Die Seitenkästen des neuen Red Bull Racing RB14 sind auffallend schmal. Überhaupt macht der ganze Wagen den Eindruck, als sei dem Thema Windschlüpfigkeit viel Zeit geschenkt worden. Möglicherweise haben Adrian Newey und seine Kollegen diesen Ansatz gewählt, weil sie wissen – Renault wird das Power-Manko gegen Ferrari und Mercedes-Benz über den Winter kaum aufgeholt haben.

Die Lufteinlässe der Seitenkästen sind extrem kompakt gehalten. Hier liegen die Aerodynamiker traditionell im Clinch mit den Motorentechnikern: Die Spezialisten rund um den 1,6-Liter-V6-Turbomotor wollen grosse Öffnungen, um die Antriebseinheit gut atmen zu lassen. Die Aerodynamik möchten so kleine Öffnungen als möglich, um den Wagen windschlüpfiger zu gestalten.

Bei der Gestaltung der Seitenkästen wurde auch in Betracht gezogen, dass der Kopfschutz Halo (Heiligenschein) ungewünscht weit oben Gewicht hinzugefügt hat. Extrem kleine Seitenkästen erlauben es auch, den Luftstrom am Fahrzeugboden zu beschleunigen, damit wirkt der Diffusor (das aufsteigende Ende des Bodens) nachhaltiger.

Die hohen Anlenkpunkte der Vorderradaufhängung sind ein Kniff, der von Mercedes und Toro Rosso übernommen worden ist. Auch hier profitierte die Aerodynamik.

Was bei der Seitenansicht auffällt: Noch immer ist der Red Bull Racing-Renner extrem angestellt, was die Briten in der Formel 1 hoffähig gemacht haben. Der direkte Vergleich zu Ferrari und Mercedes fehlt hier, aber es ist denkbar, dass RBR den Radstand verlängert hat.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat den 2017er Silberpfeil als Diva bezeichnet und sagte über die Saison 2018: «Wir würden die guten Seiten der Diva gerne behalten und ihre Launen loswerden. Aber viele Teams haben Mühe damit zu verstehen, warum ein Auto an bestimmten Tagen funktioniert und an anderen Tagen nicht. Wir selber arbeiten hart daran, das besser zu verstehen.»

Auf die Frage, ob die Probleme mit der idealen Verwendung der Reifen etwas mit dem Radstand zu tun hätten, meinte Toto Wolff: «Nein, wir sind davon überzeugt, dass die Schwierigkeiten, die wir ab und an haben, nichts mit unserem längeren Radstand zu tun haben. Auch Ferrari und Red Bull Racing haben bessere und weniger gute Tage.»

Doch der frühere Formel-1-Fahrer Marc Surer stellte fest: «Mercedes hat das längste Auto im Feld und einen deutlich längeren Radstand als Ferrari und Red Bull Racing. Dieser längere Radstand macht den Silberpfeil ein bisschen unhandlich in 90-Grad-Kurven, die es zum Beispiel in Singapur zuhauf gibt.»

Toto Wolff gab im letzten Saisondrittel zu wissen: «Wir glauben fest an unser Konzept. In den letzten Jahren gab es diesen Unterschied beim Radstand nicht, und doch haben wir uns besonders schwer getan in Singapur. Wir müssen einfach besser verstehen, wieso wir hier unter Wert geschlagen werden. Dafür sind die den Gegnern in Monza und Silverstone um die Ohren gepfiffen. Es geht jeweils um den besten Kompromiss.»

Dennoch sickert aus England durch: Mercedes werde 2018 das Modell W09 mit kürzeren Radstand auf die Bahn schicken, die Rede ist von stattlichen zehn Zentimetern.

Ferrari sucht sein Heil interessanterweise im umgekehrten Weg: Am 22. Februar wird der neue Wagen im Internet präsentiert, um sechs Zentimeter soll der Radstand des neuen Ferrari wachsen, das würde bedeuten, dass die grossen Rivalen der vergangenen Saison mit fast identischem Radstand antreten: Mercedes mit 3,66 Metern, Ferrari mit 3,654 Metern.

Der Frontflügel des RB14 wird auf den ersten Bildern dem 2017 verwendeten Modell sehr ähnlich. Schon bei den Barcelona-Tests werden wir hier andere Lösungen entdecken.

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