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James Allison (Mercedes): Barcelona ist Fragezeichen

Von Mathias Brunner
​Technikchef James Allison (50) spricht über die Arbeit bei Weltmeister Mercedes-Benz in den vergangenen Monaten. Und er stellt über die kommenden Testfahrten von Barcelona ein fettes Fragezeichen.

Die Arbeit eines Formel-1-Rennstalls ist wesentlich komplexer als die meisten Rennfans vermuten würde. Mercedes-Technikchef James Allison erklärt: «Formel 1-Teams verfolgen stets zwei Dinge gleichzeitig. Einerseits kämpfen sie mit einem Auto um die Weltmeisterschaft, das vor über einem Jahr konzipiert wurde. Andererseits sind sie parallel zu den Renneinsätzen bereits damit beschäftigt, das nächstjährige Auto zu entwerfen. Die ersten Zeichnungen für das neue Auto wurden also bereits im Januar 2017 angefertigt.»

«Im vergangenen Jahr befanden wir uns in einem heissen Titelkampf mit Ferrari, und für einen Grossteil der Saison sah es danach aus, als würde dieser bis zum letzten Rennen andauern. Das beanspruchte natürlich einen erheblichen Teil unserer Ressourcen. Deshalb mussten wir den Balanceakt wagen, die letztjährige Weltmeisterschaft zu gewinnen und gleichzeitig probieren, nicht ein Loch mit einem anderen zu stopfen. Wir haben aus diesem Grund versucht, dass alle Änderungen am letztjährigen Auto nicht nur unsere Titelchancen 2017 verbessern, sondern auch die Performance für das neue Auto voranbringen.»

«Eine weitere Herausforderung lastete auf den Schultern unserer Teamkollegen in Brixworth. Die Umstellung von vier auf nur noch drei Antriebseinheiten pro Fahrer und Saison verlangte nach einer stark gesteigerten Lebensdauer, wobei es entscheidend war, keine Leistung für die erhöhte Langlebigkeit zu opfern. Auch der Halo brachte viel Arbeit mit sich, die aber im Vergleich zu diesen grossen Anstrengungen eher gering ausfiel.»

Der 50jährige James Allison ist mit der Arbeit zufrieden: «Das Design ist generell viel eleganter als im letzten Jahr. Im vergangenen Jahr waren die Regeln brandneu, und wir waren uns nicht ganz sicher, in welche Richtung sie uns führen würden. Deshalb besass das letztjährige Auto etwas Spielraum, um gegebenenfalls Dinge anpassen zu können, sollten wir zu dem Schluss kommen, dass wir bestimmte Aspekte des Autos ändern mussten. In diesem Jahr waren wir etwas zuversichtlicher und konnten uns dadurch bestimmten Konzepten besser verschreiben. Die Bauform ist kompakter und wir schlugen extremere Wege ein. Das ist der Hauptgrund für die neue Eleganz. Es ist schon witzig: Der Wagen, den du vor einem Jahr geliebt und in den du dein ganzes Herzblut gesteckt hast, sieht ein Jahr später auf einen Schlag veraltet aus, wenn man ihn mit dem neuen Auto vergleicht. So ergeht es jedem Rennauto, das jemals gebaut wurde. Nichts ist so alt wie ein Rennwagen von gestern.»

Teamchef Toto Wolff hat das Vorjahresauto wegen seiner gelegentlichen Unberechenbarkeit als Diva bezeichnet. Wie viel Diva steckt im neuen Auto?
James Allison: «Es wird noch immer ein wenig von der Diva in unserem neuen Auto stecken. Denn bislang hat noch niemand je ein Auto gebaut, das keine Marotten hatte. Der Umgang mit unserem letztjährigen Auto war nie einfach, selbst auf Strecken, auf denen wir stark waren. Wir hoffen, dass wir einige Eingriffe vorgenommen haben, damit wir Ingenieure und die Fahrer das Auto besser verstehen und leichter erkennen, was wir tun müssen, um es abzustimmen. Im vergangenen Jahr mussten wir einige Dinge tun, die nicht logisch waren. Deshalb haben wir in diesem Jahr versucht, ein Auto zu bauen, das sich etwas normaler verhält.»

Allison vertieft: «Wir haben die Aufhängungsgeometrie geändert, aber das ist kein Stein der Weisen, um die Reifen besser zum Arbeiten zu bringen. Die meisten Änderungen an den Aufhängungen haben aerodynamische Ziele, sekundär dann das Ziel, den Reifen optimal wirken zu lassen.»

«Wir haben uns vor allem ganz genau jene Rennen angeschaut, in welchen wir uns schwertaten. Es gab Grands Prix, da sind wir vorne weggefahren, beim darauffolgenden Lauf hatten wir unsere liebe Mühe. Und dies mit den gleichen Reifen, mit dem gleichen Motor, mit der gleichen Aerodynamik, mit den gleichen Piloten. Also musste der Grund für die Schwierigkeiten ein anderer sein. Anhand vieler Simulationen und Berechnungen kamen wir dem Rätsel auf die Spur. Diese Arbeit begann schon vor Monaco 2017 und führte sich die ganze Saison über weiter. Das Problem kennen auch andere Teams. Kein Auto war auf jeder Rennstrecke gleich stark.»

«Die Erkenntnisse aus dem frühen Teil der Saison waren verführerisch, aber falsch. Signale, die wir vom Wagen erhielten, deuteten auf einen gewissen Lösungsweg hin, aber der erwies sich als Sackgasse. Wir mussten komplett umdenken. Erst dann haben wir Fortschritte gemacht.»

«Wir haben uns sehr früh für einen langen Radstand entschieden und fanden, wir sollten dieses Konzept weiterverfolgen. Nachdem dies feststand, war die Arbeit verhältnismässig geradlinig. Wir sind davon überzeugt, also wollten wir diesen Weg weiterverfolgen.»

«Wir versuchen gleichzeitig immer, das Aufhängungs- und Aerodynamikpaket so zu optimieren, dass es miteinander harmoniert. Wir wollen ein Auto bauen, das in dem breiten Spektrum an unterschiedlichen Geschwindigkeiten und verschiedenartigen Kurven, die es im Verlauf der Saison meistern muss, gutes Handling aufweist. Das Auto von Vorder- zur Hinterachse steiler anzustellen, war das Ergebnis des Bestrebens, die Aerodynamik besser wirken zu lassen und auch das Potenzial der Reifen besser zu nutzen. Unser Auto steht steiler, aber wir sind weit von den Werten beispielsweise von Red Bull Racing entfernt.»

Auf einen Aspekt ist Allison besonders stolz: «Wir sind ziemlich stolz darauf, welch kompaktes Heck wir hinbekommen haben. Wir konnten auch den Schwerpunkt senken, der bei allen Autos wegen des zusätzlichen Kopfschutzes Halo erhöht wird. Die Motorenabteilung von Andy Cowell hat wirklich alles ergeben, um unseren Vorgaben in Sachen Aerodynamik zu helfen. Wir sind mit dem Ergebnis recht zufrieden.»

Und dann hat James Allison schon die Tests in Barcelona im Kopf. Der Engländer setzt ein fettes Fragezeichen über die Rundenzeiten, die uns dort erwarten. «Es ist nie einfach, in Barcelona die Hausaufgaben in Sachen Reifen zu machen. Erstens ist es verhältnismässig kühl. Zweitens ist die Bahn frisch asphaltiert worden, das verfälscht die Vergleichswerte aus den vergangenen Jahren. Aber die Aufgabe mit den Reifen ist für alle Rennställe gleich.»

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