Piero Ferrari: «Michael Schumacher war gar nicht so»

Von Mathias Brunner
Piero Ferrari: «Mein Vater hat noch ganz anders Druck gemacht als Marchionne»

Piero Ferrari: «Mein Vater hat noch ganz anders Druck gemacht als Marchionne»

Piero Ferrari (72), Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari, über die Formel-1-WM 2018, die heutigen Stars Sebastian Vettel, Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton sowie über Michael Schumacher.

Neue Saison, neue Hoffnungen der Tifosi: Holt Ferrari endlich den ersten Formel-1-Fahrertitel seit Kimi Räikkönen 2007? Erobert Ferrari endlich den ersten Konstrukteurs-Pokal seit 2008? Sebastian Vettel ist davon überzeugt: «Ferrari besitzt alle Ressourcen, um wieder Weltmeister werden zu können.»

Piero Ferrari, dem legendären Firmengründer Enzo Ferrari aus dem Gesicht geschnitten, ist davon überzeugt, dass 2018 endlich zum Jahr des Erfolgs werden kann. «Ich erwarte ein siegreiches Ferrari», sagt der 72-Jährige meinem Kollegen Pino Allievi von der Gazzetta dello Sport. «Unsere Techniker beteuern, dass wir ein gutes Auto haben, dass wir Fortschritte gemacht haben. Also erwarte ich Ergebnisse, auch wenn mir klar ist, dass Mercedes sicher nicht auf uns wartet.»

Mit der neuen Regel, wonach pro Fahrer und Saison nur noch drei Motoren eingesetzt werden dürfen, kann Piero Ferrari gut leben. «Das bedeutet, dass wir gezwungen sind, standfestere Triebwerke zu bauen. Allerdings bedeutet die neue Regel nicht, dass wir die Kosten in den Griff bekommen, denn um mehr Zuverlässigkeit zu erreichen, sind viel mehr Forschung und Tests notwendig geworden.»

Was Piero Ferrari nicht will: «Mir widerstrebt der Gedanke einer Vereinfachung der Motoren nach amerikanischem Modell. Wir haben doch für die Formel 1 grandiose Hybridmotoren gebaut, und das ist die direkte Zukunft auch für Serienaggregate. Für rein elektrische Lösungen brauchen wir mehr Zeit.»

Gab es einen Piloten, der in Sachen Motoren besonders feinfühlig gewesen ist? Piero Ferrari weiter: «Wer solche Antennen besass, der spürte sowohl Chassis wie Motor intensiv. Niki Lauda war ein solcher Fahrer. Besonders sensibel war auch Clay Regazzoni. Er hat uns den leistesten Muckser des Autos mitgeteilt in Zeiten, als es noch keine aufwändige Datenaufzeichnung gab.»

«Heute ist die Rolle des Piloten aufgrund des beschränkten Testprogramms eingegrenzt. Aber das letzte Urteil über ein Auto muss noch immer vom Piloten kommen. Aus den ganzen Simulationen und Daten muss das Richtige herausgelesen werden. Sebastian Vettel hat da besonders feinfühlige Antennen. Alonso konnte das auch. Schumacher war unfassbar präzise. Er hat die ganzen Daten jeweils mit nach Hause genommen, um sie dort in Ruhe zu analysieren.»

«Schumacher war auch ein emotioneller Fahrer, so wie es Vettel heute ebenfalls ist. Da gehen dem Piloten auch mal die Pferde durch. Das passiert, wenn du unter dem ständigen, Druck bist, Rennen zu gewinnen oder zu verlieren. Die Chance auf einen Sieg ändert vieles, da werden Schwächen komprimiert.»

Wie ist es mit dem anderen gegenwärtigen Ferrari-Star, mit Kimi Räikkönen? Piero Ferrari findet: «Mit einem guten Auto findet er das Limit leicht, und es ist ein Genuss, ihm beim Fahren zuzuschauen. Aber wenn er das Rennauto nicht richtig spürt, dann fällt es ihm schwer, mit den Problemen umzugehen.»

Immer wieder wird Lewis Hamilton mit Ferrari in Verbindung gebracht. Piero Ferrari verrät: «Er hat bei uns verschiedene Fahrzeuge gekauft, die genaue Zahl kenne ich jetzt nicht, aber es waren gewiss drei. Er kommt in die Fabrik, holt sein Auto ab und geht wieder. Was er anderen Piloten voraus hat? Den Instinkt. Klar brauchst du das richtige Team und ein gutes Auto, um Weltmeister zu werden. Aber ein wahrer Champion bringt seine eigenen Qualitäten ein. Und Lewis hat offensichtlich jede Menge davon. Von aussen wirkt Hamilton extravagant, aber in Wahrheit ist er gar nicht so. Bei Michael Schumacher war das ähnlich. Er wirkte immer so verschlossen. Aber er war gar nicht so. Beim Abendessen in privater Runde war er überaus sympathisch.»

Ferrari-Präsident Sergio Marchionne ist dafür bekannt, ordentlich Druck auf den Kessel zu machen. Aber Piero Ferrari schmunzelt: «Mein Vater hat noch ganz anders Druck gemacht als Marchionne. Er war ständig im Werk, Tag und Nacht. Sergio ist zwischendurch auf Reisen.»

Wie sieht Piero Ferrari den Saisonauftakt in Australien? «Das erste Rennen ist vielleicht nicht immer aussagekräftig. Aber es ist wie am ersten Schultag – die anderen Schüler merken sofort, wer in den Ferien mehr und besser gelernt hat.»

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