Felipe Massa: «Fernando Alonso hat ein Problem»

Von Mathias Brunner
Fernando Alonso und Felipe Massa zu ihrer gemeinsamen Zeit als Ferrari-Fahrer

Fernando Alonso und Felipe Massa zu ihrer gemeinsamen Zeit als Ferrari-Fahrer

​Der Brasilianer Felipe Massa ist bei Ferrari an der Seite von zwei der grössten Formel-1-Piloten gefahren – Michael Schumacher und Fernando Alonso. Massa zieht Parallelen und sagt, was die Stars unterscheidet.

2006 fuhr der Brasilianer Felipe Massa an der Seite des grossen Michael Schumacher für Ferrari, von 2010 bis 2013 war nach Kimi Räikkönen dann Fernando Alonso der Ferrari-Stallgefährte des knuffigen Südamerikaners. In der brasilianischen Talk-Show «Conversa com Bial» (Im Gespräch mit Pedro Bial) hat der 37jährige Massa zu verschiedenen Formel-1-Themen Rede und Antwort gestanden; unter Anderem sprach der WM-Zweite von 2008 auf dem Kanal TV Globo auch über das Verhältnis zu den beiden Superstars Schumacher und Alonso.

Der 269fache GP-Teilnehmer Massa findet: «Was das pure Talent angeht, so würde ich Michael und Fernando auf die gleiche Stufe stellen. Alonso hat diese Gabe, diese Leichtigkeit, ein Rennen zu verstehen und unfassbar schnell zu fahren. Ein hochintelligenter Fahrer mit umfassendem Können, und das alles würde ich auch über Michael sagen.»

«Ich muss zugeben – es war nicht leicht, an ihrer Seite zu leben. Mit Michael hatte ich ein enges Verhältnis. Ich war jung und lernbegierig, alles Wissen von einem siebenfachen Champion aufzusaugen, und Schumacher hat mich sehr gut behandelt.»

«Mit Fernando musste ich ganz anders ringen. Ausserhalb des Rennautos hatte ich mit Alonso null Probleme, wir haben stets ein gesundes Arbeitsverhältnis bewahrt.»

Aber der elffache GP-Sieger Massa sagt auch: «Mit Fernando ist das so eine Sache. Wenn er das Visier herunterklappt, dann wird er zu einer anderen Persönlichkeit. Er kann ein Team spalten. Wir haben das bei vielen Rennställen gesehen, für die er gefahren ist. Ich sehe das als sein Problem. Vielleicht hätte er ohne diesen Charakterzug aus seinem Talent mehr machen können.»

Der langjährige Formel-1-Techniker Pat Symonds (65), heute in Diensten der Formel 1, hat mir einmal über die beiden Ausnahmekönner Schumacher und Alonso gesagt: «Beide hatten eine vorbildliche Arbeitsethik, einen ausgeprägten Sinn für Details, ein überaus grosses Selbstbewusstsein. Beide arbeiteten mit ihren Technikern unheimlich eng zusammen. Aber für mich sticht das Selbstwertgefühl heraus. Sie wussten genau, dass sie Siegertypen sind, es wäre ihnen überhaupt nicht in den Sinn gekommen, eine Niederlage in Betracht zu ziehen. Diesen tiefen Glauben an die eigenen Fähigkeiten, das ist für mich ein Zeichen aller grossen Fahrer.»

«Michael konnte unglaublich gut mit Menschen umgehen. Er ist einer der nettesten Kerle, die ich je in diesem Sport getroffen habe. Ich halte die grössten Stücke auf ihn. Seine Mitarbeiter waren ihm wirklich wichtig, er kannte jeden von ihnen. Wenn er in meiner Nachbarschaft leben würde, dann wäre das mein besten Freund.»

«Fernando waren die Menschen nicht ganz so wichtig, er kannte auch nicht alle. Er stand einigen nahe, aber nicht so wie Michael. Schumacher wusste, dass er das ganze Team hinter sich hat. Alonso schätzte ab – wenn ihm jemand zu helfen wusste, dann war er nett ihm ihm. Wenn er nicht helfen konnte, dann war es ihm einerlei.»

«Ich habe nur zwei Fahrer erlebt, die ein Team wie ein Mann hinter sich scharen konnten: Michael Schumacher und Mark Webber. Sie hatten einfach diese ganz besondere Persönlichkeit, sie wurden von allen gemocht, also zerrissen sich die Mitarbeiter förmlich, um ihnen zu helfen. Fernando war ein guter Leader, weil ihn alle respektierten, aber so begeisternd wie Michael war er nie.»

«Als Racer waren sie sich ziemlich ähnlich. Beide waren in der Lage, immer etwas Besonderes, immer dieses kleine Extra-Mehr aus sich herauszuholen, wenn es um die Wurst ging. Wir waren in der Ära der Sprintrennen zwischen den Tankstopps, und wenn Ross Brawn auf den Funk ging und Michael sagte, was er von ihm brauchte, dann wussten wir, dass Michael Runde um Runde um Runde genau dies tun würde. Fernando kann das ebenfalls.»

«Beide sind auch überragend darin, ein Rennen sozusagen zu lesen. Sie können sich vom reinen Fahrern mental abkoppeln und haben Reserven, um über den Rennverlauf nachzudenken. Ich kann mich an ein Rennen in Kanada erinnern, als Fernando fast eine ganze Runde lang über Funk am Reden war – und das war seine schnellste Rennrunde! Also, wenn ich im Auto bin und einen Anruf erhalte, dann fahre ich als Erstes gewiss langsamer. Ihn schien das nicht weiter zu stören. Dieses Plus an geistiger Kapazität hebt sie von den Gegnern ab. Sie erinnerten sich auch an alles.»

Ich fragte daraufhin den Briten, ob wir hier vom Phänomen eines photographischen Gedächtnisses sprechen. Pat Symonds: «Nein, das meine ich nicht. Ein Mensch mit photographischem Gedächtnis kann alles abrufen, was er aufgenommen hat, aber das bedeutet noch nicht, dass er aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zieht. Sowohl Fernando als auch Michael hatten sehr viele Daten zur Verfügung, sie wussten mit diesen Informationen umzugehen, zu sortieren, das ist wichtig, das ist nicht so relevant, und dann zogen sich die korrekten Schlüsse daraus, in welche Richtung zu gehen ist. Das Analysieren ist das Wichtige, nicht das Erinnern.»

«Ein Mensch mit photographischem Gedächtnis wird später wissen, dass dieser Tisch hier weiss ist und wie die Blumen aussahen, die darauf standen. Fernando und Michael würden dir erklären, warum der Tisch weiss ist und aus welchen Gründen diese Blumen ausgesucht worden waren.»

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