Esteban Ocon 3. Mercedes-Pilot: Achtung, Sackgasse!

Von Mathias Brunner
Esteban Ocon bei den Saisonabschluss-Tests von Abu Dhabi

Esteban Ocon bei den Saisonabschluss-Tests von Abu Dhabi

​Esteban Ocon steht 2019 ohne GP-Auto da. Er ist dritter Mann bei Mercedes-Benz und wird alle Hilfe der Deutschen brauchen – die Rolle des Reservisten ist für viele Fahrer zur Karriere-Sackgasse geworden.

«They never come back», das war einst ein geflügeltes Wort im Boxsport. Wer als Schwergewichtler seinen WM-Titel verlor, der kam nicht mehr zurück. Das galt immerhin von 75 Jahre lang, bis 1960, dann gelang dem US-Amerikaner Floyd Patterson das Comeback. Ähnlich verhält es sich bei vielen Grand-Prix-Fahrern. Wer einmal ein Renncockpit verliert, der tut sich überaus schwer, in die Formel 1 zurückzukehren.

Keiner zweifelt am Talent von Esteban Ocon, und ginge es lediglich nach Begabung, müsste der 22jährige Franzose in der kommenden Saison natürlich am Start stehen. Aber er fiel vom Transferkarussell, zu seinem Glück stellt ihn Mercedes-Benz auf die Beine. Teamchef Toto Wolff hat versprochen, dass er Ocon 2020 in den GP-Sport zurückbringt. Ocon wird jede Hilfe brauchen, denn die letzten Jahre haben gezeigt, welch hartes Brot der dritte Mann jeweils isst. Die Rollen von Testpiloten, Entwicklungsfahrern, Nachwuchsleuten, sie führen selten zur Beförderung.

2015 beispielsweise nannten die damals elf Teams insgesamt 29 Fahrer für diese Jobs. Nur jeder Sechste davon stand 2016 als Stammfahrer am Start: Jolyon Palmer, Pascal Wehrlein, Esteban Ocon, Rio Haryanto und Esteban Gutiérrez. Nur zwei von diesen fünf für jenes Team, das sie 2015 als Reservisten genannt hatten: Palmer und Haryanto. Erschreckend: Kein einziger von diesen fünf Fahrern ist 2019 im Startfeld!

Nicht viel besser sah es von 2016 auf 2017 aus. Dieses Mal arbeiteten die elf Rennställe mit 20 Fahrern, ein Cockpit für 2017 zu Einsätzen in der ganzen Saison erhielt nur einer – Lance Stroll bei Williams. Paul Di Resta sprang für Felipe Massa ein, als der Brasilianer in Ungarn unpässlich war. Pierre Gasly wurde zu Toro Rosso geholt, als sich die Scheidung von Kvyat ankündigte.

Von den Reservisten 2017 gelang nur Charles Leclerc und Sergey Sirotkin der Schritt zum Stammfahrer 2018. Der junge Monegasse Leclerc zeigte eine gute erste Saison und sitzt deshalb 2019 im zweiten Ferrari neben Sebastian Vettel. Sirotkin arbeitete 2017 als dritter Mann bei Renault und erhielt bei Williams den zweiten Platz neben Lance Stroll. Aber nach einem Jahr war Feierabend, der Moskauer wurde ausgemustert.

Wie sieht es von 2018 zu 2019 aus? Daniil Kvyat schaffte den Sprung vom Ferrari-Simulator-Experten zum Comeback mit Toro Rosso. Der dritte Ferrari-Fahrer Antonio Giovinazzi ist von den Italienern bei Sauber untergebracht worden. Lando Norris rückt bei McLaren vom dritten Fahrer zum Stammpiloten auf. Robert Kubica gelang das Gleiche bei Williams.

Testpilot Nicholas Latifi kam bei Force India nicht weiter, weil der Rennstall von Lawrence Stroll und Geschäftskollegen geschluckt wurde, klar sitzt sein Sprössling Lance Stroll im Auto. Latifi hat als dritter Mann bei Williams angedockt. Pascal Wehrlein hat sich von Mercedes getrennt, aus einem Stammplatz in der Formel 1 wurde trotzdem nichts, sein Kumpel Sebastian Vettel versucht, ihn bei Ferrari unterzubringen. Der Indonesier Sean Gelael steht bei Toro Rosso in Lauerstellung. Drei 15. Schlussränge in Folge in der GP2/Formel 1 drängen nicht den Verdacht auf, hier könnte es sich um den nächsten Vettel handeln.

Für alle anderen heisst es: Entweder weiter hoffen oder sich neu orientieren. Denn nur wenige Fahrer werden von den Grand-Prix-Rennställen anhaltend beschäftigt. Eine Ausnahme der Regel: Der Westschweizer Sébastien Buemi, der seit Jahren von Red Bull als Test- und Simulationsfahrer geschätzt wird.

Aber sonst? Adderly Fong war bei Lotus und Sauber nur ein Geldesel, Carmen Jorda als Entwicklungspilotin von Lotus ein peinlicher Witz. Ihr früherer Stallgefährte Rob Cregan spottete damals via Twitter: «Carmen Jorda könnte keine Rolle Film, geschweige denn ein Formel-1-Auto entwickeln.»

Der junge Mexikaner Alfonso Celis fuhr jahrelang nur der Kohle wegen einen Force India. Raffaele Marciello wurde von Ferrari als Junior aussortiert, damit hatten sich auch die Einsätze bei Sauber erledigt. Esteban Gutiérrez konnte bei Haas so wenig überzeugen wie zuvor bei Sauber, da nützte auch das Zwischenspiel als Ferrari-Testpilot nichts. Heute arbeitet er teilzeit für Mercedes und träumt von einer dritten GP-Chance. Für Jean-Éric Vergne wurde das Ferrari-Engagement zur Sackgasse – der Franzose haute wie so viele gescheiterte GP-Fahrer vor ihm ab in die Formel E.

Alex Lynn kam bei Williams nicht weiter, Susie Wolff auch nicht, und auch nicht Paul Di Resta. Lance Stroll hatte mehr Geld zu bieten und mehr Erfolge obendrein.

Fazit: An Piloten mangelt es nicht, wenn ein GP-Team einen Ersatzfahrer bräuchte. Und wir finden unter den Reservisten überaus talentierte Piloten. Aber Talent alleine reicht in der Königsklasse nur selten.

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