Dieter Zetsche (Mercedes) wünscht den Exit vom Brexit

Von Mathias Brunner
Dieter Zetsche, Daimler-Vorstands-Chef, in Hockenheim 2018

Dieter Zetsche, Daimler-Vorstands-Chef, in Hockenheim 2018

​Chaos in Grossbritannien. Niemand weiss, wie es mit dem Brexit weitergeht, dem Austritt Grossbritanniens aus der EU. Politiker und Wirtschaftsführer wie Dieter Zetsche (Mercedes) appellieren an die Briten.

Grossbritannien befindet sich in einer Sackgasse. Am 23. Juni 2016 stimmten 51,89 Prozent der britischen Wähler für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, längst war das Wort Brexit geboren («British Exit», der britische Ausgang). Am 29. März 2019 23.00 Uhr britischer Zeit wird der Austritt rechtskräftig. Das von Premierministering Theresa May ausgearbeitete Austrittsabkommen ist am 15. Januar vom Parlament schwungvoll verworfen worden. Damit droht ein unkontrollierter oder harter Brexit, ein Austritt ohne Rahmenabkommen. Keiner weiss, wies es weitergehen soll.

Am 22. Januar spricht die Labour-Partei erstmals davon, im Parlement ein zweites Referendum vorzuschlagen, dass also die Briten noch einmal abstimmen könnten. May lehnt das kategorisch ab. Stattdessen will sie mit Brüssel nachverhandeln, um das Parlament zu überzeugen. Aussichten: trübe. Denn das wollen britische Hardliner ebenso wenig wie die EU-Vertreter.

Inzwischen haben sich deutsche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit einem offenen Brief an die Briten gewandt, darunter auch Dieter Zetsche, der 65jährige Vorstandsvorsitzende von Daimler. Dieser Brief ist in der Londoner «Times» veröffentlicht worden. Die Deutschen rufen darin die Briten auf, in der EU zu bleiben.

«Die Briten sollen wissen, dass keine Entscheidung unumkehrbar ist. Unsere Tür steht immer offen. Grossbritannien hat Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder als souveräne Nation und europäische Macht aufgenommen. Das haben wir als Deutsche nicht vergessen, und wir sind dankbar dafür.»

Der Brexit stellt auch die Formel-1-Rennställe vor sehr viele Fragen. Zetsche denkt an seinen Rennstall, mit dem Rennwagenwerk in Brackley und dem Motorenwerk in Brixworth. Ein Rennstall wie von Mercedes beschäftigt Hunderte ausländischer Fachkräfte.

Sieben von zehn Rennställen haben ihren Sitz in Grossbritannien (nur Ferrari, Toro Rosso und Sauber nicht). Mercedes-Teamchef Toto Wolff im Rahmen des WM-Finales von Abu Dhabi: «Wir beobachten die Situation genau. Ein harter Brexit wäre fürchterlich, für alle. Unsere ganze Motorsportabteilung, das sind ungefähr 1800 Leute, darunter viele EU-Bürger, arbeiten in den Werken von Brackley und Brixworth.» Verliert ein Team wie Mercedes auf einmal hochspezialisierte Fachkräfte wie aus Deutschland oder Italien? Wolff kann sich das nicht vorstellen: «Die Freizügigkeit der Belegschaft aus der EU sollte bestehen bleiben. Kurzfristig mache ich mir da keine Sorgen.»

Dafür bauen sich andere Hürden auf, wie etwa logistische Schwierigkeiten aufgrund neuer Zollbestimmungen.

Im Brief aus Deutschland heisst es weiter: «Die Freiheit, die wir heute als Europäer geniessen, ist zu einem erheblichen Teil von den Briten aufgebaut und verteidigt worden. Ihr seid ein Teil dessen geworden, was wir als Europäer verstehen. Wir würden Euch vermissen. Wir würden den legendären schwarzen Humor vermissen und den Gang ins Pub zu Feierabend, auf ein Bierchen. Wir würden Tee mit Milch vermissen und das Fahren auf der linken Seite. Wir erachten die Menschen auf der anderen Seite des Kanals als unsere Freunde. In stürmischen Zeiten würde ein wichtiger Teil der Europäischen Union wegfallen. Ihr solltet daher wissen: Wir wollen aus tiefstem Herzen, dass Ihr bleibt!»

Der Brief wurde unterzeichnet von: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU-Vorsitzende), Andrea Nahles (SPD-Vorsitzende), Annalena Baerbock (Grünen-Vorsitzende), Norbert Röttgen (Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses), Franziska Brantner (Grünen-Abgeordnete), Achim Post (SPD-Generalsekretär), Reiner Hoffmann (DBG-Präsident), Ingo Kramer (BDA-Präsident), Eric Schweitzer (DIHK-Präsident), Hans Peter Wollseifer (Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks), Dieter Zetsche (Daimler-Vorstandschef), Tom Enders (Airbus-Vorstandschef), Frank Bsirske (Verdi-Chef), Dieter Schwarz (Lidl-Gründer), Heinrich Bedford-Strohm (Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland), Hans-Henning Horstmann (Vorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft), Margret Wintermantel (Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes), Hans-Christian Pape (Präsident der Humboldt-Stiftung), Klaus-Dieter Lehmann (Präsident des Goethe-Instituts), Norbert Lammert (Vorsitzender der Adenauer-Stiftung), Kurt Beck (Vorsitzender der Ebert-Stiftung), Ellen Ueberschär (Vorsitzende der Böll-Stiftung), Cem Özdemir (Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur), Karl-Heinz Paqué (Vorsitzender der Naumann-Stiftung), Aart de Geus (Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung), Jens Lehmann (ehemaliger Nationaltorhüter), Campino (Sänger), Igor Levit (Pianist), Carolin Emcke (Autorin) sowie Florian Hoffmann (Gründer der Do School).

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