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Erste Bilder: Der Ferrari SF90 von Sebastian Vettel

Von Mathias Brunner
​Der neue Ferrari SF90 von Sebastian Vettel und Charles Leclerc ist da: Mit diesem Auto soll endlich der erste Fahrer-WM-Titel seit Kimi Räikkönen 2007 erobert werden. Die Italiener geben sich angriffslustig.

Wenn ein Formel-1-Ferrari präsentiert wird, dann geht das über die simple Enthüllung eines Grand-Prix-Rennwagens weit hinaus. Das Tuch wird von einem Hoffnungsträger gezogen, von einem Fahrzeug, das die Erwartungen einer ganzen Nation verkörpert. GP-Veteran Ricciardo Patrese hat mir einmal gesagt: «Die Tifosi interessieren sich nur für Ferrari. Wenn ein Italiener in einem endlischen Auto gewinnt, lässt sie das kalt.» Kein Rennstall hat mehr Fans auf der ganzen Welt, kein Rennstall hat leidenschaftlichere Anhänger. Piero Ferrari, Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari, zu meinem Kollegen Pino Allievi von der Gazzetta dello Sport: «Für meinen Vater war es eine Frage der Liebe und des Stolzes, ein neues Auto zu zeigen. Er hat sich damals um alles gekümmert, um den Ort, um die Gästeliste, selbst darum, was es zum Mittagessen gibt. Wenn der Rummel vorbei war, hat er sich zurückgezogen, um in Ruhe zu verfolgen, was das neue Auto auf der Testbahn macht. Dann hat er Techniker und Fahrer zur Seite genommen, um ihre Eindrücke zu erfahren.»

Diese Intimität ist vorbei: Heute wird ein neuer Ferrari einem Millionenpublikum im Internet gezeigt, mit ständig zusammenbrechenden Leitungen, weil die Rechner in Italien überfordert sind; gezeigt wird in Bewegtbildern und auf den offiziellen Fotos nur, was die Gegner sehen dürfen, die wahren Leckerbissen bleiben verborgen, bis Sebastian Vettel und Charles Leclerc auf die Bahn gehen.

2017 und 2018 ist Sebastian Vettel am Titel vorbeigeschrammt. 2018 hatte Ferrari phasenweise das bessere Auto als Dauer-Weltmeister Mercedes-Benz, aber die Italiener haben aus ihren Möglichkeiten zu wenig gemacht. Sebastian Vettel patzte, am Kommandostand wurden die falschen Entscheidungen getroffen, im Sommer knickte Ferrari im Entwicklungswettlauf gegen Mercedes ein. Damit war die WM-Chance dahin.

Ferrari-CEO Louis Camilleri sagt: «Dieses Auto verkörpert den jüngsten Stand der Technik, es ist die Arbeit aller Mitarbeiter, sie haben ihr Herzblut und ihr Know-how in dieses Auto gesteckt. Wir feiern 90 Jahre Scuderia Ferrari, wir folgen der Vision von Enzo Ferrari. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die wir tragen. Wir wissen, was die Tifosi von uns erwarten. Wir haben 2018 die beste Saison seit langem gezeigt, aber unser grosses Ziel verpasst. Das wollen wir 2019 besser machen.»

«Wir vertrauen nun voll auf Mattia Binotto. Er kennt dieses Team durch und durch, er ist ein Mannschaftsspieler, entschlossen und talentiert. Ich weiss, dass er als Teamchef die Scuderia zu tollen Erfolgen führen kann. Wir vertrauen auch auf zwei fabelhafte Piloten. Sebastian Vettel ist vom Gedanken beseelt, mit Ferrari ein weiteres Mal Weltmeister zu werden. Neben ihm ist Charles Leclerc. Wir sind sehr froh, ihn an Bord zu haben. Sein Talent ist offensichtlich, vor ihm steht eine grandiose Zukunft.»

Mattia Binotto sagt: «Ich bin sehr stolz auf die Arbeit, die wir alle hier geleistet haben. Wir haben nicht aus Zufall den Slogan "essere Ferrari" gewählt. Wir sind Ferrari, wir atmen und leben die Geschichte, die Leidenschaft, Ferrari ist etwas ganz Besonderes. Wir stehen von einem intensiven Jahr, aber wir sind davon überzeugt, dass wir zu gutem Schluss bringen können, was 2018 nicht ganz geklappt hat. Wir durften aus dem vergangenen Jahr viel Positives mitnehmen. Darauf bauen wir auf.»

Der neue Ferrari SF90 also, jenes Auto, mit dem der erste Fahrer-WM-Titel seit Kimi Räikkönen 2007 her soll. Ein erster Blick zeigt: Wie vermutet ist der Farbton des neuen Renners dunkler und matter als in den Jahren zuvor.

Gute Ideen sind konsequent weitergedacht worden. Wie beim neuen Auto von Red Bull Racing sind Seitenkästen und Motorverkleidung noch kompakter geworden. Die extreme Taillierung der Seitenkästen, mit hoch angebrachten und Luftleitelement-bestückten Einlässen, das alles optimiert den Luftstrom zum Heck hin. Beim Thema Strömungsausrichter vor den Lufteinlässen war Ferrari 2018 Trendsetter. Die Cola-Flaschenform am Heck betont die Wirkungsweise des Unterbodens. Ferrari war auch Trendsetter beim Ausstatten des Unterbodens mit zahlreichen Schlitzen. Hier soll verhindert werden, dass die Strömung seitlich abfliesst, das garantiert nachhaltiger Abtrieb.

Wie nach den ersten Bildern der Rennwagen von Haas und Alfa Romeo-Sauber vermutet: Die beiden Wastegate-Röhrchen des 1,6-Liter-V6-Turbohybrid-Triebwerks sind über dem Auspuffendrohr angeordnet, schon im Sommer 2018 hatte Ferrari umgestellt, auf einen Heckflügel mit zwei Stützen. Auch dank dieses Kniffs soll das Heck noch schmaler werden. Die Airbox ist nicht mehr bauchig wie im Vorjahr, sondern dreiecksförmig.

Die Ferrari-Techniker um Chef Mattia Binotto, Designer Fabio Montecchi und die Aerodynamiker David Sanchez und Enrico Cardile toben sich auf der Spielwiese der seitlichen Luftleit-Element voll aus. Die Fans dürfen sich hier auf ein fabelhaftes Wettrennen der hellsten Köpfe gefasstmachen, denn alle Rennställe versuchen fieberhaft, die Strömung zu verbessern und Abtrieb zurückzugewinnen. Die vereinfachten Frontflügel (weniger Elemente, einfache Endplatten) haben die Strömungscharakteristik der Autos stark verändert.

Mattia Binotto: «Das ist keine Revolution, das ist eine Evolution. Wir haben alle Bereiche überarbeitet und verbessert.»

Sebastian Vettel sagt: «Wir sind alle sehr aufgeregt. Dies ist das erste Mal, dass wir den Wagen fertig sehen, auch wenn wir natürlich den Aufbau verfolgt haben. Wir wissen alle, was wir können, und jeder weiss, was wir uns für 2019 vorgenommen haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir das packen können.»

Charles Leclerc: «Ich bin begeistert, dass ich Teil der Scuderia sein darf. Ich kann es kaum erwarten, ins neue Auto zu hüpfen. Es ist eine Ehre neben Sebastian zu fahren. Das ist für mich eine tolle Gelegenheit, ich kann sehr viel von ihm lernen.»

Fazit: Ferrari baut klug auf dem starken Auto von 2018 auf. Wie mutig und effizient die Italiener bei der Entwicklung sein werden, das zeigt sich schon ab 18. Februar, wenn auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya die Formel-1-Wintertests beginnen.

Ferrari in der Formel 1 – die Rekorde

Fahrer-WM-Titel (15)
Alberto Ascari 1952 und 1953
Juan Manuel Fangio 1956
Mike Hawthorn 1958
Phil Hill 1961
John Surtees 1964
Niki Lauda 1975 und 1977
Jody Scheckter 1979, Michael Schumacher 2000 bis 2004
Kimi Räikkönen 2007

Konstrukteurs-Pokale (16)
1961, 1964, 1975 bis 1977, 1979, 1982/83, 1999 bis 2004, 2007 und 2008

Grand Prix-Einsätze (970)

Pole-Positions (219)

Siege (235)

Siege in Folge (14)
Von der Schweiz 1952 bis Schweiz 1953

Doppelsiege (83)

Siege von der Pole-Position aus (126)

Podestränge (751)

Schnellste Rennrunden (248)

Treuster Fahrer
Michael Schumacher (180 GP)

Siegreichster Fahrer
Michael Schumacher (72 Siege)

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