Claire Williams über Jacques Villeneuve: «Lästig»

Von Mathias Brunner
​Der Kanadier Jacques Villeneuve (48) lässt kein gutes Haar an seinem früheren Rennstall Williams: «Williams ist doch gar kein Rennstall mehr.» Teamchefin Claire Williams findet die ständige Nölerei «lästig».

Williams kommt auch in Monte Carlo nicht vom Fleck. Der dritterfolgreichste GP-Rennstall steckt in der grössten Krise der Firmengeschichte, seit das Team Siege und WM-Titel in Serie eroberte. Dabei schien es mit dem Schritt in die neue Turbo-Ära Anfang 2014 aufwärts zu gehen: Der von Sir Frank Williams gegründete und von seiner Tochter Claire geleitete Rennstall errang 2014 und 2015 den dritten WM-Schlussrang. Viele Fans hofften – es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Williams erstmals seit 2012 wieder einen Grand Prix gewinnt (seit Pastor Maldonado in Barcelona). Doch dann holten die Gegner auf, der Bonus des besten Motors von Mercedes verblasste. Williams wurde 2016 und 2017 jeweils WM-Fünfter und konnte in beiden Jahren nur je einen Podestplatz einfahren. 2018 der Totalabsturz: Letzter WM-Platz, nur eine Punktefahrt in elf WM-Läufen, mit Lance Stroll als Achtem im Chaosrennen von Baku.

Besser wurde es nicht: Der neue FW42 wurde für die Wintertests 2019 zu spät fertig und erwies sich als das mit Abstand langsamste Auto. Cheftechniker und Team-Teilhaber Paddy Lowe wurde beurlaubt. Williams befindet sich in der grössten Krise, seit Frank Williams sich vom Formel-1-Hungerleider zum Weltmeister emporgearbeitet hatte. Frank Williams hat dieses Team zum dritterfolgreichsten Rennstall hinter Ferrari und McLaren gemacht, mit neun Konstrukteurs-Pokalen und sieben Fahrer-WM Titeln. Aber die letzte Marken-WM wurde 1997 gewonnen, also vor mehr als zwanzig Jahren, im gleichen Jahr wurde letztmals ein Williams-Pilot Weltmeister, es war Jacques Villeneuve.

Der gleiche Villeneuve ist noch immer in der Formel 1 tätig, auch hier in Monaco, als TV-Experte für die italienische Sky, und er erhielt bei Williams Hausverbot – weil sich der Kanadier erdreistet hat, Williams heftig an den Karren zu fahren. Der elffache GP-Sieger findet: Der Fisch stinkt vom Kopfe, Claire Williams sei einfach eine Fehlbesetzung auf dem Chefsessel.

Villeneuve hatte auch die Entscheidung kritisiert, dass der steinreiche Unternehmer Lawrence Stroll seinen Sohn Lance in einen Williams setzte. «Williams hat seine Seele an die Milliarden von Lawrence Stroll verkauft, der nur eins im Sinn hat: seinen Sohn zu stärken. Selbst Formel-1-Rentner Massa war schneller als Stroll.»

Nach dem völlig missglückten Saisonbeginn 2019 sagte der elffache GP-Sieger Villeneuve gegenüber dem «Journal de Montréal»: «Die Williams-Führung bezahlt nun für die schlechten Entscheidungen der letzten Jahre, Williams ist kein Rennstall mehr.»

Der Kanadier kritisierte, dass Williams 2011 an die Börse gegangen ist. «Williams ist inzwischen eine Firma, die am Ende des Jahres ihren Teilhabern einen Profit vorweisen muss. Das haben sie geschafft, also sind alle zufrieden. 2018 haben sie einen Gewinn von 16 Millionen Dollar erwirtschaftet, aber wenn ich das sehe, so behaupte ich – dann haben sie nicht genug für den Rennsport ausgegeben. Der Firmenpräsident will doch gar nicht in der Formel 1 gewinnen, er will sicherstellen, dass er für die Aktionäre so viel als möglich herausholt. Nur darauf kommt es noch an.»

Normalerweise schweigt Claire Williams die provokanten Aussagen von Villeneuve weg, nun aber bezeichnet sie die anhaltenden Breitseiten des Kanadiers als «lästig. Ich finde es überaus ärgerlich, wenn Leute Kritik üben und nicht die ganze Geschichte erfassen. Ich bin eine ehrliche Haut. Wenn jemand Kritik üben will, dann kann er jederzeit zu mir kommen und mit mir sprechen.»

«Wenn es im Geschäft nicht gut läuft, wäre es selbstherrlich, sich nicht in Frage zu stellen. Aber ich bleibe davon überzeugt, dass ich dieses Team vorwärtsbringen kann. Ich kann uns da rausboxen. Wenn ich nicht mehr daran glaube, dann ist es Zeit zum Gehen. Ich mach das nicht zum Geldverdienen, ich mach das aus Überzeugung und mit Herzblut. Ich würde auch ohne Gehalt arbeiten. Das bin ich Williams schuldig.»

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