Klartext von Niki Lauda: «Haben die einen Vogel?»

Von Mathias Brunner
Niki Lauda nannte die Dinge beim Namen

Niki Lauda nannte die Dinge beim Namen

​Bei den Trauerfeierlichkeiten im Wiener Stephansdom haben Tausende von Niki Lauda Abschied genommen. Wenn sie über den dreifachen Weltmeister sprechen, taucht ein Begriff immer wieder auf.

Das war vielen Menschen wichtig – sich von Niki Lauda verabschieden. Tausende haben die Gelegenheit ergriffen, sie sind kurz vor seinem Sarg im Wiener Stephansdom gestanden, sie haben haben sich verneigt, einige knieten nieder, niemand schämte sich seiner Tränen. Vor dem Dom haben viele Fans über den Formel-1-Champion von 1975, 1977 und 1984 gesprochen. Dabei tauchte ein Leitthema immer wieder auf.

Ein Mann brachte das so auf den Punkt: «Niki Lauda war einer, bei dem war eben ein Wort noch ein Wort. Er war immer ehrlich, zunächst mal zu sich selber, aber auch zu allen Anderen. Auch wenn die Wahrheit nicht immer angenehm war.»

Niki Lauda polarisierte. Schönfärberei und PR-Gefasel waren ihm zuwider, er hat Unehrlichkeit gehasst, und Worthülsen waren für ihn pure Zeitverschwendung. Gleichzeitig war er von einer tiefen Liebe zum Rennsport erfüllt, und wenn er mit Leidenschaft über die Formel 1 geredet hat, dann sprach er vielen Fans direkt aus der Seele. Auch dafür haben sie ihn geliebt.

Ich kann mich gut daran erinnern, wie es um die Einführung des Kopfschutzes Halo ging. Politisch korrekt ist es bis heute, sich für den Titanbügel auszusprechen. Aber Niki Lauda machte auch hier aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er meinte als Gast bei «Sport und Talk im Hangar-7» auf ServusTV: «Jeder Fahrer ist sich des Risikos bewusst, wenn er in einen Rennwagen steigt. Passieren kann heute wenig bis gar nichts. Durch den dauernden Sicherheitsgedanken geht die DNA der Formel 1 verloren.» Nach diesen Worten brandete spontaner Applaus auf für den 25fachen GP-Sieger. Kein Wunder – zu diesem Zeitpunkt sprachen sich 80 Prozent der Grand-Prix-Anhänger gegen die Einführung des Halo aus. Der Bügel kam Anfang 2018 trotzdem.

Niki Lauda war einfach er Ansicht, diese Prise Heldenhaftigkeit der Fahrer, sie verblasse. «Die erhöhte Sicherheit hat alles verändert. Dadurch haben die heutigen Fahrer nicht mehr den Biss, den Piloten wie Helmut Marko und ich früher haben mussten, um sich durchzusetzen. Wir waren ganz alleine, ungeachtet aller Gefahren. Die Freude am Fahren hat die Angst vor einem möglicherweise tödlichen Unfall überwogen. Heute ist das alles verschwommen. Klar ist es besser, wenn wir weniger Unfälle erleben. Aber dadurch haben wir eine ganz andere Generation von Piloten, mit wenigen echten Typen. Wir müssen wieder in eine Position kommen, dass die Autos sichtlich schwer zu bändigen sind, die Piloten sollen auf dem Siegerpodest wieder als Helden wahrgenommen werden, verschwitzt und geschafft, nachdem sie diese Monster beherrscht haben.»

Trotz seiner eigenen Vorgeschichte hielt er von dem Sicherheitssystem nichts. «Das Restrisiko ist jetzt schon null. Null! Und jetzt soll auch noch dieses Ding kommen. Die Menschen, die bewusst ein Risiko eingehen, braucht es dann erst recht nicht mehr in der Formel 1. Ist es dann noch die Serie, in der die besten Typen mit den schnellsten Autos fahren? Für mich ist der Halo ein Rückschritt. Jeder Fahrer muss wissen, dass es eine Gefahr gibt. Wie zu meiner Zeit. Und dann muss er entscheiden: Zähle ich zu den Menschen, die das auf sich nehmen, oder nicht?»

«Die Frage ist, ob es im allgemeinen Interesse ist, dass wir alle in einen Sicherheitswahn verfallen, weil wir Angst haben vor Klagen. Irgendwann zerstören wir den Mythos Formel 1.»

«Wenn ein Rennfahrer die Superlizenz für die Formel 1 bekommt, muss da draufstehen, was auf jedem Ticket steht: Sie sind auf eigenes Risiko hier.»

Daneben seien die charakterlichen Anforderungen, die früher an den Typ Rennfahrer gestellt wurden, nicht mehr notwendig. Die Fahrerpersönlichkeiten seien heute ganz andere, meinte Lauda. «Jeder ist auf Facebook und Twitter und all den Dingen. Für mich geht das weg von den eigentlichen Menschen. Jeder kreiert etwas um seine Person herum. Heute postet ja jeder ein Bild, auch wenn er nur vom Strand zum Klo läuft. Das geht mir auf die Nerven.»

Natürlich ging es der Rennfahrerlegende auch gegen den Strich, als im GP-Sport die Grid-Girls politisch korrekt gegen Grid-Kids ausgetauscht wurden. Lauda bei ServusTV: «Kurze Frage – haben die einen Vogel? Die Emanzipation der Frauen ist vollkommen richtig, um genau zu sein, sind sie dabei, uns zu überholen. Wieso sollen sie nicht mehr da stehen dürfen?»

Natürlich ist auch dem Flugunternehmer der Vorwurf nicht entgangen, bisweilen seien die Grid-Girls etwas gar leicht bekleidet gewesen. Aber der Wiener sagte dazu: «Da brauchte man sie doch nur ein wenig mehr anzuziehen.» Eine sehr adrette Lösung sei seit Jahren am Red Bull Ring gefunden worden, wo die Damen im feschen Dirndl auftreten. Lauda: «Ich habe auch nichts dagegen, neben den Grid-Girls eben Grid-Boys zu sehen. Wieso nicht?»

Befürworter des Verbots führen ins Feld, Frauen sollten nicht als schmückendes Beiwerk verstanden werden, sondern besser Führungsrollen in den Teams erhalten. Niki Lauda dazu: «Das ist eine unzulässige Vermengung. Das eine schliesst doch das andere nicht aus. Ich will Frauen nicht reduzieren, sondern bestärken. Das Verbot kann auch so ausgelegt werden, dass wieder einmal Männer über die Köpfe der Frauen hinweg entscheiden. Wenn man hier konsequent weiterdenkt, dann dürfte es in Amerika eigentlich kein Cheerleading mehr geben.»

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