Streit wegen Pirelli: Mercedes als Reifen-Weltmeister

Von Mathias Brunner
Toto Wolff und Sebastian Vettel

Toto Wolff und Sebastian Vettel

​Nur Weltmeister Mercedes-Benz versteht es, die 2019er Pirelli konstant zum Arbeiten zu bringen. Die Rufe nach anderen Reifen werden lauter. Mercedes-Teamchef Toto Wolff reagiert genervt.

Am Circuit de Barcelona-Catalunya ist Rennstallbesitzer Gene Haas der Kragen geplatzt. Der 66jährige US-Amerikaner spottete: «Das ist eine Thermometer-WM – wir veranstalten hier Spielchen mit Temperaturmessungen, statt einen Rennwagen einzusetzen. Manchmal habe ich den Eindruck, es ist reine Glückssache, das korrekte Temperaturfenster zu treffen. Es wäre wirklich schön, wenn Pirelli Reifen bauen würde, die nicht ganz so temperatursensibel wären.»

Fakt ist: Nur Weltmeister Mercedes-Benz versteht es, die 2019er Reifen des Mailänder Traditionsunternehmens Pirelli konstant zum Arbeiten zu bringen. Die direkten Gegner Red Bull Racing-Honda und Ferrari tun sich schwer: Die jüngste Reifengeneration mit dünnerer Lauffläche und einer steiferen Konstruktion kommen Mercedes entgegen. Vorbei die Zeiten, als am Silberpfeil die Walzen bedrohlich überhitzten.

Im Umkehrschluss heisst das: Wer früher davon profitierte, einen Reifenflüsterer als Rennwagen zu haben, ein Auto also, das sehr behutsam mit den Pirelli umgeht, der ist nun bestraft – diese Teams schaffen es nur mit Müh und Not, die Reifen ins beste Arbeitsfenster zu bringen, am Ferrari kühlen die Walzen immer wieder aus.

Das alles führt zu unheiligen Allianzen: Auf einmal sprechen Ferrari und Red Bull Racing die gleiche Sprache und fordern Änderungen. Es wird vorgeschützt, die hitzebeständigen Reifen würden Einstopprennen begünstigen, die Formel 1 zeige eine schlechte Show. In Wahrheit geht es nur darum, dass ihre Autos nicht mehr so konkurrenzfähig sind wie 2018. Nachvollziehbar ist ihr Einwand, der Reifen entscheide die WM zu Gunsten von Mercedes.

Formel-1-Mehrheitsbesitzer Liberty Media beobachtet das Ganze in Sorge: Ein WM-Durchmarsch von Mercedes dank Überlegenheit im Umgang mit den Reifen ist schlecht fürs Geschäft.

Doch Pirelli will im Laufe der Saison nicht umstellen. Die Lauffläche wurde um 0,4 Millimeter dünner gestaltet, um das Überhitzen zu verhindern, das ist durchaus eine Frage der Sicherheit. Zudem sagen die Mailänder: Die Reifen sind für alle gleich, es ist an den Teams, ihre Aufgaben besser zu lösen. Eine Änderung wäre gemäss Reglement nur dann möglich, wenn sieben von zehn Teams das wünschen. Oder wenn die FIA Bedenken wegen der Sicherheit hätte und Sofortmassnahmen gefragt wären. Dies trifft hier aber nicht zu.

Toto Wolff ist im Fahrerlager des Circuit Gilles Villeneuve auf das Gepolter der Gegner angesprochen worden. Der Wiener sagt: «Die Reifen zu ändern, das wäre opportunistisch und blinder Aktionismus. Wir bekommen jedes Jahr neue Reifen von Pirelli. Manchmal verstehen wir sie schnell, manchmal dauert es ein wenig länger. Als fairer Wettbewerber musst du das Beste aus deinen Möglichkeiten machen.»

«Pirelli hatte eine fast unlösbare Aufgabe erhalten – mit dem Wunsch der FIA und der Formel 1 nach einem gezielten Abbau, so dass wir spannendere Rennen erhalten. Aber dann haben die Leute gejammert, die Walzen müssten wieder langlebiger werden. Wir müssen uns da schützend vor Pirelli stellen. Es ist nicht einfach, einen Reifen zu bauen, der für alle passt. Jedenfalls lassen wir uns von dem ganzen Gerede um die Reifen nicht aus der Ruhe bringen.»

Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Am liebsten wäre mir, wir würden zu den 2018er Reifen zurückkehren. Das wäre auch im Interesse der Formel 1. Die neuen Reifen haben Mercedes in die Hände gespielt. Es liegt an uns, das wettzumachen. Wenn wir jetzt umstellen, dann hätten wir neun glückliche Teams und ein unglückliches.»

So ganz stimmt das nicht: Denn nicht alle sind so unzufrieden wie Gene Haas. McLaren-CEO Zak Brown wird sich jedenfalls nicht gegen Pirelli stellen. «Wir kommen mit den Reifen ganz gut klar.»


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