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Marc Surer: «Ferrari-Problem heisst nicht Domenicali»

Von Rob La Salle
Marc Surer, Formel-1-Experte von Sky

Marc Surer, Formel-1-Experte von Sky

Ex-Formel-1-Fahrer und Sky-TV-Experte Marc Surer über den Wirbel bei Ferrari und die Ausgangslage vor dem Grossen Preis von China: Wer kann Mercedes-Benz bezwingen?
Marc, Ferrari hat vor dem Grossen Preis von China mit der Trennung von Teamchef Stefano Domenicali für viel Aufsehen gesorgt. Was hältst du von der Entscheidung?

Es ist vergleichbar mit einem Trainerwechsel im Fussball. Wenn es sportlich nicht läuft, benötigt man einen Schuldigen. Dieser ist nun in Domenicali, der bereits in der Vergangenheit wackelte, gefunden. Ferrari ging mit grossen Hoffnungen in die Saison, und da die Entwicklung eindeutig negativ verläuft, hat man gehandelt. Aber Domenicali war nicht das Problem bei Ferrari.

Woran hapert es und an welchen Stellschrauben kann Nachfolger Marco Mattiacci drehen?

Das grosse Problem ist eindeutig der Motor. Dieser ist viel zu schwer, verbraucht zu viel Sprit und bringt schlicht und einfach zu wenig Leistung. Das Energie-Rückgewinnungs-System scheint noch nicht auf der Höhe zu sein, und hier muss Mattiacci ansetzen. Er muss knallhart Druck ausüben, einigen Leuten in den Hintern treten und dafür sorgen, dass der Motor verbessert wird.

Vielleicht kann ein neuer Teamchef wirklich mehr bewirken als Domenicali, der als Teil des Teams auch für den Motor verantwortlich ist. Das Problem bei Ferrari ist aber, dass der Motor bei den Italienern eine heilige Kuh ist. Man durfte immer über das Auto, nie über den Motor schimpfen, aber hier müssen nun Verbesserungen her.

Kann Ferrari unter der neuen Führung schnell wieder in die Spur finden?

Nein! Ich denke, es wird ein langwieriger Prozess, denn Renault hat grosse Fortschritte gemacht und Ferrari mittlerweile überholt. Damit ist Ferrari nur noch drittstärkste Kraft im Feld und Mercedes und Renault entwickeln stetig weiter. Das grösste Problem von Renault ist bisher die Ausfallrate – sobald die Motoren stabil laufen, droht Ferrari sogar noch mehr ins Hintertreffen zu geraten. Bei der Scuderia muss definitiv etwas passieren.

Auch Mercedes vermeldet einen Abgang. Der Technische Direktor Bob Bell verlässt die Silberpfeile. Könnte sich das negativ auswirken?

Nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil: Ich hatte in der Vergangenheit stets den Eindruck, dass Mercedes zu viele Chefs hatte. Erst war Ross Brawn da, dann wurde Paddy Lowe geholt und dann gab es ja immer noch Bob Bell, so dass ich mich immer gefragt habe, wer was macht. Natürlich benötigt man in einem Formel-1-Rennstall Teams und Verantwortliche, aber auch jemanden, der das Sagen hat. Diese Position traue ich Paddy Lowe locker zu, so dass nun die Hierarchie und Struktur klarer geordnet ist, was Mercedes in Zukunft zu Gute kommt.

Am Dienstag bestätigte die FIA die Disqualifikation von Daniel Ricciardo vom Australien-GP. Die richtige Entscheidung?

Absolut! Ich bin da voll auf Seite der FIA. Die FIA hat Red Bull Racing während des Rennens in Melbourne klar gesagt, dass der Benzindurchfluss nicht okay ist und dem Team die Chance gegeben, zu reagieren. Dann hätten sie wohl den zweiten Platz verloren, aber wären wahrscheinlich als Dritter ins Ziel gekommen. Red Bull hat dies jedoch ignoriert und auf seine eigenen Werte vertraut.

Das geht allerdings nicht: Wenn ich einen geeichten Tacho habe und dann geblitzt werde, kann ich auch nicht zur Polizei sagen, dass dies nicht sein könne. Die Polizei hat in diesem Fall genauso recht wie jetzt die FIA, und an die bestehenden Regeln müssen sich alle halten. Wäre Red Bull Racing freigesprochen worden, hätte das ungeahnte Auswüchse annehmen können, da weitere Teams ebenfalls damit angefangen hätten. Ich glaube nicht, dass RBR bewusst betrogen hat, aber das Urteil ist okay und damit sollte das Kapitel abgeschlossen sein.

Kommen wir zum Sportlichen – letztes Jahr gewann Fernando Alonso in Shanghai – dieses Jahr erwartest du aber wieder dominante Mercedes?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zu Überraschungen kommt. Mercedes kann sich höchstens selbst schlagen. Aber ich hoffe, die Verantwortlichen lassen die beiden Fahrer wieder aufeinander los. Natürlich hat Red Bull Racing in den vergangenen zwei Wochen weiter entwickelt und das Feld rückt eventuell etwas näher zusammen, aber Mercedes bleibt weiter das Mass der Dinge.

Wer kämpft dahinter um die Plätze? Williams gibt sich äusserst optimistisch …

Ich traue Williams zu, hinter Mercedes eine gute Rolle zu spielen und sich mit den roten Bullen zu duellieren, aber nicht mehr. In Bahrain hatte ich einen Angriff von Williams auf Mercedes erwartet. Dort waren sie beim Testen sehr schnell unterwegs, aber in Shanghai an diesem Wochenende sind die Silberpfeile zu schnell für den Rest.

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