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Damon Hill: «Ich ahnte Böses»

Von Petra Wiesmayer
Ayrton Senna und Damon Hill bei der Williams-Teamvorstellung 1994

Ayrton Senna und Damon Hill bei der Williams-Teamvorstellung 1994

Damon Hill erinnert sich an eines der düstersten Kapitel der modernen Formel 1, den Grand Prix von San Marino 1994, als sein damaliger Teamkollege Ayrton Senna tödlich verunglückte.

Damon Hill war 1994 Ayrton Sennas Teamkollege bei Williams und weder er noch sonst jemand zweifelte daran, dass der dreimalige Weltmeister aus Brasilien in diesem Jahr seinen vierten Titel holen würde. Der Williams galt als das beste Auto im Feld und in Kombination mit dem «Magier» würde der Weg zur Weltmeisterschaft nur über ihn führen.

Schon beim ersten Rennen Grand Prix, seinem Heimrennen in Brasilien, fiel Senna aber nach einem Dreher kurz vor Ende aus, bei Rennen Nummer 2 in Aida musste er schon kurz nach dem Start nach einem Unfall mit Mika Häkkinen und Nicola Larini die Segel streichen.

«Ayrton kam mit null Punkten zum dritten Rennen nach Imola, und Michael Schumacher brachte zwei Siege mit. Ich war Zweiter in der Weltmeisterschaft und freute mich auf das Rennen, weil ich gute Chancen für mich sah», erinnert sich Damon Hill im Interview mit auto, motor und sport. «Man konnte die Spannung spüren. Autosport hatte auf dem Titel ein Bild mit Ayrton und der Schlagzeile: <Make it or break.> Er stand an dem Wochenende unter Druck.»

Niemand rechnete aber damit, was an diesem Wochenende noch geschehen sollte. «Wir waren alle froh, dass wir nach zwei Überseerennen zurück in Europa waren. Auf einer schönen Rennstrecke in einem schönen Land zu einer schönen Jahreszeit. Wir fühlten uns alle gut. Deshalb war das Resultat danach so grausam.»

Der Grand Prix von San Marino sollte nämlich als schwärzestes Wochenende der jüngeren Formel-Historie in die Geschichtsbücher eingehen. «Am Freitag ging es schon los. Barrichellos Unfall war schockierend. Jeder sah, wie hoch dieses Auto durch die Luft flog. Der Speed war enorm. Rubens wäre fast in die Tribüne geflogen. Roland Ratzenbergers Unfall war ein Schock. Im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen hatte ich den Tod im Motorsport schon erlebt», erinnerte sich Damon Hill an Jim Clark, den ehemaligen Lotus-Teamkollegen seines Vaters Graham Hill, der 1968 tödlich verunglückt war. «Roland war ein guter Junge, er hatte so hart um diese Chance gekämpft. Es hat dich schon nachdenklich gemacht, als das alles in einer Sekunde ausgelöscht wurde.»

Danach sei die Stimmung in Imola «sofort ins Gegenteil» geschwenkt, sagte der 53-Jährige weiter. «Der Sonntag war ein düsterer Tag. Es lag eine zentnerschwere Last auf allen Schultern. Als es dann beim Start gleich wieder krachte, ahnte ich Böses. Alles an diesem Wochenende schien schiefzugehen.» Das Rennen wurde nach dem Startunfall, bei dem JJ Lehto seinen Benetton abwürgte, von Pedro Lamys Lotus torpediert wurde und Trümmerteile Zuschauer auf der Tribüne verletzten, in Runde 5 hinter dem Safety Car neu gestartet.

Zwei Runden später flog Aytron Sennas Williams in der Tamburello-Kurve von der Strecke. «Ich sah, dass es Ayrton erwischt hatte, dachte aber nicht im Traum daran, dass er ernsthaft verletzt sein könnte. Die Auslaufzone in Tamburello war mit den Jahren immer größer geworden. Wenn du die Mauer treffen solltest, dann in einem flachen Winkel», beschreibt Hill die Szene, die Millionen Zuschauern für immer im Gedächtnis bleiben wird.

«Tatsächlich war es so. Ayrton hatte nur das Pech, dass ihn das Rad am Kopf traf. Der gleiche Unfall hätte ihm auch in einer langsamen Kurve passieren können», so Hill weiter. «Als das Rennen gestoppt wurde, haben wir uns natürlich alle Sorgen gemacht. Okay, ich war sein Teamkollege, hatte aber nicht den geringsten Zweifel daran, dass mit meinem Auto etwas nicht in Ordnung sein könnte. Ich vertraute Williams. Im Rennen bin ich dann von ganz hinten noch auf Platz sechs vorgefahren, aber das interessierte eigentlich keinen. Nichts war an dem Tag unwichtiger als das Ergebnis.»

Das Begräbins in Sennas Heimatstadt São Paulo sei für alle «ein Test» gewesen, erzählte Hill. «Am Sonntagabend wollten alle nur noch weg von Imola. Das Begräbnis war für alle von uns ein großer Test. Eigentlich wollte ich nicht hingehen, weil ich Angst hatte, es würde mich zu sehr mitnehmen. Aber der Respekt vor Ayrton verlangte es. Jackie Stewart riet mir zu gehen. Er sagte, dass ich es mir nie verzeihen würde, wenn ich es nicht täte.»

Und die Entscheidung sei richtig gewesen, weiß der Weltmeister von 1996 heute. «Heute bin ich froh darum, es getan zu haben. Die Szenen, die sich in Sao Paulo abgespielt haben, waren ein Indikator dafür, was Ayrton für sein Land bedeutet hat. Auch wenn es sich komisch anhört: Es war eines der ganz großen Ereignisse in meinem Leben.»

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