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Nico Rosberg: Wieviel Schumacher steckt in ihm?

Kolumne von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Nico Rosberg: Keiner von ihnen ist ein Waisenknabe

Lewis Hamilton und Nico Rosberg: Keiner von ihnen ist ein Waisenknabe

Die britische Presse stellt Nico Rosberg an den Pranger und kramt das verstaubte Bild vom bösen Deutschen aus dem Schrank. Dabei wird vergessen: Lewis Hamilton ist gewiss keine Zimperliese.

Von allen Seiten wird derzeit auf Nico Rosberg eingeprügelt. Der WM-Leader steckt dabei in einer Situation, in welcher er scheinbar nicht gewinnen kann: Hätte er gegen Lewis Hamilton wie in Bahrain, Barcelona und Ungarn den Fuss vom Gas genommen, als es hart auf hart ging, wäre er wieder als Weichei belächelt worden. Nun hat er dagegen gehalten, es hat gescheppert, und auf einmal ist aus dem netten Jungen mit dem Saubermann-Image ein Bösewicht geworden. Besonders die britische Presse hat sich auf ihn eingeschossen.

Jonathan McEvoy stellt in «The Daily Mail» stellvertretend für den Hagel an Kritik fest: «Es gibt keinen Zweifel darüber, dass Nico Rosberg gewillt ist, den WM-Titel mit schmutzigen Tricks zu gewinnen. Zu seiner Verteidigung führt er vor, das tue Hamilton auch. Rosberg argumentiert möglicherweise, seine Doppelzüngigkeit sei eine direkte Antwort von Hamiltons Weigerung, sich an Anordnungen des Teams zu halten.» McEvoy nennt die Teamführung von Mercedes überdies «schwach und unerfahren. Das hat diesen selbstzerstörerischen Crash begünstigt.»

Der Unmut der britischen Blätter ist auch historisch bedingt: Die Zeitungsmacher sind sich vollauf bewusst, dass es tüchtig Auflage bringt, das verstaubte Bild vom bösen Deutschen aus dem Schrank zu kramen. Basierend auf der nicht gerade unproblematischen Historie zwischen Deutschland und Grossbritannien wurde Michael Schumacher jahrelang als Feindfigur verteufelt. Schliesslich stand Schumi zahlreichen Briten vor der Sonne: Bei Benetton seinen Stallgefährten Martin Brundle und Johnny Herbert, bei Ferrari Eddie Irvine, im WM-Duell Damon Hill und David Coulthard. Michael Schumacher war auf der Suche nach Erfolg so kompromisslos wie Ayrton Senna, aber der Brasilianer wurde damals nie in dieser Weise kritisiert.

Mal abgesehen davon, dass das alles Schnee von gestern ist: Die heutigen Berichterstatter lassen es bequem unterm Teppich verschwinden, dass Lewis Hamilton nun gewiss keine Zimperliese ist und das nicht nur auf der Rennbahn, sondern auch daneben. Schon bei McLaren hielt Hamilton tapfer dagegen, auf und abseits der Rennstrecke gegen Fernando Alonso, und wenn Hamilton über eine Leistung von Jenson Button nicht begeistert war, twitterte er schon mal ein Bild der McLaren-Telemetrie.

Das Spiel auf der Medien-Klaviatur beherrscht der Weltmeister von 2008 so gut wie seinen Silberpfeil: Vor dem Monaco-GP liess Lewis gewiss nicht zufällig fallen, er selber sei halt erfolgshungriger als Rosberg, der quasi mit dem goldenen Löffel im Mund auf die Welt gekommen sei. Und vor dem Hockenheim-GP erwähnte Hamilton beiläufig, eigentlich sei Rosberg ja gar kein Deutscher. Glaubt wirklich jemand ernsthaft, das war alles nur als harmloser Scherz gemeint?

Gleichzeitig schwelt in der britischen Presse der Gedanke, Mercedes wolle lieber einen deutschen Piloten als Weltmeister haben als einen britischen.

Dieser Vorwurf ist barer Unsinn: Kein Formel-1-Fahrer geniesst weltweit mehr Popularität als Lewis Hamilton, da kann selbst Sebastian Vettel einpacken. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Hamilton sich unbekümmert und offen in den sozialen Netzwerken tummelt und dank seiner Freundin Nicole Scherzinger in den USA bekannt ist wie ein bunter Hund. Hamilton hat auf Twitter mehr als drei Mal so viele Follower als Rosberg.

Rein aus Marketing-Gründen also müsste es Mercedes sogar lieber sein, wenn Hamilton Champion wird, nicht Rosberg. Also birgt die Unterstellung der Briten einen Logikfehler.

Die Briten argumentieren ungerührt weiter: Hatte Hamilton in dieser Saison nicht viel öfter Technikpech als Rosberg? Wurde Hamilton nicht in Ungarn zum Platzmachen aufgefordert?

Lewis Hamilton positioniert sich gerne in der Rolle des Opfers, damit fliegen ihm Sympathien zu. Es lässt sich dabei von niemandem den Mund verbieten. Das ist zwar nicht immer intelligent und ganz sicher nicht wohlüberlegt, aber es zeugt von Emotionen, und genau das wollen die Rennfans von ihren Vollgashelden sehen.

Nico Rosberg verschanzt sich hinter Aussagen, wonach gewisse Dinge intern behandelt würden oder sagt einfach überhaupt nichts. Das nährt bei argwöhnischen Zeitgenossen den Verdacht, er wolle etwas verbergen. Dabei versucht Nico Rosberg nur, das Richtige zu tun.

Auf der Rennpiste hat Nico Rosberg in Belgien ordentlich dagegen gehalten. Vielleicht sollte er es abseits der Strecke auch öfter mal tun.

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