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Andy Cowell (Mercedes): Bald mehr Motorhersteller?

Von Mathias Brunner
Andy Cowell (rechts) mit (von links) Mercedes-Technikchef Paddy Lowe, Nico Rosberg und Teamchef Toto Wolff

Andy Cowell (rechts) mit (von links) Mercedes-Technikchef Paddy Lowe, Nico Rosberg und Teamchef Toto Wolff

​Die Dominanz von Mercedes und die schlechten Leistungen von Honda haben klar gemacht: Ein neuer Motorhersteller isst in der Formel 1 hartes Brot. Aber ist das wirklich so?

Viele haben es längst wieder vergessen: Die Grundidee zur heutigen Turbomotor-Generation in der Formel 1 bestand aus dem so genannten Weltmotor. Die Basis dazu sollte ein Vierzylinder-Triebwerk sein, der dann in verschiedenen Versionen in unterschiedlichen Rennkategorien eingesetzt werden kann. Sagen, wir als 1600er Sauger in einer Monoposto-Nachwuchsformel, als aufgeladener 1600er in der Formel 1, als auf Zweiliter aufgebohrter Motor für Tourenwagensport und so weiter. Der damalige FIA-Präsident Max Mosley fand das eine prima Idee, um neue Autohersteller in den Rennsport zu locken, besonders dem VW-Konzern sollte auf diese Weise der Teppich ausgerollt werden.

Nur: Die Idee scheiterte.

Ferrari war sofort gegen einen Vierzylinder – weil ein solcher Motor im Angebot der Italiener nicht existiert und weil ein so kleiner Motor vom Image her nicht mit Ferrari in Einklang gebracht werden kann.

Die Autohersteller einigten sich dann mit der FIA als Kompromisslösung auf einen 1,6-Liter-V6-Turbo und machten Druck, den samt Hybridtechnik einzuführen, weil das serienrelevant sei. Renault drohte sogar, aus dem Sport auszusteigen, falls dieser Motor nicht käme. Das wurde für die Franzosen zum Eigentor. Denn nach vier WM-Titeln in Serie mit Sebastian Vettel und Red Bull Racing verstolperte Renault den Schritt in die Turbo-Ära.

Der frühere Formel-1-Pilot und heutige Sky-GP-Experte Marc Surer findet ohnehin: «Hier liegt ein Grundübel. Denn letztlich diktierten die Hersteller der FIA die Motorenformel. Es sollte aber umgekehrt sein.»

Der nächste Stolperstein: Das von den Fans im Detail kaum zu verstehende Wertmarken-Entwicklungssystem.

Im Reglement wurde verankert, dass bei der Einführung der neuen Turbomotoren ab 2014 mit so genannten Wertmarken («token») der Motor schrittweise modifiziert werden sollen. Die vom Autoverband zur Modifikation freigegebenen Teile der Antriebseinheiten wurden dabei in Wichtigkeitsstufen eingeteilt (1, 2 und 3). Die Summe dieser einzelnen Komponenten betrug 66 Wertmarken. Die Motorhersteller konnten nun selber entscheiden, wie sie ihre Wertmarken im ersten Jahr ausgeben wollten – je nach Entwicklungsbedarf eben. Dann sollte der Prozentsatz erlaubter Änderungen von Jahr zu Jahr rapide sinken: auf 38% in der Saison 2016, auf 30% 2017, auf 23% 2018 sowie auf je 5% 2019 und 2020.

Aber schon im Ansatz erwies sich das System als fehlerhaft: Ferrari fand eine Lücke im Reglement und konnte so durchsetzen, dass 2015 entwickelt werden durfte. Gleichzeitig wurde klar, dass Mercedes-Benz die Hausaufgaben mit Abstand am besten gelöst hatte. Es drohte die Gefahr: Wenn die Entwicklung zu eingeschränkt ist, dann konserviert Mercedes den Vorsprung möglicherweise auf Jahre hinaus. Nun wird das Token-System ab 2017 abgeschafft.

Damit sind wir wieder bei den anderen Motorherstellern: Das Fiasko von Formel-1-Rückkehrer Honda 2015 (zweitletzter WM-Rang mit McLaren, reihenweise Motorschäden, mit Abstand schwächster GP-Motor) wirkte abschreckend für Firmen, die mit einem Einstieg in die Königsklasse liebäugelten. Bei schrittweise eingefrorener Entwicklung sowieso.

Andy Cowell (46) ist Geschäftsleiter von «Mercedes AMG High Perfomance Powertrains», wie die Motor- und Antriebsabteilung des Rennstalls heisst. In Brixworth sind die Weltmeister-Turbomotoren von 2014 und 2015 entstanden. Er glaubt, dass der Verzicht auf das Wertmarkensystem eine gute Sache ist.

Im Rahmen einer Einladung für britische Kollegen ins Werk von Brixworth wird er auf crash.net so zitiert: «Wir stehen noch immer am Anfang der Entwicklung dieser Motoren, dabei beruht die Zusammenarbeit mit den Technikern in Deutschland auf Gegenseitigkeit. Das ist keine Einbahnstrasse. Wir profitieren vom Know-how von Mercedes-Benz in Stuttgart und wir geben unsere Erfahrungen weiter, die wir mit dem Rennmotor machen. So lange eine solche Wechselbeziehung besteht, finde ich diese Motorgeneration auch für andere Hersteller verlockend. Das ist es doch, was sie in den Sport ziehen sollte.»

Ganz im Gegensatz zu den früheren Saugmotoren, von welchen der Engländer sagt: «Die V10- und V8-Triebwerke waren etwas ganz Besonderes. Wir haben mit ihnen 20.000 und 19.000 Umdrehungen erzielt, das wurde in keiner anderen Rennserie erreicht, geschweige denn von Aggregaten im Serienbau.»

«Heute sehe ich kein Element der Unerreichbarkeit, man muss nicht zum Mars fliegen, um dort die exotischsten Metalle zu fördern für einen Formel-1-Motor. Wir verwenden Stahl, wie er in der Raum- und Flugtechnik sowie im Automobilbau verwendet wird. Das Gleiche gilt für Aluminium. Zu welchen Schlüssen man da kommt, das ist auch für andere Hersteller nachvollziehbar. Es gibt keine Magie. Das Einzige, was man braucht: Die richtige Gruppe von Fachleuten, Prüfstände, Verbindungen zu Lieferanten. Dann ist das alles machbar. Und zwar einfacher als während der V8- und V10-Ära.»

«Das Gleiche gilt für die Regeln. Im Jahre 2000 bestanden die Motorregeln aus einer A4-Seite. Nun füllen sie 18 Seiten. Vor zwanzig Jahren hast du dir den Kopf darüber zerbrochen, mit wie vielen Zylindern zu antreten sollst und was dabei wohl das beste Bohrungs-/Hub-Verhältnis wäre. Das wird heute in den Regeln alles vordefiniert. Das macht es einfacher für einen neuen Bewerber. Und ich würde mir wünschen, dass mehr Motorhersteller kommen.»

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