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Formel 1 nach 3 GP: Sieger, Verlierer, Sorgenkinder

Von Mathias Brunner
Start zum Grossen Preis von China

Start zum Grossen Preis von China

​Eine kleine Zwischenbilanz: Wo steht die Formel 1 nach drei Grands Prix der Saison 2016? Wer schläft ruhig? Wer hat überrascht? Wer muss sich Sorgen machen?

McLaren-Honda-Star Fernando Alonso findet: «Selbst Insidern fällt es schwer, das Kräfteverhältnis in der Formel 1 richtig einzuschätzen. Im Testwinter bekommst du erste Anhaltspunkte. In Australien ist dann Schluss mit Taktieren, da müssen alle erstmals die Hosen runterlassen. Und doch zeigen die ersten Rennen noch nicht, wo die Reise hingeht, denn der Strassenkurs von Melbourne und der Nacht-GP von Bahrain haben ihre eigenen Gesetze. Aussagekräftiger ist vielleicht China, Sotschi ist aufgrund der Pistenoberfläche wieder ein Sonderfall. Das richtige Bild erhalten wir in aller Wahrscheinlichkeit erst beim Spanien-GP Mitte Mai.»

Und doch zeichnen sich für Fans und Fachleute erste Trends ab. Machen Sie mit mir einen imaginären Rundgang durch die Startaufstellung für eine kurze Standortbestimmung.

Mercedes: Symphonie mit Misstönen
Drei Rennwochenenden, drei Pole-Positions, drei Siege – auf den ersten Blick könnte die Saison für Weltmeister Mercedes nicht besser begonnen haben. Aber in dieser Symphonie gibt es Misstöne. Die Rivalität zwischen Rosberg und Hamilton schwelt weiter, wie die erste Kurve in Australien gezeigt hat (da liess Rosberg den Engländer so ohne Raum, wie das früher der Engländer mit dem Deutschen gemacht hat) und wie das auch zahlreiche Verbalspitzen beweisen. Der nächste Knall ist programmiert. Zudem gibt es Sorgen mit der Standfestigkeit, die leicht auch Rosberg hätten treffen können, und dann sähe es mit der tollen Zwischenbilanz ein wenig anders aus. Mercedes-Benz bleibt das Mass der Dinge, aber sorgenfrei ist das Team nicht. Auch wegen Ferrari.

Ferrari: Licht und Schatten
Die gute Nachricht zuerst: Ferrari ist näher an Mercedes herangekommen. Die schlechte Nachricht: Nicht nahe genug. Zudem wird auch Ferrari von Problemen mit der Standfestigkeit in Atem gehalten (Turboschaden bei Räikkönen in Australien, Ventildefekt aufgrund eines Software-Fehlers bei Vettel in der Aufwärmrunde zum Bahrain-GP). Alle bei Ferrari beteuern: Der Wagen biete genügend Entwicklungspotenzial, um im Laufe der Saison zu Leader Mercedes aufzuschliessen. Ich glaube es, wenn ich es sehe.

Red Bull Racing: So geht das
Weder Mercedes noch Ferrari waren 2015 gewillt, für die Saison 2016 neue Motoren für Red Bull Racing herauszurücken. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko: «Die haben Angst vor uns.» Die Furcht ist berechtigt, wie sich nun zeigt: Daniel Ricciardo ist nach drei vierten Rängen WM-Dritter, noch vor dem Ferrari-Duo, der Australier hat in China auf trockener Bahn ein Auto in die erste Startreihe gestellt, Daniil Kvyat ist im Rennen toller Dritter geworden. Toro-Rosso-Fahrer Carlos Sainz glaubt: «Red Bull hat das beste Chassis der Formel 1.» Aber ganz ohne Motor geht es auch nicht: Renault ist bei den Antriebseinheiten noch immer die Nummer 3 (hinter Mercedes und Ferrari), aber die Franzosen machen sichtlich Fortschritte. Wenn der Evo-Schritt durch ein verbessertes Triebwerk im Juni so gross ist, wie sich die Renault-Techniker das erhoffen, dann kann Red Bull Racing Ferrari den Rang als härtester Mercedes-Verfolger streitig machen.

Williams: Eine Enttäuschung
Williams jagt weiter das gleiche Ziel: Sich vom dritten WM-Rang (wie 2014 und 2015) zu verbessern und den ersten Sieg seit 2012 (Pastor Maldonado in Spanien) zu erobern. «Aber uns stehen drei Teams vor der Sonne», sagt GP-Veteran Felipe Massa. Dabei schönt der Brasilianer die Zwischenbilanz noch. Denn bisweilen müssen sich Massa und Valtteri Bottas auch mit den aufsässigen Fahrern von Haas, Toro Rosso und Force India herumschlagen. Auch wenn Williams in den bisherigen Rennen nicht vom Glück begünstigt war (Kollisionen, Safety-Car-Phasen), so erhärtet sich der Eindruck, dass die Briten derzeit nicht weiter vorrücken.

Haas: Die Sensation
Wer hätte damit gerechnet, dass die Formel-1-Neulinge von Haas nach den ersten zwei Grands Prix des Jahres den fünften Rang bei Marken und Fahrern (Romain Grosjean) belegen? In China kam das Team auf den Boden der Tatsachen zurück: Abstimmungsprobleme, erstmals 2016 keine Punkte. Dennoch kann Shanghai das gute Zwischenzeugnis nicht verderben. Haas hat sich prima in die Formel 1 eingefügt. Das Geschäftsmodell (möglichst viele Teile von einem Partner zu übernehmen, in diesem Falle Ferrari) ist richtig und wegweisend.

Toro Rosso: Auf Kurs
Technikchef James Key hat erneut ein hervorragendes Auto gebaut, Max Verstappen und Carlos Sainz danken es mit guten Rennen – fünf Punktefahrten in sechs Einsätzen, mit dem sechsten Platz von Verstappen in Bahrain als Highlight. Der Madrilene Sainz hält den vielgelobten Niederländer weiter auf Trab. Beide Fahrer machen hervorragende Arbeit. In dieser Form ist das Saisonziel von Teamchef Franz Tost – Platz 5 – nicht abwegig.

Force India: Die zweite Enttäuschung
Bei den Wintertests fuhr Force India eindrucksvolle Zeiten, aber nun konnte in sechs Einsätzen nur eine Punktefahrt gutgeschrieben werden (Hülkenberg Siebter in Melbourne). Force-India-Mitbesitzer Vijay Mallya hielt es für möglich, nach dem besten Team-Ergebnis 2015 (fünfter Schlussrang) um einen Platz vorzurücken. Davon ist der Rennstall aus Silverstone derzeit weit entfernt. Das gute Fahrverhalten des Autos aus dem Winter hat sich verflüchtigt, einige Rennverläufe entwickelten sich nicht zu Gunsten von Force India.

McLaren-Honda: Gut ist nicht gut genug
Schlechter als 2015 (zweitletzter WM-Rang) konnte es für McLaren-Honda nicht kommen. Das Team hat Fortschritte gemacht, aber ein gutes Chassis ist nicht gut genug. Der Motor ist noch immer nicht auf dem Leistungsniveau der anderen Antriebseinheiten in der Formel 1, und wenn Teamchef Eric Boullier davon spricht, dass die Briten bis Mai in Barcelona das beste Chassis im GP-Sport haben wollen, dann zeugt das höchstens von galoppierendem Zweckoptimismus. Woher soll so ein Riesenschritt nach vorne bitteschön denn kommen? McLaren hat sicher nicht das beste Auto, aber ein sehr sicheres: Fernando Alonso überstand den fürchterlichen Unfall in Australien mit verhältnismässig geringen Verletzungen.

Renault: Nachwirkungen von 2015
Im vergangenen Jahr ging der Lotus-Rennstall finanziell auf dem Zahnfleisch. Die Rechungen der Gläubiger stapelten sich, und wenn Renault das Team im Dezember nicht zurückgekauft hätte, wer weiss, ob die Briten aus Enstone heute am Start stehen würden. Doch die Probleme von 2015 sind die Wurzel des Übels 2016: Aus finanziellen Nöten mussten viele Entwicklungen auf Eis gelegt werden, das rächt sich nun. Wozu ein gutes Auto mit dem Renault-Motor fähig ist, beweist Red Bull Racing. Renault hat Schwierigkeiten mit einem wenig konkurrenzfähigen Chassis.

Sauber: Überlebenskampf geht weiter
Lotus ist von Renault gerettet worden, Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn kämpft Tag für Tag um das Überleben des viertältesten GP-Rennstalls Sauber. Immer wieder ist von interessierten Investoren und neuen Sponsoren die Rede, aber Aufatmen können die Hinwiler bislang nicht. Marcus Ericsson meint: «Im Grunde haben wir das gleiche Auto wie bei den Testfahrten.» Finanzielle Engpässe verhindern einen Entwicklungsrhythmus wie bei den Gegnern. Doch ohne neue Teile kommt Sauber vom zweitletzten WM-Rang nicht weg. Ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist.

Manor: Hut ab vor den Hinterbänklern
Ende 2014 schien Marussia am Ende zu sein, dann holte der Financier Stephen Fitzpatrick das Team aus der Insolvenz und brachte es 2015 als Manor-Marussia an den Start. Gefahren wurde damals mit einem modifizierten Vorjahresmodell, und das zeigte sich auch in den Ergebnissen: Manor-Marussia war Schlussleuchte und blieb als einziges Team ohne Punkte. Auf den ersten Blick scheint sich heute nichts geändert zu haben: Manor ist 2016 in der Tabelle WM-Letzter. Aber dank des Mercedes-Motors, dank technischer Hilfe von Williams und dank des schweren rechten Fusses von Mercedes-Zögling Pascal Wehrlein mischt Manor munter im hinteren Felddrittel mit. Das erste Ziel, den Anschluss ans hintere Mittelfeld zu schaffen, ist erreicht. Hut ab vor den Überlebenskünstlern.

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