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Gezerre um Regeln 2017: Formel 1 aus Erfahrung dümmer

Kolumne von Mathias Brunner
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und FIA-Präsident Jean Todt

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und FIA-Präsident Jean Todt

​Jeder Mensch hat das Recht darauf, Fehler machen zu dürfen. Es ist vielmehr wichtig, daraus etwas zu lernen. In der Formel 1 scheint das nicht der Fall zu sein.

Wir müssen es leider wiederholen: Die Formel 1 schiesst sich immer wieder selber in den Fuss, aus Erfahrung werden die Verantwortlichen nicht klüger, sondern dümmer, der Sport ist erneut aus den falschen Schlagzeilen in den Gründen. Es geht um Macht, um viel Geld, um den Unwillen, zum Wohle des Sports etwas ändern zu wollen. Weil jedem das eigene Hemd am nächsten ist.

Die Formel 1 rühmt sich, der professionellste Sport der Welt zu sein. Und dann das: Die Formel-1-Kommission war beim Krisengipfel zum Reglement 2017 in Biggin Hill (bei London) nicht beschlussfähig, weil offenbar Vertreter der Rennorganisatoren nicht rechtzeitig anreisen konnten.

Also bitte – wie schwierig kann es sein, eine derart wegweisende Sitzung so zu organisieren, dass alle wichtigen Leute am Tisch sitzen?

Der nächste Aufreger: FIA-Präsident Jean Todt hatte sich dafür stark gemacht, den Leasing-Preis der sündhaft teuren Turbo-Hybridmotoren (pardon, wir nennen das ja Antriebseinheiten) um rund die Hälfte zu kappen, auf maximal 12 Millionen Euro pro Saison. Beim Franzosen spielte da ein schlechtes Gewissen mit: Die FIA hatte es versäumt, beim Schritt in die Turbo-Ära von Anfang an eine Obergrenze einzuführen. Ergebnis: Einige Teams schlitterten in die Zahlungsunfähigkeit, Lotus stand am Rande des Bankrotts (bevor Renault den Laden zurück kaufte), Sauber kämpft anhaltend mit Schwierigkeiten.

Todt hatte klipp und klar gesagt: Die Motorhersteller müssen vier Bedingungen erfüllen, sonst wird der alte Plan eines Alternativmotors hervorgeholt (2,5-Liter-Turbo, keine Energierückgewinnung).

Die vier Bedingungen waren: Jedes Team muss Zugang zu Motoren haben. Die Motoren dürfen nur noch 12 Millionen Euro pro Jahr kosten. Die Leistung untereinander muss angeglichen werden. Auf vielfachen Wunsch der Fans sollen die Motoren mehr Krawall machen.

Und nun sickert von Gipfel in Lydden Hill durch – typisch Formel 1, alles wird ganz anders, April-April.

Auf einmal ist da die Rede von nur noch einer Verringerung in Höhe von einer Million Euro (für die Saison 2017), dann von drei Millionen ab 2018. Gleichzeitig jedoch soll den Teams vorgegaukelt werden, sie würden sparen: Weil ab 2018 nur noch mit drei Motoren und Fahrer pro Saison gefahren werden soll. Zudem liegt der Vorschlag auf dem Tisch, die Anzahl von Batterien und Steuereinheiten zu halbieren.

Jeder Kindergärtner kann ausrechnen: Saison 2016, fünf Motoren, rund 20 Millionen Leasing (der Betrag variiert je nach Motorpartner und –vertrag). Macht also zehn Motoren pro Team und Saison und damit gut 2 Millionen pro Antriebseinheit.

2018 dann: 17 Millionen, aber nur noch sechs Motoren insgesamt pro Team, macht also 2,8 Millionen pro Motor. Kann mir bitte jemand erklären, was daran günstiger sein soll?

Bislang schweigt sich FIA-Präsident Jean Todt dazu aus, wieso er einen solchen Vorschlag als akzeptabel verkaufen soll. Es drängt sich der Eindruck auf: Der Franzose steckt noch immer im Würgegriff der Motorhersteller. Und er findet kein Rezept, sich aus dieser unangenehmen Situation herauszuwinden.

Bereits beschlossen ist, dass das ungeliebte Wertmarkensystem zur Motorentwicklung (die so genannten Token) abgeschafft werden: Das System hat sich in der Praxis einfach nicht bewährt. Ab 2017 können die Motorhersteller wieder ohne Einschränkungen entwickeln.

Ist denn für die angestrebten neue Formel 1 alles verloren?

Nein.

Die Autos werden wirklich breiter, zwei Meter, um genau zu sein. Die Reifen werden fetter, hinten wird dann mit 40,5 cm gummiert (8 cm mehr als heute), vorne 30,5 cm (6 cm mehr als heute). Front- und Heckflügel werden breiter. Die GP-Renner sollen aggressiver aussehen, und das werden sie auch.

Immerhin etwas.

Aber schon jetzt warnen kluge Köpfe wie Williams-Technikchef Pat Symonds: «Eine um vier oder fünf Sekunden schnellere Formel 1 muss nicht zwangsläufig eine bessere Formel 1 sein. Das Grundproblem ist ungelöst. Die Autos sind aerdynamisch zu empfindlich. Deshalb kann sich ein Verfolger nur schwierig im Windschatten halten, deshalb sind wir auf Krücken wie den verstellbaren Heckflügel angewiesen.»

Auch hier also gilt: Viel gelernt haben die Regelstricker in den letzten Jahren nicht.

Und bevor ein Leser zu Recht den Mahnfinger hebt: Ja, ich weiss auch, dass FIA-Chef Todt teilweise Gefangener der eigenen Regelfindung ist.

Aber war es nicht die FIA, welche diese Entscheidungsstruktur eingeführt hat?

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