Michi Härtel: Volle Breitseite gegen Martin Smolinski

Von Ivo Schützbach
2017 holten Michael Härtel (13) und Martin Smolinski (14) für Deutschland Gold

2017 holten Michael Härtel (13) und Martin Smolinski (14) für Deutschland Gold

Sollte auch Michael Härtel für die Langbahn-Team-WM absagen, ist von der deutschen Weltklasse-Truppe kaum noch etwas übrig. Der 20-Jährige geht mit seinen Fahrerkollegen schonungslos ins Gericht.

Deutschland hätte nach wie vor die Fahrerqualität, um in der Langbahn-Team-WM um den Titel zu kämpfen. Aber der zweifache Weltmeister Erik Riss konzentriert sich auf den Speedway-Sport, Michael Härtel ist verletzt und sein Start in Morizes am 1. September sehr unwahrscheinlich, Lukas Fienhage sitzt nach seinem schweren Sturz in Bielefeld erst seit Kurzem wieder auf dem Motorrad und sämtliche anderen Spitzenpiloten haben Teammanager Josef Hukelmann abblitzen lassen.

Mit Danny Maaßen, der für Härtel einspringen wird, Fienhage, Jörg Tebbe und David Pfeffer ist Deutschland nicht zum Kreis der Medaillenanwärter zu zählen – Frankreich ist der unumstrittene Favorit.

«Das ist sehr sehr traurig, dass vom deutschen Team nichts mehr übrig ist», betonte Michael Härtel im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wenn man bedenkt, wie stark wir waren, was Deutschland immer für eine Langbahnnation war, acht von elf Titel hat Deutschland gewonnen. Wir waren immer extrem stark aufgestellt, ich teile die Meinung von Lukas Fienhage, die er im SPEEDWEEK-Artikel erzählte. Ich sehe das genauso wie er und kann ihm nur zustimmen. Das ist eine extrem schwache Leistung und es ist sehr traurig für den ganzen Sport, wenn man sich für so einen Event nicht zusammenreißt und sagt, dass man dort sein Team Deutschland vertreten muss. In den Einzelwettbewerben, die den Herren Smolinski und Dilger und wie sie heißen, zur Nase stehen, möchten sie auch fahren und möchten von Deutschland und für Deutschland einen Startplatz kriegen. Deshalb gehört es sich auch, nach Frankreich runter zu fahren, auch wenn das finanziell kein lukratives Geschäft ist. Wenn die Team-WM wieder in Deutschland ist, dann stehen wieder alle vor der Haustüre und möchten fahren.»

Der Dingolfinger, der sich seit Mitte Juni von einer komplizierten Hand-Operation erholt, weiter: «Wie es Erik Riss macht, ist in Ordnung. Ich finde es auch nicht richtig, dass man ihn immer mit ins Boot zieht, weil er zweimal Langbahn-Weltmeister und sehr erfolgreich war. Er sagt über längere Sicht, dass ihn Langbahn nicht interessiert und er Speedway fährt. Das ist seine Entscheidung, die kennt man. Aber Leute wie Smolinski und Dilger, die Langbahn fahren und in der Einzel-WM Startplätze wollen, fahren zu solchen Events nicht hin – das ist traurig. In anderen Sportarten gibt es die Frage gar nicht, ob ich für Deutschland oder für mein Land fahre. Weil es da so ist, wenn ich da nicht fahre, dann kann ich alles andere vergessen. Bei einer Teamveranstaltung muss man für sein Land fahren. Das ist eine Frage der Ehre. Und man kann es nicht anders machen, weil man sonst anderweitig extreme Nachteile hat. Bei uns ist das nicht der Fall.»

Während das Motocross der Nationen und das Speedway der Nationen zu den Saisonhöhepunkten ihrer Sportart zählen, ist die Langbahn-Team-WM ein Kunstprodukt, das keine Historie hat und wenig öffentliche Beachtung findet – der Titel ist kaum etwas wert.

Hinzu kommt, dass es für den WM-Titel nur 6600 Euro gibt. Geteilt durch vier ergibt das 1650 Euro pro Fahrer. Damit sind buchhalterisch korrekt nicht einmal die Kosten für die Autofahrt von Deutschland nach Südfrankreich und die Maut abgedeckt. Von Kosten für Verpflegung, Hotel, Reifen, Motoren und Verschleißteilen ganz zu schweigen.

«Irgendwo ist das so», stimmte Härtel zu. «Die Team-WM hat nicht den Stellenwert, die Verantwortlichen von der FIM, wie Thierry Bouin, geben aber alles und arbeiten hart dafür, um den Langbahn-Sport in ein bekannteres Licht zurück zu bringen. Sie wollen den Sport interessanter machen, durch die Livestreams und was sie alles machen. Es wird vielleicht nie so wie im Speedway, aber die Team-WM könnte so interessant werden, dass die Fahrer wieder fahren wollen. Das ist das Problem, dass die Fahrer nicht fahren mögen. Sie sagen, dass sie in Südfrankreich ein Minusgeschäft machen und der Titel hat beim letzten Mal auch nichts gebracht, also fahren sie nicht. Ich muss Stephan Katt ein Stück weit verteidigen, der sagt, dass Morizes nicht seine Bahn ist und er den Weg freimachen möchte für Junge. Das Problem ist, dass keine Jungen da sind und die Älteren wie Smolinski nicht nachziehen, die vom Niveau dort reingehören würden.»

«Es ist nicht richtig, dass die Fahrer machen können was sie wollen», meint Vizeweltmeister Härtel. «Sonst kriegt Smolinski auch, ich muss das jetzt banal ausdrücken, alles in den Arsch reingeschoben. Wenn er jetzt nicht in Morizes fährt, dann muss er deshalb einen klaren Nachteil haben. Im Speedway ist es ja auch so, dass einige hier und dort nicht fahren, aber trotzdem alles kriegen was sie wollen. Hier eine Wildcard und dort einen Startplatz – und geben aber nichts zurück. Das Geben und Nehmen hängt auf eine Seite, das ist nicht der richtige Weg.»

«Ein Jahr später, wenn es an die Nominierungen geht, dann interessiert es keinen mehr, wer in welcher Quali wohin gefahren ist. Dann wird wieder der Smolinski gefragt und der sagt ja, nein oder vielleicht. Die Funktionäre sind nicht konsequent und sagen ihm, dass er letztes Jahr nicht dabei war und jetzt dementsprechend einen Nachteil hat, der ihm auch weh tut. Dann denkt er beim nächsten Mal vielleicht darüber nach, weil es die Funktionäre durchgezogen haben und der Fahrer dann damit rechnen muss, dass er eventuell nicht bedacht wird.»

Die Startaufstellungen für Team-WM Morizes:

Deutschland: Michael Härtel, Lukas Fienhage, Jörg Tebbe, David Pfeffer.

Niederlande: Theo Pijper, Henry van der Steen, David Meijerink, Mark Beishuizen.

Frankreich: Mathieu Trésarrieu, David Bellego, Dimitri Bergé, Stéphane Trésarrieu.

England: James Shanes, Zach Wajtknecht, Chris Harris, Adam Ellis.

Schweden: Sebastian Alden, Anders Mellgren, Andreas Bergström, Robin Aspegren.

Tschechien: Josef Franc, Martin Malek, Hynek Stichauer.

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