Sandro Cortese: «2016 war meine schlimmste Saison»

Von Günther Wiesinger
Marcel Schrötter (links) und Sandro Cortese

Marcel Schrötter (links) und Sandro Cortese

Nach dem Moto3-WM-Titelgewinn von 2012 ging Sandro Cortese jahrelang mit zu hohen Erwartungshaltungen in die Moto2-Saison. Jetzt hütet er sich vor kühnen Prognosen.

Sandro Cortese, im Vorjahr nur WM-Fünfzehnter, hält vor seiner fünften Moto2-WM-Saison im Dynavolt Intact GP-Team den Ball flach, denn in den letzten zwei Jahren hatte er den Mund jeweils zu voll genommen und sich den Titelgewinn als Ziel gesetzt.

Die Bilanz des Berkheimers ist mager – drei Podestplätze in vier Moto2-Jahren.

Sandro, in deinen ersten vier Moto2-Jahren hat durchwegs die Konstanz gefehlt. Es gab immer Lichtblicke, besonders häufig in den Trainings, aber in den Rennen klappten nie drei oder vier starke Ergebnisse hintereinander.

Das ist richtig; an diesem Problem muss speziell gearbeitet werden. Wir müssen mit einem guten Ergebnis in die Saison starten und dieses Ergebnis nachher bestätigen.
Es bringt mir nichts, wenn ich ein Toprennen habe und dann wieder drei schlechte.
Es ist besser, sich kontinuierlich zu steigern und gut in den Saisonrhythmus reinzukommen. Dann wird es eine starke Saison. Ein, zwei gute Ergebnisse in den ersten fünf, sechs Rennen, das reicht nicht.

Deine fehlende Konstanz hatte auch mit den vielen Stürzen zu tun, die einerseits Vertrauen kosteten und anderseits oft zu Blessuren und Verletzungen führten?

Ja, das ist korrekt. Oft war ich im Training super, oft hatten wir super Wintertests, wir haben die Saison stark begonnen, aber dann habe ich mich zum Beispiel 2014 in Katar gleich verletzt. Das war 2015 ähnlich, 2016 habe ich mich extrem schwer getan. Danach habe ich mir 2016 nach dem Jerez-GP das Kreuzband gerissen...
Ich wurde oft durch Stürze, durch meine Fehler oder durch technische Probleme zurückgeworfen. Ich bin dann nie in einen Rhythmus gekommen. Das versuche ich 2017 zu ändern.

Letztes Jahr war im Sommer wochenlang unklar, ob dein Intact-Vertrag verlängert wird. Teammanager Jürgen Lingg sagte dann in Brünn: «Jetzt hat der Sandro begriffen, worum es geht.»

Ja. Letztes Jahr hat es sich wirklich gestaut. Der Jürgen und ich, wir haben inzwischen wieder zusammengefunden. Wir verstehen uns wieder so einwandfrei wie in der Vergangenheit.
Wenn die Erfolge nicht kommen, macht sich jeder selber Druck. Ich vertraue dem Jürgen zu 100 Prozent. Und ich bin auch froh, dass er mir noch einmal die Chance gegeben hat, mich dieses Jahr zu beweisen.
Nach dem langen, intensiven Gespräch in Brünn gingen meine Leistungen in der zweiten Saisonhälfte wieder bergauf, was für mich sehr wichtig war.
Noch schlimmer als 2016 kann es nicht werden. Das war die schlimmste Saison, die ich in meiner Laufbahn gehabt habe. Ergebnistechnisch und mental.

Mit Marcel Schrötter hast du einen neuen Teamkollegen. Er wird dir weniger Kopfzerbrechen machen als Jonas Folger?

Für Marcel ist in diesem Jahr einiges neu, er hat ein neues Fabrikat und ein neues Team. Es ist ein bisschen ähnlich wie bei mir. Ich bin zwar in dem Team geblieben, aber meine Crew hat sich zu 100 Prozent geändert, die Suter ist neu. Wir werden versuchen, super Ergebnisse einzufahren.
Es ist das Ziel jedes Rennfahrers, den Teamkollegen zu schlagen. Das wird auch 2017 so sein. Aber Marcel ist ein super Kerl; wir kommen gut miteinander aus. Das passt schon.

Du wirst mir also keine Zielsetzung für 2017 verraten?

So ist es. Ich will keine Prognose abgeben. Es war falsch in den letzten Jahren, sich durch solche Aussagen Druck aufzubauen.
Mit viel Arbeit kommt von allein eine gute Saison zustande.
Es bringt nichts, wenn ich jetzt sage, ich will Fünfter werden.
Ich will mit einem guten Ergebnis in die Saison starten, diese Leistung bestätigen und dann darauf aufbauen. Wenn wir das bis zum Saisonende durchziehen, wird auch die Endplatzierung gut sein.
Ich will jetzt nicht behaupten, ich möchte die ersten drei Rennen gewinnen. Man muss Realist sein. Die Konkurrenz ist extrem hart. Tom ist der klare Titelfavorit, dann kommen Morbidelli und Nakagami.
Klar, es sind Zarco, Rins, Folger und Lowes aufgestiegen. Aber es rücken andere Fahrer nach, die in diesem Jahr auf dem gleichen Niveau sein werden.
Man muss hart kämpfen, um ausgezeichnete Ergebnisse einzufahren.

Du hast als Moto3-Weltmeister von 2012 lange Zeit geglaubt, es müsse in diesem Stil weitergehen. Du warst zum Beispiel 2014 in Katar Quali-Zweiter, bist aber im Rennen verletzt angetreten. Dann war das erste Saisondrittel verpfuscht.

Diese Verletzung hat sich extrem lange hingezogen. Als ich endlich gesund war, habe ich mir das Fersenbein am selben Fuß wieder gebrochen.
Man muss konzentriert bleiben, man darf keine Fehler machen, man darf nicht leichtsinnig werden.

Deine Titelfavoriten für die Moto2-WM?

Für mich ist Tom Lüthi ganz klarer Favorit. Er ist 2016 eine sehr starke zweite Saisonhälfte gefahren. Morbidelli, Nakagami – es gibt viele, die für super Platzierungen in Frage kommen.

Wer wird der beste Intact-Fahrer werden?

Sandro Cortese. (Er lacht herzlich).

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