MotoGP im Fernsehen: Pay-TV-Sender im Vormarsch

Kolumne von Günther Wiesinger
In ganz Europa werden die Karten hinsichtlich der MotoGP-TV-Übertragungen neu gemischt. Der Vertrag von Sport1 läuft Ende der Saison 2014 aus.

In Deutschland hat Sport1 (vormals DSF) erstmals in der Saison 2009 übertragen, der zweite Drei-Jahres-Vertrag läuft Ende 2014 aus. Die Einschaltquoten bei Sport 1 bleiben hinter den Erwartungen, somit auch die Werbeeinnahmen.

Sport1 soll für die deutschen TV-Live-Rechte 3,5 Millionen Euro für die Jahre 2012, 2013 und 2014 bezahlt haben, also knapp 1,2 Mio pro Saison. Die Preis- und Sendezeitvorstellungen der Dorna sind ohnedies gesunken. Vom ZDF wollte die Dorna vor zehn Jahren mal 3 Mio US-Dollar im Jahr mit Sendeverpflichtung für alle Rennen im Hauptprogramm.

Momentan werden beim TV-Rechte-Inhaber Dorna in Spanien die vorliegenden Angebote für die Jahre nach 2014 evaluiert. Spätestens im April soll ein neuer Abschluss bekannt gegeben werden. Bei Sport1 ist von zähen Verhandlungen die Rede, denn es gibt bisher keinen konkreten Mitbieter, der einen Teil der Kosten übernehmen will.

Sport1: Kollisionen mit Doppelpass

Dorna-TV-Manager Manel Arroyo ist von der Qualität der Sport1-Übertragungen offenbar nicht begeistert. Auch die häufigen Aufzeichnungen statt Live-Sendungen der Moto2- und Moto3-Rennen wegen der Fussball-Talk-Sendung «Doppelpass» am Sonntag sind den Spaniern ein Dorn im Auge.

In der deutschen TV-Branche sind die Experten sehr gespannt, wie sich die Situation in Grossbritannien mit dem neuen 5-Jahres Vertrag entwickelt. «BT Sport» muss zuerst einmal eine Fangemeinde aufbauen, die bereit ist, die monatliche Abosumme zu bezahlen. Sie liegt bei 18 Euro pro Monat für das erweiterte Fußball/Motorsport Paket.

Viele MotoGP-Fans leisten sich lieber das Dorna-Internet-TV-Jahresabo mit englischem Original-Kommentar für Euro 79,95 (pre-season-Tarif).

BT Sport rühmt sich mit sehenswerten Premiere League/Champions League-Einschaltzahlen. Aber diese halten sich mit maximal 1 Million Zuschauern im Vergleich zum Free-TV auch in überschaubaren Grenzen.

Insider gehen davon aus, dass BT Sport die MotoGP-Zahlen 2014 gar nicht veröffentlichen werden!

Die TV-Zuschauer werden sich immer mehr mit Pay-TV-Konzepten anfreunden müssen. Dieses System macht jetzt auch in Spanien die Runde. Dort werden 2014 erstmals neun Grand Prix kostenlos zu sehen sein, neun weitere WM-Rennen im Pay-TV-Kanal von MoviStar TV.

Telecinco übertrug in Spanien 2013 noch alle Rennen kostenlos, 2014 nur noch die Hälfte.

Deutsche Experten rechnen damit, dass irgendein wild gewordener Pay-TV Sender plötzlich auch in Deutschland das Dreifache des üblichen Marktpreises bietet und Sport1 auf diese Weise aus dem Rennen wirft.

Italien: SKY kassiert ab

In Italien müssen sich die TV-Fans in diesem Jahr ebenfalls ans Pay-TV-Konzept gewöhnen. Wer in Italien 2014 bei SKY zuschauen will, wie sich Ducati, Rossi, Iannone und Co. sowie die italienischen Teams in den Klassen Moto3 und Moto2 aus der Affäre ziehen, muss zuerst einmal den Basisvertrag unterschreiben, der auch einige Fussballspiele enthält. Dafür werden 29.90 Euros pro Monat fällig, dazu 5 Euros zusätzlich, wenn man High Definition-Qualität haben möchte.

Dabei handelt es sich aber um ein Lockvogel-Angebot. Ab dem 13. Monat steigen die Gebühren leicht an. Der Decoder ist kostenlos, aber die einmaligen Kosten für die Smart Card und die Lieferung des Decoders liegen bei 19 Euro.

Die Dorna sieht sich mit einer schwierigen Aufgabe konfrontiert. Sie muss mit den TV-Rechten Geld verdienen und dazu das Produkt erfolgreich weiterentwickeln in Zusammenhang mit den eigenen motogp.com-Aktivitäten. Und trotzdem dürfen die Zuschauer nicht verärgert werden!

Es deutet vieles darauf hin, dass Sport1 seine TV-Exklusivität in Deutschland für 2015 verlieren wird. Sport1 bietet – so ist zu hören – weniger Geld für die Rechte und wird auch seinen Produktionsaufwand bereits 2014 deutlich runterfahren. Die Übersee-Rennen werden vom deutschen Studio aus kommentiert.
So werden sich die TV-Quoten bei Sport1 trotz deutscher Erfolge auch 2014 nicht spürbar und kontinuierlich nach oben entwickeln.
Nach dem RTL-Desaster wird sich kein grosser Sender in Deutschland die MotoGP-WM antun. Somit gibt es kein Potential für Top-Quoten im nationalen TV.

Deshalb will die Dorna ein zweites Standbein in Deutschland etablieren, sei es im Pay-TV (SKY) oder mit einem zweiten Free-TV Sender wie SAT.1 oder Kabel1.

Gleichzeitig will man den eigenen motogp.com-Service weiter entwickeln. Die Dorna hält sich auf diesem Sektor mit den Zahlen gerne bedeckt. Vermutlich werden im deutschsprachigen Raum rund 30.000 Abos zu Saison-Ticketpreisen von Euro 80,- bis 110,-) verkauft, Tendenz leicht steigend.

Die ersten fünf MotoGP Rennen in Spanien (Free-TV Tele5) haben 2013 folgende Quoten erzielt:

 Rennen  Zuschauer  Marktanteil
 Doha 4.511.000 Mio
25,2%
 Austin 4.062.000 Mio
23,7%
 Jerez 3.284.000 Mio
35,2%
 Le Mans 3.958.000 Mio
35,3%
 Mugello 3.183.000 Mio
31,7% 

Das entspricht in etwa den ARD/ZDF-Marktanteilen von Fussball-Länderspielen in Deutschland!

Zum Vergleich Pay-TV:

MoviStar TV (Ableger Telefónica), die ab 2014 «semi-exklusiv» (neun Rennen) und ab 2015 exklusiv im spanischen Pay-TV übertragen werden, bringt es aktuell mit Mühe auf ca. 600.000 Subscriber, etwa 100.000 weniger als 2012.

Die Wirtschaftskrise schlägt in Spanien gewaltig durch und bringt die Pay-TV Sender in Zugzwang. Dazu kommt: Von den aktuell 600.000 Abonnenten werden längst nicht alle bei Motorradrennen einschalten.

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