Aki Ajo: Erfolg mit Zuckerbrot und Peitsche

Kolumne von Günther Wiesinger
Der Finne Aki Ajo hat in den letzten neun Jahren mit seinen Teams sechs Fahrer-WM-Titel gewonnen – 2016 gleich zwei. Wie lautet sein Erfolgsgeheimnis?

Der finnische Teambesitzer Aki Ajo hat uns in der Moto3-WM-Saison 2012 mehrmals erzählt, er sei dabei, dem spanischen Hitzkopf Luis Salom ruhiges, finnisches Blut zu injizieren, um dem inzwischen tödlich verunglückten Red Bull KTM-Werksfahrer während der Rennen zu mehr Gelassenheit, Ruhe und Übersicht zu verhelfen.

Meistens wirkt Aki Ajo, der ehemalige Rennfahrer und leidenschaftliche Teamchef, ungeheuer unerschütterlich und nervenstark.

Aber nach dem Titelgewinn von Brad Binder beim Aragón-GP im September 2016 gingen auch mit Aki Ajo die Emotionen durch. Der Teamchef gab mit brüchiger Stimme die ersten Interviews.

Kein Wunder, denn in der Moto3-WM war er in den Jahren mit seinen Titelanwärtern Luis Salom, Jack Miller und Miguel Oliveira dreimal hintereinander beim Finale knapp gescheitert.

Besonders schmerzhaft war der Titelverlust 2016, denn der Portugiese Oliveira hatte nach dem Misano-GP 110 Punkte auf den späteren Weltmeister Danny Kent wettgemacht und den Fight schließlich nur um sechs Punkte verloren.

Aki Ajo betonte vor zwei Monaten beim Aragón-GP, der Titelgewinn sei im Motorsport nicht das Wichtigste.

Aber das war nur die halbe Wahrheit.

Wer mit Mike di Meglio (2008), mit Marc Márquez (2010) und mit Sandro Cortese (2012) dreimal Weltmeister in der kleinsten Klasse war, der will sich nicht mit Almosen zufrieden geben, schon gar nicht, wenn langjährige treue Partner wie KTM und Red Bull und WP Suspension hinter diesem Projekt stehen.

Aki Ajo hat sich auf ein Risiko eingelassen, als er sich für 2012 mit der Offroad-Firma KTM auf das Moto3-Abenteuer einließ, während die meisten anderen Teambesitzer auf Honda setzten – oder Kalex-KTM, weil sie dem Gitterrohrstahlrahmen und der WP Suspension misstrauten.

Aber das Risiko hat sich gelohnt. Kein Hersteller war in den fünf Moto3-Jahren erfolgreicher als die Innviertler, die drei Fahrer-Titel und vier Marken-WM-Titel gewannen.

Aki Ajo hat gelernt, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. 2014 betrieb er noch drei getrennte Moto3-Teams mit zwei Marken (KTM und Husqvarna) und mit fünf Piloten. 2016 setzte er nur noch zwei Moto3-Faher ein – Binder und Bendsneyder. 2017 werden es Antonelli und Bendsneyder ein.

Dafür ist Ajo Motorsport seit 2015 auch in der Moto2-WM aktiv – mit einem 100-prozentiger Erfolgsquote. Zwei Jahre, zwei Titelgewinne und nicht weniger als 15 Moto2-GP-Siege mit Johann Zarco, eine einmalige Bilanz, die alle Gegner vor Neid erblassen lässt.

Damit ist Aki Ajo längst zum erfolgreichsten Teambesitzer in den kleinen Klassen avanciert. Er stellt Aspar Martinez, Sito Pons, Emilio Alzamora und Fausto Gresini den Schatten, auch wenn diese Herrschaften als Rennfahrer wesentlich erfolgreicher waren als Aki, der als GP-Fahrer nie einen WM-Punkt ergattert hat.

Diese Moto2-Erfolge mit Johann Zarco haben Aki Ajo zum nächsten Schritt geführt. Er bildet 2017 für KTM und Red Bull das neue Moto2-Werksteam mit den vielversprechenden Piloten Brad Binder und Miguel Oliveira.

Natürlich hat auch Aki Ajo nicht immer das Maximum aus seinen Schützlingen herausgeholt. Danny Kent zum Beispiel blühte erst 2015 bei Leopard auf.

Aber Ajo hat auch aus aussichtslosen Fällen schon Titelanwärter geformt. Für 2016 gab es mindestens drei Fahrer, die höher eingeschätzt wurden als Brad Binder. Wer hätte dem Südafrikaner diese beispiellose Siegesserie mit sieben GP-Erfolgen 2016 zugetraut?

Deshalb könnte es dem Ajo-Team auch 2017 gelingen, mit Niccoló Antonelli die erste Moto3-Geige zu spielen. Der Italiener hat immerhin schon drei Grand Prix gewonnen... Binder war vor einem Jahr ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt.

Über sein Erfolgsgeheimnis will Aki Ajo nicht reden. Aber er führt ein hartes Regime, er agiert mit Zuckerbrot und Peitsche. Selbst sein Sohn Niklas durfte 2014 im Husqvarna-Ajo-Werksteam mit keinen familiären Vergünstigungen oder mit übertriebener väterlicher Zuneigung rechnen. Aki verbat sich jede Bevorzugung.

Wer erfolgsorientiert arbeitet, wer Akis Zielstrebigkeit teilt und die nötige Angriffslust an den Tag legt, genießt bei Ajo Motorsport ein herrliches Leben.

Wer die hohen Ansprüche nicht erfüllt, muss gehen. Das haben zweifellos hoch talentierte Fahrer wie Jonas Folger, Arthur Sissis, Danny Kent, Karel Hanika und andere zu spüren bekommen.

Ob die erfolgreiche Marke «Ajo Motorsport» irgendwann auch in der MotoGP-WM eine Rolle spielen wird, lässt sich schwer einschätzen.

Als gewiefter und manchmal schlitzohriger Geschäftsmann weiß der Weltmeister-Macher, dass sich so manche Kollegen in der Königsklasse finanziell schwer verausgabt haben – man denke nur an Luis d'Antin, an das Interwetten-Team von Dani Epp 2010, an Martinez und Forward.

Von den Erfolgsaussichten gar nicht zu reden.

Seit «Aspar» Martinez ein MotoGP-Team betreibt, kann er sich kein Moto2-Team mehr leisten und in der Moto3 nicht mehr um den Titel kämpfen. Er ist auf kostenloses Mahindra-Material agewiesen.

Ajo hat in den beiden kleinen Klassen 2017 die Weltmeisterschaft gewonnen. Er kann auf die MotoGP vorläufig gut verzichten.

Der Finne hat sogar den Finnland-GP wieder zurück auf den Kalender gebracht – 2018 oder 2019 wird auf dem neuen Kymi-Ring gefahren.

Deshalb werden jetzt zwei finnische Rennfahrer für die WM aufgebaut. Patrick Pulkkinen fährt 2017 bei Peugeot die Moto3-WM. Und Supersport-WM-Talent Niki Tuuli sollte 2018 einen Platz in der Moto2-WM finden.

Die Betreiber des Kymi-Rings sollten Aki ein Denkmal setzen.

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