Philipp Öttl: «Ich hatte noch nie so viel Spaß!»

Von Sharleena Wirsing
Philipp Öttl sicherte sich in Le Mans sein erstes Top-10-Resultat seit Valencia 2013 – von Startplatz 33 aus! SPEEDWEEK.com bat den Bayern aus dem Schedl-Team zum Interview.

Im Moto3-Rennen von Le Mans wurde den deutschen Fans eine spannende Aufholjagd von Philipp Öttl geboten. Da das Qualifying nach wenigen Minuten durch Regen gestört wurde, reichte Fabio Quartararos zweite Rundenzeit für die Pole. Neben WM-Leader Danny Kent war auch Philipp Öttl einer der Leidtragenden – Startplatz 33. Doch am Sonntag zeigte der 19-Jährige ein grandioses Rennen und preschte von Startplatz 33 auf Rang 10 nach vorne.

Im Qualifying von Le Mans erwischte der Regen viele Fahrer, darunter auch Danny Kent und du, genau zum falschen Zeitpunkt. Für dich bedeutete das Startplatz 33. Was passierte genau?

Wir fuhren in der Mitte des Fahrerfeldes raus auf die Strecke. Dann begann der Regen, daher musste gleich die erste Runde schnell sein. Doch man konnte kaum einschätzen, wie nass es war. Es hat nicht nur mich erwischt, sondern auch erfahrenere Piloten. Das kann einfach mal passieren.

Trotzdem warst du bitter enttäuscht.

Ja, weil die Trainings sehr gut liefen. Wir waren immer unter den Top-20 mit Tendenz nach vorne, denn ich war auch 15. und 11., aber dann haben wir so ein Qualifying abgeliefert. Das war natürlich enttäuschend.

Welches Ziel hast du dir vom 33. Startplatz aus gesetzt?

Ich habe gesagt, dass wir um jeden Punkt froh sein müssen, den wir im Rennen einfahren können. Auch dann hätte keiner etwas Schlechtes gesagt. Es wäre trotzdem ein hohes Ziel gewesen, denn dafür hätte ich schon 18 Plätze aufholen müssen. Es war klar, dass ich für jeden Punkt ein sehr gutes Rennen fahren muss.

Dann kam es im Rennen aber noch besser. Du hast eine fehlerlose Aufholjagd gezeigt und sogar ein Top-10-Ergebnis erzielt!

Ja, das Rennen war wirklich gut. Anfangs war es etwas schwer, weil ich zuerst Brad Binder und dann Efren Vazquez ausweichen musste. Dann war nur noch Karel Hanika hinter mir. Als Tonuccis Maschine kaputt ging, musste ich nochmal ausweichen, habe die Außenlinie erwischt und war 1,5 sec hinter Hanika. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich: ‹Jetzt fahre ich das Rennen zu Ende und dann sehen wir weiter.› Doch dann fand ich einen guten Rhythmus und steigerte mich weiter. Das Bike hat sehr gut funktioniert.

Wir fuhren mit M-Reifen, also die härtere Mischung. Das passte sehr gut für diese Temperaturen. Viele fuhren auch mit den S-Reifen, das war für vorne sicher keine schlechte Idee, aber für hinten waren die Temperaturen zu hoch. Wir haben uns für den M-Reifen entschieden, weil wir wussten, dass er ganz sicher durchhält. Er gab mir ein gutes Gefühl, obwohl ich in den Trainings mit dem weicheren Reifen schneller war. Doch der M-Reifen gab mir viel Stabilität. Es war bisher das einzige Moto3-Rennen bei dem so unterschiedliche Reifenkombinationen gefahren wurden. Diesmal war es bunt gemischt. Ich hatte für mich eine gute Wahl getroffen, obwohl wir am Start natürlich geschaut haben, was die anderen machen.

Die endgültige Reifenwahl war sicher nicht leicht zu treffen, nachdem die Temperaturen für das Rennen im Vergleich zum Warm-up stark anstiegen?

Ja, im Warm-up war es wirklich arschkalt – das muss man so sagen. Im Rennen kam die Sonne raus, es wurde schnell warm. Daher haben wir uns für den M-Reifen entschieden, das war richtig.

Was wäre von einem besseren Startplatz aus für dich möglich gewesen?

Das weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass ich in der Endplatzierung weiter nach vorne gekommen wäre, denn die Gruppe, die am Ende vor mir lag, war schon weit weg. Meine Rundenzeiten waren wirklich gut – besser als im Training. Dann habe ich mich an die Gruppe direkt vor mir herangefahren. Ich habe versucht, mich nach vorne zu kämpfen. Erst hat das gut funktioniert, dann wurde ich jedoch wieder etwas zurückgereicht. Ich wusste aber, dass ich nach vorne muss, denn es waren nicht mehr viele Runden. Vier Runden vor Schluss war ich dann Erster in meiner Gruppe und wusste, dass ich schneller bin als die anderen. Hinfahren ist immer etwas einfacher, als sich dann durch die Gruppe zu kämpfen. Dann habe ich extrem gepusht, damit ich etwas wegkomme. Denn im letzten Sektor auf der Gegengeraden rückten sie immer wieder näher, deshalb musste ich in den Kurven Zeit gutmachen. Das hat gut funktioniert. Am Ende konnte nur noch Ono mithalten, doch ich legte noch einen drauf, bis er abreißen lassen musste.

Du hast einen klaren Aufwärtstrend gezeigt und Startplatz 5 in Jerez war der Durchbruch, was du in Le Mans bestätigt hast. Was führte dazu?

Es spielt sehr viel zusammen. Die KTM gibt mir ein besseres Gefühl als im letzten Jahr die Kalex-KTM. Das letztjährige Bike war sicher nicht schlecht, aber es spielen auch andere Dinge eine Rolle. Ich war sicher in einem schwierigen Alter, ich kam nicht zurecht, die Erwartungen waren hoch. Darauf konnte ich mich nicht so einstellen. Wenn ich lockerer geblieben wäre... Aber das ist jetzt egal, denn es funktioniert wieder.

Über den Winter habe ich an mir gearbeitet, das Team blieb gleich. Da brauchte es keine Veränderungen, denn mein Crewchief stellt das Motorrad immer gut ein. Doch man braucht einen Fahrer, der das umsetzen kann. Wenn dieser nicht in der Lage ist, es umzusetzen, dann muss man an ihm arbeiten und nicht Leute aussortieren. Das haben wir richtig gemacht.

Mein Training war schon immer gut, aber wir haben im Winter den mentalen Bereich etwas mehr forciert. Das machte auch einen Unterschied, aber man kann es nicht nur darauf zurückführen. Mein Team, das Bike und die Stimmung sind gut. Wenn man ein gutes Gefühl hat, dann läuft es. Wenn die Ergebnisse stimmen, ist die Stimmung automatisch besser. Wir haben Freude daran, was wir tun. Das ist wichtig.

In Le Mans sorgte Romano Fenati für den ersten KTM-Sieg in diesem Jahr. Davor war das Honda-Paket klar überlegen. Was fehlt KTM noch?

Ich denke, das Paket ist schon gut. Ich hatte nie Probleme mit der KTM. In Le Mans habe ich gehört, dass alle Bikes von KTM alle etwas schneller waren. Das kann ich auch von mir sagen, das Bike ging richtig gut. Aber ich glaube der Unterschied zu Honda ist gering. Das Bike funktioniert vom Fahrwerk her gut, daher brauchen wir keine große Änderung, damit ein KTM-Fahrer gewinnen kann. Honda hat mit Kent, Vazquez und Quartararo richtig starke Fahrer. Doch auch KTM hat gute Piloten, daher werden wir in dieser Saison noch viele KTM-, Honda- und auch Mahindra-Siege sehen. Es wird im Kampf um die Marken-WM spannend.

Haben sich deine Ziele verändert, nachdem es jetzt so gut läuft?

Nein, ich habe noch immer kein konkretes Ziel. Ich nehme Rennen für Rennen und will stark sein. Ich will Spaß an dem haben, was ich tue. Und im Moment habe ich das. So einen Spaß hatte ich mit einer Rennmaschine noch nie, auch nicht 2013 mit der Kalex-KTM. Ich habe mehr Spaß als zuvor, daher muss ich derzeit meine Ziele nicht ändern. Wenn mal ein 16. Platz herauskommt, weiß ich, woran es liegt. Wenn ein ganz gutes Ergebnis gelingt, wissen wir es auch. Derzeit können wir gut einschätzen, warum es so läuft.

Vor dem Grand Prix in Le Mans hast du noch fleißig Supermoto trainiert. Legst du nun öfter solche Trainings zwischen den Rennen ein?

Ja, ich war ab Sonntag vor Le Mans in Österreich, genauer in Wöllersdorf bei Wien, beim Supermoto-Training. Ich werde das nicht immer zwischen den Grands Prix machen, aber wenn sich eine Möglichkeit ergibt, dann versuche ich schon, einmal in der Woche auf dem Motorrad zu sitzen. Es ist nicht zwingend notwendig, aber ich versuche das, denn wir haben hier viele Trainingsmöglichkeiten für Supermoto oder Motocross.

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