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Aerodynamik-Auswüchse: Was KTM für dieses Jahr plant

Von Ivo Schützbach
Nach dem Winglets-Verbot erforschen die MotoGP-Hersteller, wie sie vom verlorenen Anpressdruck etwas zurückgewinnen können. KTM-Teammanager Mike Leitner hat eine spezielle Meinung zu dem Thema.

Pro Saison darf jeder Hersteller in der MotoGP-WM nur zwei Verkleidungen pro Fahrer homologieren. So wird vermieden, dass zu jedem Rennen ein neues Aerodynamik-Paket gebracht wird. Nur Newcomer KTM hat von der Grand Prix Commission (GPC) eine Ausnahmebewilligung erhalten. «Jedes Werk kann im ersten MotoGP-Jahr so viele ‹Aero Body Evolutions› bringen wie es will», erläuterte Danny Aldridge, der Technische Direktor im Grand-Prix-Sport. «KTM ist 2017 als einziger Hersteller das erste Jahr dabei.»

Es ist zu erwarten, dass Aprilia, Ducati, Honda, Suzuki und Yamaha eine traditionelle, möglichst windschlüpfige Verkleidung homologieren lassen, und eine, die mehr Abtrieb produziert.

«Wir müssen erarbeiten, auf welchen Rennstrecken man eine Verkleidung mit mehr Anpressdruck braucht», hielt Aprilia-Rennchef Romano Albesiano fest. «Das ist wie im Automobil-Rennsport, da fährt man auch nicht in Monza und Monte Carlo mit der gleichen Aerodynamik-Konfiguration.»

Während Yamaha und Suzuki Verkleidungen mit innenliegenden Flügeln konstruiert haben, hatte Aprilia eine andere Idee. Die neue Front der RS-GP weist zwei große Luftschächte auf, welche wie der Frontflügel eines Rennwagens funktionieren und für mehr Anpressdruck am Vorderreifen sorgen.

Optisch gleichen die Luftschächte einer Idee, die Suzuki vor über 20 Jahren hatte, genannt RamAir. Dabei wird der Fahrtwind über Lufteinlässe in der Motorradfront kanalisiert und dem Motor zugeführt. Bei hoher Geschwindigkeit bekommen die Brennräume mehr Luft, dadurch kann mehr Benzin verbrannt werden, was zu einer Leistungssteigerung führt. Erstmals kam dieses System bei der Suzuki GSX-R 750 im Modelljahrgang 1996 zum Einsatz.

Damit hat die Aprilia-Lösung aber nichts zu tun. Dem Hersteller aus Noale geht es nicht um Motoraufladung, sondern um mehr Anpressdruck. Technical Director Aldridge hat diese Lösung auf Anfrage von Aprilia für regelkonform befunden.

Die Winglets-Vorschrift ist im gelben Regelbuch des Motorrad-Weltverbands FIM sehr kurz und allgemein gehalten. «Objekte, Hilfsmittel, Formen oder Profile, die aus der Verkleidung oder aus der Karosserie oder aus dem Fahrzeug (wörtlich: bodywork) herausragen und nicht Bestandteil der Stromlinienform (des «body streamlings») sind (zum Beispiel: Flügel, Finnen, Ausbuchtungen etc.) und die einen aerodynamischen Effekt erzeugen können, sind nicht erlaubt», ist da zu lesen.

Doch was versteht man unter einer Ausbuchtung? Bei welchem Umfang beginnt sie?

Laut Reglement hat Aldrigde das letzte Wort. Er kann umstrittene aerodynamische Hilfsmittel jederzeit verbieten. «Die Vorschriften treten erst beim ersten offiziellen GP-Training am Donnerstag in Katar in Kraft», hielt er fest. «Bis dahin müssen die Motorräder und die Motoren homologiert sein, auch die Aerodynamik.»

Während bei den etablierten MotoGP-Herstellern das Thema Verkleidung seit Monaten ein großes ist, setzt Rookie KTM derzeit andere Prioritäten, wie Teammanager Mike Leitner im Gespräch mit SPEEDWEEK.com verriet.

Mike, hast du dir die neue Aprilia-Verkleidung angesehen?

Ja, ich habe ein paar Sachen gesehen. Witzig ist, dass im Phillip-Island-Test die meisten mit der Standard-Verkleidung fuhren. Jeder probiert verschiedene Wege, Yamaha fuhr aber auch mit der Standard.

Jetzt hat sich ja das Regelwerk geändert, zum ersten Rennen in Doha musst du eine Verkleidung homologieren, eine zweite kannst während der Saison machen. Da musst du sicher auf verschiedenen Strecken verschiedene Sachen probieren.

Schauen wir mal, was jeder für Doha homologiert. Ich schätze, jeder bringt eine Standard und eine Spezial.

Wie schaut es bei euch aus, arbeitet ihr auch an einer Spezialverkleidung mit mehr Anpressdruck?

Klar arbeiten wir daran, man kann aber nicht alles zur gleichen Zeit machen. Wir probieren Sachen, auf Phillip Island hatten wir auch zwei verschiedene Topverkleidungen mit und andere Kotflügel. Aber wir stehen mit unserem Projekt an einem ganz anderen Punkt, als zum Beispiel Yamaha.

Ist der Weg zielführender, wie ihn Aprilia eingeschlagen hat, sie erhalten mehr Anpressdruck durch Luftkanäle an der Frontverkleidung, oder bringen die in der Verkleidung montierten Flügel mehr, wie sie Yamaha und Suzuki haben? Oder werden diese Lösungen schon bald kombiniert?

Ich will mich nicht hinauslehnen, aber ich glaube, dass wir am Ende viele konventionelle Verkleidungen sehen werden. Ich tippe auf konventionelle Verkleidungen mit kleinen Modifikationen. Ich kann mir fast nicht vorstellen, dass da ganz wilde Sachen kommen.

Es ist ja so: Alles was etwas bringt, birgt auch einen Nachteil in sich. Wenn ich ein riesen Flügelwerk draufbaue, dann nimmt mir das irgendwann Topspeed. Ich weiß auch nicht, ob das über die ganze Runde etwas bringt.

Schau dir Honda an, die fahren bis jetzt relativ konservativ. Sie hätten die Ressourcen und das Wissen, vielleicht kommen sie in Doha mit einer Überraschung.

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