Audi Group will Ducati jetzt zum Verkauf anbieten

Von Günther Wiesinger
Ducati und Audi: Bald wieder getrennt?

Ducati und Audi: Bald wieder getrennt?

Die ersten Vermutungen tauchten bald nach Beginn des Dieselskandals auf, jetzt ist aus deutschen Wirtschaftskreisen durchgesickert: Die Audi Group denkt über einen Verkauf von Ducati nach.

Schon bald nach dem Auffliegen des Dieselskandals im September 2015 wurden in der Volkswagengruppe Gerüchte laut, der VW-Konzern überlege einen Verkauf der italienischen Motorradmarke Ducati. Als dann zum Kostensparen im Herbst 2016 die Teilnahme an der Rallye-WM gestrichen wurde und das Audi-Sportwagen-Projekt samt 24h-Le-Mans-Teilnahme, kam der ohnedies umstrittene Ducati-Deal wieder auf den Prüfstand.

Aber im Jahr 2016 dementierte Claudio Domenicali, Chief Executive Officer (CEO) der Ducati Holding, alle diesbezüglichen Vermutungen.

Und Audi-Chef Rupert Stadler, zu dessen Audi Group neben Italdesign Giugiaro auch Ducati gehört, warf sich für Ducati in die Bresche. Er gab den Italienern Rückendeckung. Aber Stadler steht inzwischen selbst mit dem Rücken zur Wand.

Jetzt wird in deutschen Wirtschaftskreisen mi handfesten Hinweisen berichtet, der Mutterkonzern VW habe bereits die Investmentbank Evercore beauftragt, einen Käufer für die Traditionsmarke Ducati zu finden.

Seit 2012 gehört der Motorrad-Hersteller zu Audi. Der Kauf war eine Idee des ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piëch; es wurde ein Kaufpreis von 850 Millionen Euro kolportiert.

Ducati befand sich nach der weltweiten Wirtschaftskrise nach 2008 eine Zeitlang in den roten Zahlen, hat aber durch die Ausweitung der Produktpalette inzwischen wieder die Gewinnzone erreicht.

Technik-Freak Ferdinand Piëch hatte den Kauf von Ducati gegen alle Widerstände im Konzern durchgesetzt. Die zwölfte Marke passte nicht gerade ideal in das Vierrad-Imperium des weltgrößten Automobilherstellers. Es gab keine Synergien und kein Motorrad-Know-how im deutschen Konzern.

Entsprechend gering fiel bisher der Einfluss von Audi auf Ducati aus, auch wenn manchmal scheinheilig von einem Technologie-Transfer Richtung Italien die Rede war.

Es wurde zwar mit Bernhard Gobmeier 2012 ein deutscher General Manager für die Rennabteilung Ducati Corse installiert. Nach heftigen Widerstand aus Borgo Panigale wurde Gobmeier jedoch im Oktober 2013 wieder abgelöst und durch den Italiener Gigi Dall’Igna von Aprilia ersetzt.

Inzwischen steigert Ducati die Stückzahlen um rund 10 Prozent im Jahr, die Gewinne liegen aber mit 51 Millionen im überschaubaren Bereich, der Umsatz belief sich im Vorjahr auf 593 Millionen Euro.

Die Sinnhaftigkeit des Investments steht deshalb seit längerer Zeit auf dem Prüfstand. Ducati verkaufte 2016 weltweit rund 55.451 Motorräder und feierte in der MotoGP-WM dank Andrea Iannone (Spielberg) und Andrea Dovizioso (Sepang) erstmals seit 2010 wieder GP-Siege.

Der Zeitpunkt der mutmaßlichen Verkaufsverhandlungen überrascht nicht, denn Ferdinand Piëch hat vor wenigen Tagen seine über die Porsche SE gehaltenen VW-Anteile für mehr als 1 Milliarde Euro verkauft und alle geschäftlichen Brücken zum VW-Konzern abgebrochen. Seine Nachfolger müssen jetzt keine Rücksicht mehr nehmen und können das pralle Portfolio bereinigen.

Die Entschädigungszahlungen wegen der jahrelangen Abgasmanipulationen bei allen möglichen Diesel-Modellen von VW, Audi und Porsche kostet den Wolfsburger Konzern Milliarden. Deshalb wären 700 oder 800 Millionen für den Ducati-Verkauf eine willkommene Einnahmequelle.

Der neue VW-Konzernchef Matthias Müller will und muss aufräumen. Neben Ducati stehen auch die Marken Lamborghini, Bentley und Bugatti auf dem Prüststand im von Ferdinand Piëch zusammengekauften 12-Marken-Imperium, zu dem auch Seat, Skoda, MAN, Scania und so weiter gehören. Traurige Tatsache: Die Marke VW selbst wirft viel zu wenig Gewinn ab. Und die Elektrifizierung der Automobile hat der Konzern weitgehend verschlafen. Viel zu lang wurde zu stark auf den TDI-Diesel mit Direkteinspritzung gesetzt.

Übrigens: Zuletzt gab es sogar Gerüchte, Ferdinand Piëch werde seinen neuen Reichtum für einen Einstieg bei Ferrari nützen. Er gilt als Liebhaber italienischen Designs, nicht zuletzt deshalb hatte er sich als VW-Konzernchef die Nobelmarken Lamborghini und Ducati angeeignet.

Schon im Juni 2016 war aus dem VW-Konzern zu hören, es werde heftig über die «Strategie 2025» gestritten, eine Langfristplanung von VW-Chef Matthias Müller über die künftige Entwicklung des Konzerns. Schon damals wurde die Frage erörtert, was zum Kerngeschäft des Autoherstellers gehört. ?Schon damals hielten einige Vorstände die Motorradmarke Ducati für verzichtbar. Auch MAN Diesel & Turbo, weltweit führender Hersteller von Schiffsmotoren, wurde zur Diskussion gestellt. Ein Verkauf der Firma MAN Diesel & Turbo könnte Einnahmen in der Höhe von 4 bis 5 Milliarden Euro bringen, wurde damals kolportiert.

Ob die Motorradsport-Aktivitäten von Ducati Corse (MotoGP-WM, Superbike-WM) durch einen etwaigen Verkauf betroffen wären, lässt sich nicht vorhersagen. Mit einer Jahresgage von 12,5 Millionen Euro wurde für 2017 und 2018 der dreifache MotoGP-Weltmeister Jorge Lorenzo von Yamaha weggelockt. Er hat aber bei den ersten drei MotoGP-Grand Prix in diesem Jahr nur einen elften und einen neunten Platz erbeutet.

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