Franco Uncini (FIM): Wie er den Nürburgring beurteilt

Von Günther Wiesinger
Ex-500-ccm-Weltmeister Franco Uncini hat heute für die Dorna und die FIM den Nürburgring inspiziert. Für eine Grade-A-Homologation sind – wie erwartet – einige Umbauten nötig.

Weil beim Motorrad-GP auf dem Sachsenring vom Promoter Sachsenring Rennstrecken Management GmbH (SRM) in diesem Jahr ein Verlust im hohen sechsstelligen Bereich erwirtschaftet wurde, denken die Dorna und die ADAC-Zentrale in München über eine Verlegung des deutschen WM-Laufs auf den Nürburgring nach.

Die GP-Macher wollen ja auch für den Fall gewappnet sein, dass die SRM GmBH als Promoter finanzielll nicht fünf Jahre durchhält.

Auf dem Weg zum «British Motorcycle Grand Prix» in Silverstone machte FIM-Safety Officer Franco Uncini (62) heute in der Eifel Station, um die Piste zu inspizieren.

Der 1984 im heutigen Layout eröffnete Nürburgring ist 5,148 km lang und war zuletzt 1997 Schauplatz des deutschen Motorrad-WM-Laufs. Die Superbike-WM und die Formel 1 gastierten dort zuletzt 2014.

Ursprünglich war die Nürburgring-Nordschleife 20,8 km lang. Die Motorrad-GP-Stars fuhren dort aber nur bis 1978.

1984 wurde im Bereich der alten Start-und-Ziel-Schleife und der Südschleife die zu dieser Zeit «modernste und sicherste Grand-Prix-Strecke der Welt» eröffnet. Die damals 4,5 Kilometer lange GP-Strecke wurde direkt an die 20,8 km lange Nordschleife angebunden. Beide Teilstrecken können seither zu einem 26 km langen Kurs zusammengefasst werden, der jedoch nur in veränderter Form für Rennen benutzt wird. Bei VLN-Rennen wird auf die Müllenbachschleife (24,433 km) verzichtet, beim 24-h-Rennen fehlt die Mercedes-Arena (25,378 km). Zudem besteht die Möglichkeit, die GP-Piste in den Sprint-Circuit (Kurzvariante) und den Müllenbach-Circuit (sie besteht aus dem südlichen Teil der Strecke) unterteilt werden.

Nach der Insolvenz der Nürburgring GmbH im Sommer 2012 wurde die Strecke am 1. Januar 2015 an den Autoteilezulieferer Capricorn verkauft. Seit Ende Oktober 2014 hält der russische Pharma-Milliardär Wiktor Charitonin durch die NR Holding zwei Drittel der Anteile des Nürburgrings; er hat die Capricorn-Anteile übernommen. Ein weiteres Drittel gehört Getspeed.

Übrigens: SRM und ADAC Sachsen hielten die Ankündigung von SPEEDWEEK.com, Uncini werde den Nürburgring für die Dorna noch im Augist 2017 besichtigen, für eine journalistische Erfindung.

Franco Uncini, 500-ccm-Weltmeister 1982 auf Suzuki, wurde bei seiner Track Inspection begleitet von: Manfred Strack, Head of Operation; Alexander Schnobel, Head Facility Management, Ottmar Bange, Clerk of the Course sowie von Peter Simon, Event-Koordinator für Streckensicherheit bei der Nürburgring GmbH.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com sprach Franco Uncini offen über die nötigen Umbauarbeiten auf dem Ring.

Franco, welchen Eindruck hast du vom Nürburgring als mögliche MotoGP-Piste für 2018 gewonnen?

Es war ein interessanter Besuch.

Aber wie ich vermutet habe: Es gibt einige Arbeit zu tun, wenn der Nürburgring eine Grade-A-Homologation der FIM erhalten will.

Der Großteil der Umbauarbeiten ist, ich will nicht sagen einfach, aber es ist möglich, sie zu erledigen. Alle Arbeiten, die ich verlangen werde, können gemacht werden.

Natürlich stellt sich die Frage, ob sie diese Investitionen tätigen wollen. Sie werden sich aber nicht vermeiden lassen, denn wir haben heute in der MotoGP-WM einen sehr hohen Standard.

Wenn die Betreiber eine Grade-A-Homologation erhalten wollen, müssen sie die Piste in einen Zustand bringen, der sich mit den anderen GP-Pisten vergleichen lässt.

Wir möchten, dass auch der Nürburgring den Level der anderen GP-Pisten erreicht.

Du hast schon im vornherein vermutet, dass der letzte Sektor stark umgebaut werden muss?

Ja, der letzte Sektor ganz sicher. Aber es gibt auch andre Stellen, die entschärft werden müssen, wo wir mehr Sturzraum brauchen. In einigen Kurven ist das recht einfach, in anderen Kurven wird der Aufwand grösser sein.

Im letzten Sektor wird wahrscheinlich eine kleine Änderung des Streckenverlaufs nötig sein. Das Layout ist dort nicht ideal.
Aber ich will mich noch nicht genau festlegen.

Ich habe Bilder und Videos gemacht. Diese Aufzeichnungen werde ich jetzt so schnell wie möglich sorgfältig studieren. Dann schaue ich mir die Zeichnungen und Streckenskizzen an und werde mit meiner Arbeit fortfahren.

Das Ziel ist es, die Grade-A-Homologation zu erreichen. Um diese zu erreichen, muss ich alle Unterlagen gewissenhaft studieren.
Ich will mich jetzt nicht genau festlegen. Aber es werden vielleicht fünf, sechs Kurven zu entschärfen sein.

Aber ich muss diesem Projekt mehr Aufmerksamkeit widmen, bevor ich ein endgültiges Urteil abgeben kann.

Kleinigkeiten werden an einigen Stellen zu verbessern sein. Mit größeren Umbauten rechne ich an fünf, sechs Stellen.

Gibt es eine Frist für den Umbau?

Nein, meine Besichtigung war heute nur der erste Schritt.
ich werde jetzt so schnell wie möglich meinen Report abliefern. Vorher muss ich noch Simulationen machen.

Sobald ich meinen Report abgeliefert habe, müssen die Leute vom Nürburgring ihre eigenen Kalkulationen machen und überlegen, ob sie es schaffen, diese Arbeit zu erledigen.

Die Superbike-WM kann künftig wegen des Verkaufs an die DEKRA nicht mehr auf dem Eurospeedway Lausitz stattfinden. Braucht man dafür auch eine Grade-A-Homologation?

Nein, für Superbikes gibt es die Grade-B-Homologation. Das liegt nicht in meinen Händen. Darum kümmert sich der Franzose Frank Vayssié. Er kümmert sich hauptberuflich um den Losail Circuit in Doha. Er lebt in Katar.

Hast du das Gefühl, die Nürburgring-Betreiber sind sehr interessiert, den Grand Prix in die Eifel zu holen?

Ja, mein Eindruck ist: Sie sind sehr interessiert an diesem Grand Prix. Aber die Entscheidung liegt im Top-Management und bei den Eigentümern der Nürburgring GmbH. Ich habe mehr mit den Verantwortlichen für die Umbauten und Sicherheit zu tun gehabt.

Die weiteren Schritte liegen dann in der Verantwortung von Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta.

Abschliessend muss ich feststellen: Alle Umbauten, die wir verlangen werden, sind machbar. Aber es wird Geld kosten. Wie viel, das kann ich noch nicht abschätzen.

Im Grunde geht es an fünf, sechs Stellen um mehr Sturzraum?

Ja, so ist es. An manchen Stellen ist es schwierig, mehr Auslaufzonen zu schaffen, weil das Layout der Piste oft eng beisammenliegt. Aber generell ist alles machbar.

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