Stefan Bradl: Die Zukunft bleibt ein Geheimnis

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl als ServusTV-Reporter

Stefan Bradl als ServusTV-Reporter

Die Fans von Stefan Bradl hätten gern gewusst, was der Bayer für die Saison 2018 plant. Die Indizien sprechen für einen MotoGP-Testfahrervertrag. Aber Honda will das nicht bestätigen.

Wer sich in den letzten Wochen bei Stefan Bradl wegen seiner Pläne für die Saison 2018 erkundigte, erlebte einen recht zugeknöpften, einsilbigen Gesprächspartner, das fiel schon bei seinem Auftritt bei ServusTV vor dem Valencia-GP auf.

Damals kündigte er nur an: «Die Gespräche mit HRC werden in Valencia vertieft.»

Zuletzt erklärte der siebenfache GP-Sieger recht ausführlich, was bei Red Bull Honda-Team 2017 in der Superbike-WM schiefgelaufen ist und warum er das Angebot von Honda Motor Europe für die Superbike-Saison 2018 nicht angenommen hat.

In der ganzen Zeit war dem 28-jährigen Bayern anzusehen, dass er sich wegen seiner motorsportlichen Zukunft keine Sorgen macht. «Ich hatte immer einen Plan B und einen Plan C», hat er regelmäßig betont.

Eine erste Möglichkeit bestand darin, im nächsten Jahr anstelle von Mika Kallio bei Red Bull KTM die Rolle des MotoGP-Testfahrers zu übernehmen, falls der Finne statt Smith für 2018 zum Stammfahrer befördert wird. Eine Anfrage dazu wurde kurz nach dem Österreich-GP 2017 von Teammanager Mike Leitner an Bradl herangetragen. Diese Aufgabe war Bradl von KTM bereits im Sommer 2015 angeboten worden, als er Forward-Yamaha verließ, weil Teambesitzer Cuzari im Gefängnis saß.

Doch Bradl nahm damals das reizvollere Angebot von Aprilia Racing an und blieb dann bis Ende 2016 bei den Italienern.

Obwohl der KTM-Deal nicht zustande kam, war diese Anfrage für Stefan Bradl ein Anlass, sich darüber Gedanken zu machen, ob er sich eine Saison als MotoGP-Testfahrer vorstellen könne.

Die Antwort Bradls auf die Überlegungen lautete: «Ja. Dann bei Mika Kallio hat sich gezeigt, dass man sich auf diesem Umweg wieder für die MotoGP-WM empfehlen kann.»

Im Oktober sickerte durch, dass nach der Festlegung der neuen Testbeschränkungen neben Yamaha und Suzuki auch Honda über ein in Europa stationiertes Testteam nachdachte.

Aber das HRC-Management war anfangs geteilter Meinung, ob man dieses Projekt durchziehen sollte. Denn es bedeutet einen gewaltigen zusätzlichen Aufwand. Von KTM wissen wir, dass ein Testteam mindestens 1,5 Millionen Euro pro Saison kostet.

Bei den Übersee-Rennen im Oktober sickerte durch, dass HRC ernsthafte Planungen machte. Der bisherige Repsol-Honda-Teamprinzipal Livio Suppo sagte beim Australien-GP gegenüber SPEEDWEEK.com: «Bisher ist in dieser Hinsicht nichts entschieden. Aber wenn ich die Frage beantworten soll, ob Stefan Bradl als MotoGP-Testfahrer für uns von Interesse sein könnte, dann lautet meine Antwort: ‚Sicher, denn Stefan hat viel Erfahrung in der MotoGP-Klasse, er hat unterschiedliche Fabrikate gefahren, wir haben drei Jahre mit ihm zusammengearbeitet, wir kennen ihn gut. Er ist also ganz sicher ein potenzieller, sehr interessanter junger Mann.»

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch zu den Kundenteams LCR und Marc VDS durchgesprochen, dass HRC ein Testteam plante und Stefan Bradl der Wunschkandidat war.

Auch die drei deutschen Repsol-Honda-Techniker Gerold Bucher (Márquez) und Emanuel Buchner und Jörg Hornig (Pedrosa) sowie HRC-Track-Support-Techniker Klaus Nöhles wussten Bescheid.

Später sickerte durch, dass die Dorna das British Talent Team in der Moto3-Klasse (John McPhee fuhr dort eine Honda) zusperrt und dadurch bei Teambetreiber Alberto Puig Kapazitäten frei werden – und seine Infrastruktur wie Team-Lkw und Werkstätte in Barcelona.

Eine Zeit lang haben wir uns gewundert, warum HRC diese Testteam-Pläne unbedingt geheim halten will.

Aber dann haben wir uns erinnert: Honda hat auch über die Verträge mit Testfahrer Hiroshi Aoyama nie etwas verlauten lassen, darüber fand kaum eine Kommunikation statt.

Sogar als Casey Stoner nach seinem Rücktritt nach der Saison 2012 MotoGP-Testfahrer bei HRC wurde, lief das meist im Verborgenen ab. Er trat ja meist nur bei privaten Tests an.

Testfahrer gelten als Geheimnisträger, besonders bei den japanischen Werken.

Aber wenn Yamaha jetzt Johann Zarco verstärkt als Testfahrer einsetzt und während der Saison auch Michael van der Mark regelmäßig beiziehen will, wenn Suzuki Ecstar auf Sylvain Guintoli setzt, KTM weiter auf Kallio und Aprilia auf Eugene Laverty, dann wird Honda nicht abseitsstehen.

Zumal uns der 36-jährige Hiroshi Aoyama beim Valencia-GP verraten hat: «Meine Hauptaufgabe wird 2018 das Teammanagement bei Idemitsu und Honda Asia in den Klassen Moto3 und Moto2 sein. Ich übernehme diese Aufgabe von Tady Okada. Bisher lag mein Hauptaugenmerk auf dem HRC-MotoGP-Testfahrerjob. 2018 werde ich kaum noch zum Fahren kommen.»

Honda möchte Marc Márquez für 2018 ein besseres Motorrad hinstellen und ihm möglichst bald einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag unterbreiten. Márquez wünscht sich aber ein besseres Chassis – nach den 27 Stürzen vin der Saison 2017. «Beim diesjährigen Motorrad habe ich das Limit oft nicht gespürt», kritisierte der Weltmeister beim Valencia-GP nach Sturz Nr. 27.

Viele GP-Berichterstatter in Europa haben in den letzten Wochen gemutmaßt, Stefan Bradl werde 2018 bei HRC als MotoGP-Testfahrer agieren.

Auch Marco Chini, Operations Manager des Honda-Superbike-WM-Teams, erklärte nach der Absage von Bradl: «Ich vermute, er wird Testfahrer.»

Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht.

Der sonst recht redselige Stefan Bradl hat offenbar ein Schweigegelübde abgelegt. «Ich darf nichts sagen.»

Die Honda Racing Corporation gibt zu diesem Thema kein offizielles Statement ab. «Kein Kommentar», lautete der Bescheid, den Communications Director Carlo Fiorani von HRC aus Japan erhielt.

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