MotoGP-WM 2018: Mehr Fragen als Antworten

Kolumne von Michael Scott
Valentino Rossi beim MotoGP-Test in Valencia

Valentino Rossi beim MotoGP-Test in Valencia

Vor dem ersten offiziellen Königsklasse-Test des Jahres stehen Fans, Experten und Fahrer vor vielen Fragen. Die richtigen Antworten folgen erst nach dem Saisonstart. Dieses Spiel wiederholt sich seit nun 70 Jahren.

Die Motorradweltmeisterschaft wird in diesem Jahr 70. Doch die Serie ist noch sehr agil für Senior. Die Überschwänglichkeit der MotoGP-WM ist ein Maß für ihren Erfolg. Die wachsenden Schmerzen aus der letzten Dekade und die grauenhaften CRT-Bikes sind nun vergessen. Die Weltmeisterschaft hat sich paradoxerweise erneut verjüngt.

Es ist ein traditionelles Verhalten in der Vorsaison, mit großem Optimismus in die Zukunft zu blicken. Das ist etwas, das wir, die den Motorradsport lieben, nicht vermeiden können. Doch für die Saison 2018 brauchen wir keine Pillen oder eine gute Vorstellungskraft, um happy zu sein. Lasst das neue goldene Zeitalter weitergehen.

Außer Márquez und Honda vermasseln die Party.

Natürlich sprechen die Statistiken dafür, dass der Motorradsport durch ihn vorhersehbar wurde. Marc Márquez dominierte und gewann vier Titel in den letzten fünf Jahren. Aber nur einer dieser Titel wurde auf direktem Weg erreicht. Hondas endlose und obsessive Jagd nach Verbesserungen führte sie mitunter auf falsche Wege. Marc musste sich die Titel – außer 2014 – immer hart erkämpfen. Im letzten Jahr war der Titelkampf bis zum 18. und letzten Rennen offen.

Was wird 2018 passieren? Es hängt davon ab, ob sich die Honda-Ingenieure erneut mit großen technischen Veränderungen selbst verwirrt haben. Das ist schon zur festen Angewohnheit für den weltgrößten Motorradhersteller geworden. Sie sind nie mit dem zufrieden, was sie haben. Und wer sagt, dass sie damit nicht Recht haben? Doch so machen sie das Leben für sich und ihre Fahrer schwieriger.

In den letzten drei Jahren nahm Honda Schritt für Schritt radikale Veränderungen in wichtigen Bereichen vor. Erst kam die ultra-leichte Kurbelwelle, die bei der Beschleunigung zu Problemen führte, weil die Gasannahme sehr aggressiv wurde. Dann änderten sie die Rotationsrichtung der Kurbelwelle – rückwärts. Das führte auch zu Änderungen für die Chassis-Ingenieure.

Im letzten Jahr kam ein neuer Big-Bang-Motor beziehungsweise Long-Bang mit anderen Zündungsintervallen. Eine weitere signifikante Veränderung. Das Ganze wurde von den Schwierigkeiten begleitet, sich von der Honda-Elektronik auf die Einheits-ECU von Magneti Marelli umzustellen. Durch die während der Saison eingefrorene Motorenentwicklung waren keine schnellen Anpassungen möglich. Fahrer und Ingenieure standen vor einem großen Berg, den sie erklimmen mussten. 2015 zeigte sich dies besonders deutlich. Lorenzo und Rossi schnappten sich für Yamaha die Gesamtränge 1 und 2. In den zwei Jahren danach musste Márquez intensiv arbeiten, um sich an der Spitze zu halten.

Wir werden sehen, ob HRC sich selbst davon abhalten wird, diesen Fehler erneut zu machen.

In diesem Fall arbeitete die dumme Regel der eingefrorenen Motorentwicklung im Sinne der Fans und für die Qualität des Rennsports. Doch das ist riskant, denn was im letzten Jahr ein Vorteil für Ducati war, arbeitete gegen Yamaha. Das Paket für Rossi und Viñales stellte sich als nicht schlagkräftig genug heraus, was Rookie Zarco mit der alten Yamaha mehrmals demonstrierte.

Die Ungewissheit bleibt. Die Regeln machen es für die Designer und Ingenieure schwerer, Fehler wieder auszumerzen. Auf diesem Level sind die Fehler natürlich sehr klein, haben aber große Auswirkungen.

Nun ist es soweit. Wir versuchen, nicht zu viel in die ersten Tests hineinzuinterpretieren. Im letzten Jahr war Viñales bei allen Tests überlegen und gewann die ersten beiden Rennen. Danach folgte noch ein weiterer Sieg, bevor die Leistungskurve nach unten zeigte.

Abgesehen von Honda, wo die Entscheidungen für 2018 auch Cal Crutchlow betreffen, werden andere Fragen auftauchen, die sich erst im Verlauf der 19 Rennen beantworten lassen.

Ist Rossi auch mit 39 Jahren noch ausreichend jung geblieben, um eine tatsächliche Gefahr im Titelkampf darzustellen? Kann Viñales sein 2017 gebrochenes Versprechen doch halten? Können beide Yamaha-Werkspiloten Zarco abwehren? Wird der Franzose davon eingeschränkt, die nicht unproblematische 2017-Yamaha fahren zu müssen? Wird Ducati den technischen Fortschritt aufrechterhalten? Kann Lorenzo, der Student im zweiten Jahr, dem «Old Boy» Dovizioso Feuer machen? Oder werden sie sich gegenseitig Punkte stehlen?

Werden die Rookies Morbidelli, Lüthi und Nakagami überhaupt annähernd an die Leistungen von Zarco (und bis zu seiner Krankheit auch Jonas Folger) herankommen? Und wer wird Folger bei Tech3-Yamaha ersetzen?

Wird Aprilia mit Aleix Espargaró und Scott Redding mehr ins Rampenlicht rücken? Kann KTM die beeindruckenden Fortschritte fortsetzen?

Und wird Jack Millers Wechsel in das Satelliten-Team Pramac Ducati der Neustart sein, den der junge Aussie nach drei durchwachsenen Jahren mit Honda braucht?

Aber jetzt genug Fragezeichen. Alle Fragen werden in den nächsten Monaten beantwortet. Unbedingt die Antworten wissen zu wollen, ist das, was die Menschen in den letzten 69 Jahren immer wieder zum GP-Sport hinzog.

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