Marc Márquez: 2019 kann ihn wohl nur Lorenzo stoppen

Von Günther Wiesinger
Jubel nach dem siebten WM-Titel: Marc Márquez

Jubel nach dem siebten WM-Titel: Marc Márquez

Marc Márquez und Andrea Dovizioso haben 20 der letzten 25 MotoGP-Rennen gewonnen. Doch «Dovi» ist 2018 zu oft gestürzt. Wird Jorge Lorenzo künftig zum stärksten Widersacher des Champions?

Marc Márquez zeichnet ein unbeschreiblicher Siegeshunger aus. Deshalb gab es für ihn auch beim GP von Japan nur die Devise: «Attacke!» Obwohl er mit 77 Punkten Vorsprung ins viertletzte Rennen der Saison ging, sah sein taktischer Masterplan verblüffend einfach aus: «Ich muss Dovizioso besiegen, dann bin ich Weltmeister.» Und diese Strategie zog er wieder meisterhaft durch – vom sechsten Startplatz aus.

Zum dritten Mal nach 2014 und 2016 sicherte sich Marc Márquez in Japan auf der hauseigenen Honda-Strecke, dem Twin Ring Motegi, die MotoGP-Krone, es war sein fünfter in der Königsklasse – in nur sechs Jahren.

«7-up, Márquez im siebten Himmel», das waren die naheliegenden Schlagzeilen.

Honda hatte ihm eine Bühne aufgebaut, auf der er nach der Auslaufrunde die siebte Stufe erklimmen durfte.

«Seventh Level», hieß die Devise. Und oben nach den sieben Stufen war ein ca. 30 Jahre altes «Arcade Game» aufgebaut, so ein alter Retro-Spielkasten, auf dem man jeweils nur ein Spiel spielen kann, das war sozusagen der Vorgänger von Nintendo, Playstation und Xbox.

Aber vorher passierte noch ein kleines Malheur. Scott Redding stoppte seine Aprilia neben dem am Pistenrand feiernden Marc, umarmte ihn, als dieser den Helm abzog, um ins 7-WM-Titel-T-Shirt schlüpfen zu können – und renkte ihm dabei die Schulter aus.

Marc Márquez fackelte nicht lange, er legte sich auf den Boden und ließ sich von Bruder Alex die Schulter wieder einrenken. «Ende November werde ich einen Boxenstopp machen und die Schulter operieren lassen», kündigte er nachher an.

Andrea Dovizioso war vor der Haarnadel in der vorletzten Runde das Vorderrad weggerutscht, sein 77-Punkte-Rückstand reichte nach dem Márquez-Sieg nicht mehr aus, um die Titelentscheidung bis Australien hinauszuzögern.

Aber Honda und Repsol fighten jetzt noch gegen Ducati um die Marken-WM und die Team-WM.

Marc Márquez: Grandiose Bilanz

Motegi brachte den 69. GP-Sieg für Marc zum Vorschein, er liegt in der ewigen Bestenliste jetzt hinter Agostini (122), Rossi (115), Nieto (90) und Hailwood (74) an fünfter Stelle.

2010 gewann Marc die 125er-WM, 2012 die Moto2-WM, jetzt fünfmal die MotoGP-Krone – 2013, 2014, 2016, 2017 und 2018.

Dovi ärgerte sich: Der Ducati-Star hat zum vierten Mal in einem MotoGP-Rennen seit seinem Debüt 2008 ein Rennen trotz Zielankunft außerhalb der Punkte beendet…

Eines ist klar: Auch wenn Marc Márquez als Grenzgänger gilt und bei Rennen wie in Phillip Island 2013 gepatzt hat (schwarze Flagge), sich dann 2015 in Sepang viele Feinde machte (er fuhr 1 sec langsamer als im Training und hatte nur im Sinn, den Titelgewinn von Rossi zu verhindern) und 2018 in Las Termas in 40 Minuten drei Strafen kassierte – er hat diesen Weltmeistertitel verdient wie kaum einen anderen.

«Márquez ist ein gefährlicher Fahrer», attestierte Rossi im April in Argentinien. Er lehnte vor zwei Monaten in Silverstone ein Friedensangebot ab – Valentino verweigerte einen Handschlag.

Acht Siege hat Honda-Star Márquez 2018 schon errungen, aber es sind noch drei Rennen zu fahren. Und mit 25 Jahren fehlen dem Honda-Star nur noch zwei Titel, um mit dem neunfachen Weltmeister Rossi gleichzuziehen, der 39 Jahre alt ist und seit 2009 vergeblich dem zehnten Titel hinterherrennt.

Wenn Marc jetzt in dieser Saison noch drei Podestplätze gelingen, hat er in diesem Jahr bei 16 von 18 Rennen Top-3-Ergebnisse sichergestellt. Seine Beständigkeit und sein erstaunlicher Speed, sein Jahrhunderttalent, gepaart mit einem schwach ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb und einem offenbar nicht vorhandenen Schmerzzentrum in Gehirn, machen ihn aus.

Null Punkte hat der Superstar 2018 nur in Argentinien (time penalty!) und Mugello (Sturz) kassiert.

Aber jetzt ist der Druck weg, darunter leidet bei Marc oft die Konzentration, deshalb schmiss er sein Bike schon 2016 nach dem Titelgewinn in Japan beim darauffolgenden Rennen in Australien weg, in Sepang auch, dort wurde er trotzdem Elfter.

Ducati seit 2007 ohne Titel

Ducati wartet weiter auf den zweiten MotoGP-Titel nach Casey Stoner im Jahr 2009, der ersten Saison mit 800 ccm.

Dovizioso und Ducati müssen jetzt sogar um Platz 2 in der Fahrer-WM zittern. Denn Valentino Rossi ist näher gerückt, er liegt nur noch neun Punkte hinter dem Ducati-Helden.

Doch Yamaha erlebt die schwächste MotoGP-Saison seit 2003, sogar Suzuki ist stärker als dieses japanische Fabrikat, das 2015 noch Fahrer, Team und Marken-WM gewann. Alex Rins ist jetzt viermal hintereinander mit der GSX-RR in die Top-6 gefahren.

Übrigens: In den 25 Rennen seit Assen 2017 (letzter Yamaha-Sieg durch Rossi) haben Márquez und Dovizioso nicht weniger als 20 Siege errungen, Lorenzo drei, Crutchlow einen, Pedrosa einen.

Obwohl Dovizioso von den letzten sechs direkten Duellen drei gewonnen hat, fährt er nicht auf dem Level von Marc Márquez, ohne den Honda seit Jahren hoffnungslos verloren wäre. Der zweitbeste Honda-Fahrer Cal Crutchlow liegt in der Tabelle satte 163 Punkte hinter dem Weltmeister.

«Dovi» hingen fiel in der WM zwischendurch hinter Lorenzo zurück, bei der Anzahl der GP-Siege steht es in diesem Jahr 3 zu 3. Und bei Yamaha liegt der Unterschied zwischen Rossi und Viñales nur bei 30 Punkten.

Márquez (183 GP-Starts) hat mit 25 Jahren schon sieben WM-Titel, 69 GP-Siege (43 in der MotoGP) und 115 Podestplätze (76 in der MotoGP) vorzuweisen.

Der 32-jährige Dovizioso hat es bei aller Tüchtigkeit bei 291 GP-Starts auf einen WM-Titel (2004/125 ccm auf Honda) gebracht, auf wackere 20 Siege (11 in der MotoGP) und insgesamt 90 Podestplätze. Auf den 50. MotoGP-Podestplatz wartet er noch.

Ducati-CEO Claudio Domenicali wird noch bereuen, dass er mit dem 31-jährigen Ausnahmekönner Jorge Lorenzo nicht ausreichend Geduld hatte. Der Spanier ist ein anderes fahrerisches Kaliber als Dovizioso, wie seine drei MotoGP-WM-Titel und seine zwei 250-ccm-Titel und insgesamt 68 GP-Siege (47 in der MotoGP) beweisen.

Repsol-Honda wird in den nächsten zwei Jahren mit Lorenzo viel Freude haben.

Marc Márquez hat den Level in der MotoGP weit nach oben verschoben, von der Risikobereitschaft her, beim körperlichen Training, sein unbändiger Siegeswille, sein Kampfgeist, seine Zweikampfstärke, sein pausenloses Dirt-Track-Training, seine Fahrzeugbeherrschung – alles sehr, sehr eindrucksvoll.

Jorge Lorenzo geht einen anderen Weg. Seine Kondition lässt zu wünschen übrig. Aber seine mentale Stärke, seine Magie, sein Talent und seine Klasse sind überragend.

Rossi und Viñales fahren mit Yamaha hinterher. Wenn Ducati kein klar überlegenes Motorrad baut, wird 2019 vermutlich nur Lorenzo den Siegeszug von Marc Márquez stoppen können.

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