Johann Zarco: Mit KTM bald besser als auf der M1?

Von Thomas Baujard
Red Bull KTM-Werksfahrer Johann Zarco

Red Bull KTM-Werksfahrer Johann Zarco

KTM-Pilot Johann Zarco war bei den ersten Tests für die MotoGP-Saison 2019 nicht auf Anhieb vorne mit dabei, der Franzose glaubt aber, dass sich das mit viel Arbeit ändern kann – und einem Werksteam.

Johann Zarco wechselt nach zwei Jahren auf der Tech3-Yamaha in das Red Bull KTM-Werksteam. Das bringt für den Franzosen viele Änderungen mit sich: Er muss sich auf die RC16 einstellen, auf seine Rolle als Werksfahrer und natürlich auch auf eine neue Mannschaft. Der KTM-Pilot arbeitet 2019 unter anderem mit dem deutschen Techniker Marcus Eschenbacher, der zuletzt bei Aprilia als Crew-Chief für Aleix Espargaró im Einsatz war.

Der Umstieg auf KTM gestaltete sich für Zarco schwieriger, als es sich der Sechstplatzierte der MotoGP-WM 2018 erhofft hatte. Den Jerez-Test beendete er mit 1,919 sec Rückstand auf die Bestzeit von Takaaki Nakagami (Honda) auf Platz 19. Trotzdem gab er sich im Interview zuversichtlich.

Was kannst du machen, um deinen Fahrstil an die KTM anzupassen?

Um den V-Motor besser zu nutzen, muss man aus der Kurve ein V machen! Man muss ein bisschen weniger um die Kurve fahren – nicht zögern, einen Moment, ein bisschen mehr zu bremsen, um – bumm – dann das Drehmoment und die Power wirklich zu nutzen und aus der Kurve rauszubeschleunigen.

Das fehlte der Yamaha. Ich glaube, dass man im Stande sein muss, beides zu beherrschen, also diesen eckigen Fahrstil und den runden, weil es Strecken gibt, wo einige Kurven den einen Fahrstil erfordern und die übrigen den anderen.

Diesen eckigen Fahrstil hatten schon die Amerikaner in der 500er-WM, zum Beispiel Freddie Spencer. «We square off the corners», sagten sie dazu. Sie sind eng reingefahren und haben die Maschine am Scheitelpunkt aufgerichtet und früher voll beschleunigt als die Gegner mit dem runden Fahrstil. So schafften sie mehr Top-Speed.

Ja, Marc Márquez beherrscht beide Fahrstile. Es war bisher nicht mein Stil, mich bei der Kurvenausfahrt auf die Power des Motors zu verlassen, aber es ist angenehm zu sehen, dass dein Motorrad beim Gasgeben von den ersten Metern an heftig Fahrt aufnimmt. Du musst die Stärken des KTM-Motors ausnützen…

Es ist nicht so, dass der Yamaha Power fehlen würde, aber die Leistung entfaltet sich einfach anders.

Verstehst du dich gut mit dem Technical Director von Red Bull KTM, Sebastian Risse?

Ja, wirklich ein super Mann. Er schreibt auch alles auf. Ich glaube, dass das Team insgesamt meine Kommentare schätzt. Die Art, auf die ich zu fahren gelernt habe, macht es möglich, dass ich sehr genau beschreiben kann. Wenn ich ihnen sage, dass ich in Kurve 3 rutsche, dann erkläre ich auch in welchem Moment, wie ich auf dem Motorrad sitze, mit wie viel Gas. Ich kann es auch auf den Daten zeigen, und deshalb nimmt ihnen das viel Vorarbeit ab. Ich kann belegen, dass mein Gefühl nicht falsch ist, dadurch bin ich sehr glaubwürdig.

Man sagt, dass die Yamaha in der Kurveneinfahrt stark ist, aber dein Motorrad muss überall stark sein. Du siehst Márquez, seine Stärke ist genau die Kurveneinfahrt. Er verliert das Vorderrad mehr als die Yamaha-Jungs, aber sein Motorrad erlaubt ihm, so zu fahren.

Dein neuer Crew-Chief, Marcus Eschenbacher, wie ist er so?

Deutsch! Er arbeitet sehr methodisch. Wir testen eine Sache nach der anderen. Deshalb bräuchten wir oft fast sechs Testtage. Aber so gibt es wenigstens keine Verwirrung. Er hat wirklich eine lange Liste zum Testen. Und all das, was er machen kann, wird er zu analysieren wissen. Auch danach, wenn er nach Hause fährt, analysiert er noch viel. Er schickt mir Nachrichten. Das ist sympathisch.

Er hat viel Erfahrung, ein bisschen wie Guy [Coulon], aber mit einem Werkzeug mehr: Er kann mein Gefühl mit den Daten überprüfen. Das hat Guy nicht gemacht. Auch wenn das mit dem Feeling gut funktioniert hat, weil wir bei Tech3 einen guten Job gemacht haben. Aber wenn Marcus zu Hause ein Zweifel kommt, dann kontrolliert er selbst, während Guy einen Zwischenmann fragen musste. Das dauert länger.

Hast du Marcus ausgewählt?

Nein, ich kannte ihn nicht. Er wurde von Mike Leitner ausgesucht, ich glaube, dass Mike ihn kannte. Er wurde mir von [Aki] Ajo empfohlen. Zu Beginn, als man die Mannschaft aufgestellt hat, hätte ich lieber Massimo [Branchini] gehabt, mit dem ich zwei Mal Weltmeister war. Aber Massimo hat mir gesagt: 'Ich habe es gut in der Moto2 mit Ajo, die Herausforderung mit Triumph, das gefällt mir. Ein Werksteam in der MotoGP-WM wäre viel verbindlicher'. Das war ehrlich von seiner Seite. Aki hat mir gesagt, dass er glaube, Marcus würde sich gut an die MotoGP-Truppe von KTM anpassen.

Marcus hat 2018 mit Aleix Espargaró bei Aprilia gearbeitet und als Aleix erfahren hat, dass er zu KTM geht, hat er verlauten lassen, dass es ein großer Verlust für sie wäre.

Marcus und Erkki [Siukola], der sich um die Elektronik kümmert. Sie funktionieren gut zusammen und wechseln gemeinsam von einem Team zum anderen.

Auch das Tech3-Team wechselte zu KTM. Freut es dich, dass weiterhin eine gewisse Verbundenheit zu ihnen besteht?

Ja, sehr. Sogar Marcus geht hin und wieder zu Guy, sein Feedback ist wirklich interessant. Er hat einen guten Überblick über das Konzept von einem Motorrad. Guy ist einer, der Motorräder baut. Ich glaube, dass das KTM gefällt, das gefällt auch Marcus und mir tut es gut, weil sie mich kennen. Es gibt einige Kommentare, die sie sich austauschen können. Am Ende geht es um technische Dinge, damit möchte ich mich nicht befassen. Aber es ist eine starke Verbindung und eine zusätzliche Hilfe.

Was bringt es mit sich, ein Werksfahrer zu sein? Hast du viel mehr zum Testen, mehr technische Meetings?

Ja. Ich habe zehn Personen um mich, wenn ich in die Box komme, im Gegensatz zu den fünf im letzten Jahr. Ich habe auch mehr technische Meetings, weil wir mitten in der Entwicklung des Motorrad stecken. Was sich für mich am meisten ändert, ist, in Betracht zu ziehen, dass man nicht sofort schnell sein kann. Aber durch die Arbeit kannst du es werden. Bei Yamaha hatte ich einige Top-Sachen. Du holst das Maximum heraus und kommst an einen bestimmten Punkt. Mit KTM sind wir zu Beginn weiter weg, aber wenn wir gut arbeiten, können wir zu einem bestimmten Zeitpunkt besser sein als mit der M1 – indem wir dieses Projekt zur Reife bringen.

Wenn man in einem Werksteam Dinge probiert, arbeiten die Mechaniker. Das heißt nicht, dass sie bei Tech3 nichts gemacht haben, aber bei KTM sind sie nonstop dabei, das Motorrad in alle Richtungen zu bewegen, sie bauen auf und ab. Manchmal gibt es ein kleines technisches Problem: Es ist wirklich ein Werksteam, das hört nie auf.

Du hast mehr Möglichkeiten, die Entwicklung des Motorrads zu lenken. Stört dich das oder gefällt es dir?

Das gefällt mir, weil ich mit der Erfahrung weiß, dass all diese Tools gut sind. Aber ich beschäftige mich dabei nicht mit den einzelnen Details. Ich erkläre all das, was ich fühle, und dann gibt es eine Person für jedes Tool. Diese Person muss kompetent sein, um damit gut umzugehen. Und dann gibt es Mike, der alles beaufsichtigt. Wenn eine Person nicht kompetent genug ist, dann sieht er es.

Mit dem Teammanager Mike Leitner läuft es auch gut?

Ja, er war auch ein Fahrer und er baut das Team auf, um zu gewinnen – um zu versuchen, es zu schaffen. Auch Pit [Beirer] ist sehr hartnäckig. Er hat mich gerade angerufen, wir waren 20 Minuten am Telefon. Aber du spürst, dass du ihn nicht enttäuschen willst.

Im Gegensatz zu Yamaha, wo dein Material dem von Rossi und Viñales unterlegen war, hast du nun die bestmögliche RC16. Ist das psychologisch gesehen wichtig?

Ja, aber das beschäftigt mich nicht. Auch bei Yamaha hat mir das nichts ausgemacht. Für mich war es schon schnell und gut. Da stehe ich drüber.

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