Tech3-Yamaha: 20 erfolgreiche Jahre, kein MotoGP-Sieg

Von Nora Lantschner
Johann Zarco feiert mit dem Tech3-Yamaha-Team

Johann Zarco feiert mit dem Tech3-Yamaha-Team

Tech3 und Yamaha beendeten ihre Zusammenarbeit nach 20 Jahren: Teammanager Hervé Poncharal bejubelte nicht nur den 250er-Titel von Olivier Jacque – u.a. sorgten Dovizioso, Crutchlow und Zarco für Erfolge.

Das französische Tech3-Team zählt zu den erfahrensten im gesamten GP-Paddock: Hervé Poncharal gründete es 1989 gemeinsam mit Guy Coulon und Bernard Martignac. 1990 trat das Team, das in Bormes-les-Mimosas in Südfrankreich zu Hause ist, mit Dominique Sarron erstmals in der 250er-WM an.

Zu Beginn noch auf Honda und Suzuki unterwegs, wurde Tech3 1999 zum offiziellen Yamaha-Team in der Viertelliterklasse. «Eines Tages bekam ich einen Anruf von Yamaha, sie haben mein Herz berührt», erinnerte sich Poncharal. Die Saison 2018 markierte das 20. Jahr der Zusammenarbeit, eine Zeit in der der Franzose «die besten Momente meines Lebens» erlebte.

Einer dieser denkwürdigen Momente war der Doppelsieg in der 250er-WM im Jahr 2000: Olivier Jacque setzte sich in einem dramatischen Finale gegen seinen Tech3-Teamkollegen Shinya Nakano durch und kürte sich mit einem Sieg auf Phillip Island zum Weltmeister – die beiden trennten im Ziel nur 0,014 sec, in der WM-Wertung sieben Punkte.

«Yamaha einen Titel zu schenken, war eine sehr starkes Gefühl. Das Resultat aus dem Jahr 2000 hat es uns ermöglicht, einen Traum zu verwirklichen – in die Königsklasse aufzusteigen», erzählte der Tech3-Teammanager.

Als Yamaha-Satellitenteam kam Tech3 2001 mit der erfolgreichen Fahrerpaarung aus der 250er-WM in die «premier class». Auf der YZR500 holte Nakano beim Deutschland-GP gleich im ersten Jahr das erste Podium für das Team von Poncharal. In den letzten Grand Prix des Jahres 2002 stand den Tech3-Yamaha-Piloten dann die konkurrenzfähigere M1 Viertakt-Maschine zur Verfügung.

Der Brasilianer Alex Barros nahm 2003 den Platz von Nakano ein und sorgte in Le Mans für das zweite Tech3-Podium in der höchsten Klasse. Der Italiener Marco Melandri schaffte es ein Jahr später zweimal unter die Top-3 (Montmeló und Assen).

In den nächsten Jahren wechselten die Stammfahrer Saison für Saison. Nicht weniger als zehn Piloten waren so von 2004 bis 2008 für Tech3 im Einsatz: Nach Norifumi Abe und Marco Melandri kamen und gingen Rubén Xaus, Toni Elias, Carlos Checa, James Ellison, Makoto Tamada und Sylvain Guintoli.

2008 hieß die Fahrerpaarung James Toseland und Colin Edwards. Der Texaner blieb vier Jahre und fuhr insgesamt vier Podestplätze ein. 2009 beendete er die Weltmeisterschaft auf Rang 5 und trug wesentlich dazu bei, dass Tech3 in der Teamwertung auf Platz 4 landete – als bestes Privatteam. «Wir haben ein sehr besonderes Verhältnis zu Colin. Er brachte viel Lebensfreude mit, hat gleichzeitig hart gearbeitet und er hatte enorm viel Erfahrung», schwärmte Poncharal.

Das Jahr 2010 brachte einige Veränderungen mit sich – unter anderem stieg Tech3 in die neue Moto2-Kategorie ein, die die Klasse 250ccm ersetzte. Der Superbike-Weltmeister Ben Spies kam für Toseland und fuhr bereits im vierten MotoGP-Rennen der Saison auf das Podest. Der Amerikaner schaffte es dank seiner starken Leistung 2011 in das Yamaha-Werksteam – MotoGP-Rookie Cal Crutchlow nahm seinen Platz bei Tech3 ein.

Gemeinsam mit Andrea Dovizioso sorgte der Engländer für eine herausragende Saison 2012: In acht der 18 Rennen stand ein Tech3-Yamaha-Pilot auf dem Podest – mit sechs Top-3-Ergebnissen in einer Saison war der Italiener der erfolgreichste Fahrer in der MotoGP-Geschichte des französischen Traditionsrennstalls. «Andrea und Cal haben uns geholfen, zu wachsen. Ich bin sehr stolz darauf, Andrea die Chance gegeben zu haben, einen neuen Anfang zu machen. Cal ist ein richtiges Rennpferd», schmunzelte der Teammanager. Doviziosos Honda-Vertrag war Ende 2011 nicht verlängert worden, nach seinem Tech3-Jahr, das er auf WM-Rang 4 beendete, wechselte er 2013 in das Ducati-Werksteam.

Crutchlow blieb dem französischen Team für ein weiteres Jahr erhalten, er bekam seinen Landsmann und MotoGP-Rookie Bradley Smith an die Seite gestellt. Crutchlow glänzte 2013 mit zwei Pole-Positions (Assen und Brünn) und stand vier Mal auf dem Podium. In der WM-Wertung belegte er Platz 5.

Smith fuhr 2014 auf Phillip Island erstmals auf Rang 3, sein neuer Teamkollege Pol Espargaró, der als Moto2-Weltmeister in die MotoGP-Klasse kam, beendete seine Rookie-Saison auf Gesamtrang 6 – als bester Satelliten-Fahrer und Rookie des Jahres.

In den folgenden zwei Jahren blieb die Fahrerpaarung unverändert, beim Misano-GP 2015 sorgte Smith mit Platz 2 für den einzigen Podestplatz. Trotzdem beendete Tech3 die Saison 2016 zum fünften Mal in Folge als das bestplatzierte Independent-Team in der WM-Wertung.

2017 setzte Poncharal auf zwei MotoGP-Rookies – den zweifachen Moto2-Weltmeister Johann Zarco und den deutschen Hoffnungsträger Jonas Folger. Die Entscheidung machte sich bezahlt: Der Franzose beeindruckte mit zwei Pole-Positions und drei Podestplätzen. Als WM-Sechster war er nicht nur der schnellste Rookie sondern auch der erste Independent-Fahrer.

Folger fuhr bei seinem Heim-GP auf dem Sachsenring auf Platz 2. Der Deutsche musste allerdings aus gesundheitlichen Gründen auf die letzten vier Grand Prix des Jahres verzichten und kehrte auch 2018 nicht in die MotoGP-WM zurück. Tech3 holte deshalb mit Hafizh Syahrin den ersten Fahrer aus Malaysia in die Königsklasse.

2018 legte Zarco einen rasanten Start hin und verpasste in Argentinien den ersten MotoGP-Sieg für sich und das Team um nur 0,251 sec. In Jerez folgte ein weiteres Podium, in das Heim-Rennen in Le Mans ging er von der Pole-Position aus – kam aber zu Sturz. Es sollte bis zum vorletzten Grand Prix in Sepang dauern, bis er wieder auf dem Treppchen stand – der ersehnte Sieg blieb aus.

Bereits zu Beginn der Saison 2018 stand fest, dass Tech3 die Zusammenarbeit mit Yamaha am Ende des Jahres beenden würde. Das französische Team ist ab 2019 auf KTM-Maschinen unterwegs – in der Moto2- und MotoGP-WM. Hafizh Syahrin und Rookie Miguel Oliveira vertreten die Farben des Red Bull KTM Tech3-Teams in der Königsklasse, die beiden Moto3-Aufsteiger Philipp Öttl und Marco Bezzecchi in der zweithöchsten Kategorie.

Außerdem stellt Tech3-E-Racing mit Kenny Foray und Hector Garzo gleich zwei Fahrer im neuen MotoE-Weltcup. «Wir fühlen uns als Pioniere einer neuen Ära», kommentierte Teammanager Poncharal – das trifft 2019 wohl nicht nur auf den «FIM Enel MotoE World Cup» zu.

Die Erfolge aus 20 Jahren Tech3-Yamaha:

250ccm (1999 – 2000): 32 Podestplätze, davon 10 Siege (durch Shinya Nakano und Olivier Jacque, Weltmeister 2000)

500ccm/MotoGP (seit 2001): 31 Podestplätze, kein Sieg.
Shinya Nakano (Sachsenring 2001 – 3.)
Alex Barros (Le Mans 2003 – 3.)
Marco Melandri (Montmeló 2004 – 3., Assen 2004 – 3.)
Colin Edwards (Le Mans 2008 – 3., Assen 2008 – 3., Donington 2009 – 2., Silverstone 2011 – 3.)
Ben Spies (Silverstone 2010 – 3., Indianapolis 2010 – 2.)
Andrea Dovizioso (Montmeló 2012 – 3., Assen 2012 – 3., Sachsenring 2012 – 3., Mugello 2012 – 3., Indianapolis 2012 – 3., Aragón 2012 – 3.)
Cal Crutchlow (Brünn 2012 – 3., Phillip Island 2012 – 3., Le Mans 2013 – 2., Sachsenring 2013 – 2., Mugello 2013 – 3., Assen 2013 – 3.)
Bradley Smith (Phillip Island 2014 – 2., Misano 2015 – 2.)
Jonas Folger (Sachsenring 2017 – 2.)
Johann Zarco (Le Mans 2017 – 2., Sepang 2017 – 3., Valencia 2017 – 2., Las Termas/Argentinien 2018 – 2., Jerez 2018 – 2., Sepang 2018 – 3.)

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