MotoGP: Mehr Spannung dank Vereinheitlichung

Kolumne von Michael Scott
Mit der Vereinheitlichung im Bereich der Elektronik versuchen die MotoGP-Verantwortlichen, die Vorteile derjenigen in Grenzen zu halten, die sehr viel Geld ausgeben. Davon profitiert ein Hersteller ganz besonders.

Je mehr sich die Dinge verändern, desto gleicher bleiben sie – so sagt man. Aber stimmt auch das Gegenteil? Je mehr die Dinge gleich bleiben (oder gleich gemacht werden), desto mehr verändern sie sich?

Das ist zumindest der Fall bei der Dorna, welche die Geschicke der MotoGP-WM lenkt und dirigiert. Sie macht mit den Herstellern die technischen Reglemente, die eigentlich stagnieren, sich aber Jahr für Jahr ein klein wenig verbessern.

Die Anpassung – oder genauer gesagt: die Vereinheitlichung – ist 2019 die Einführung einer Plattform, die Trägheit kontrolliert. Das ist ein weiterer elektronischer «Eine-Größe-passt-allen»-Bestandteil, der hergestellt wurde, um für die, die sehr viel Geld ausgeben, jeglichen Vorteil zu verhindern.

Eine Herangehensweise, die sehr effektiv war mit dem Beispiel der Einheitselektronik und -Software. Diese Vorschriften sind dafür verantwortlich, dass alle Fahrer und Hersteller zeitlich näher beieinander liegen. Aber sie halten Honda trotzdem nicht vom Gewinnen ab.

Die Elektronik ist ein Thema, das gleichzeitig abstrus und langweilig ist. Es reicht zu sagen (soweit mein eigenes Verständnis reicht), dass eine Inertial-Plattform (IMU) mit einer Reihe von Sensoren die ECU (Electronic Control Unit = Motorsteuerung) mit Informationen füttert. Aber die IMU macht mehr als nur die Beschleunigung und das Bremsen zu messen.

Sie leistet mehr als ein herkömmlicher Sensor. Man kann sie programmieren, was bedeutet, dass sie der Information noch mehr Raffinesse hinzufügt. Und wenn die Entwicklung so weitergeht, kann sie kundengerecht angefertigt und in den Verkauf gebracht werden. So können die großen Werke mit den fetten Budgets einen Schritt nach vorne machen.

Das muss natürlich geschehen, damit sie die Regeln der Einheits-Motorsteuerung umgehen können. Wie es aussieht, können sie das ohne Hindernisse machen, da die Elektronik auf diesem Level kompliziert und schwierig zu überwachen ist und mehr Zeit und Expertise von Menschen benötigt als vernünftig erscheint.

Deshalb kam das Verbot von freien IMUs und die Einführung einer anderen, «einheitlichen» Hardware. Diese Herangehensweise wurde in der Vergangenheit als ein Schuss ins Knie betrachtet. Sollte das höchste Niveau im Rennsport nicht die Spitze der Forschung und Entwicklung sein? Aber dieses Argument hat während der letzten paar Jahre beachtlich an Stärke verloren, da die Rennfahrer so eng beieinander liegen und die Konsequenz ist, dass genau das Gegenteil geschieht.

Die Show ist das Wichtigste. Und es war bestimmt für alle Involvierten ein großer Spaß. Das Rennen in Assen letztes Jahr war ein brillantes Beispiel. Die MotoGP-Jungs haben sich gestritten wie manische Moto3-Kinder. Nach der Hälfte des Rennens war Zarco aus dem Spiel, aber es waren immer noch ein halbes Dutzend Motorräder auf der Strecke, die innerhalb von einer Sekunde hintereinander lagen. Nur um den ersten Punkt dieser Kolumne zu unterstreichen: Am Ende kreuzte Márquez die Ziellinie mehr als zwei Sekunden vor allen anderen.

Der Beginn der Testsaison 2019 deutete an, dass wir dieses Szenario weiterhin erleben werden. Wir erlebten unterschiedliche Spitzenreiter während der ersten paar Tage und die Zeiten lagen eng beisammen. Bis die Ducati am dritten Tag dominierten. Obwohl man nicht vergessen darf, dass die Tests eine notorisch unzuverlässige Art sind, die Ergebnisse der Rennsaison 2019 vorherzusagen. Letztes Jahr beim Sepang-Test dominierte Jorge Lorenzo; aber es dauerte eine Weile, bis der Ducati-Fahrer eine wahre Bedrohung in der Weltmeisterschaft darstellten.

Wenn die Fans vom Vorteil des Angleichens profitieren, machen es die Teams genauso. Honda hat es geschafft, mehr oder weniger dort zu bleiben, wo sie immer waren, also an der Spitze, beziehungsweise ganz nah dran. Ihre größte Schwäche ist ihr eigener Enthusiasmus, in solchen Situationen sehr experimentierfreudig zu sein. Eine Herangehensweise, die enormes Selbstvertrauen und Mut zeigt.

Yamaha hat ähnlichen Eigensinn gezeigt, indem sie sich, was die Elektronik betrifft, auf ihre eigenen Ressourcen verlassen, anstatt dass sie in der Magneti Marelli-Hierarchie einkaufen. Aber es hat nicht ganz so gut funktioniert. Ihre eigenen Umwege haben dem Team während der vergangenen paar Jahre einiges gekostet, was der Grund dafür ist, dass sie 2018 nicht konkurrenzfähig waren.

Aprilia und KTM spielen auf jeden Fall immer noch Fangen. Also ist diese frische Einschränkung, gemeinsam mit allen anderen, nur ein Schritt, der diese Aufgabe des Aufholens ein wenig erleichtert.

Am meisten begünstigt bei all diesen Beschränkungen ist Suzuki. Das soll kein Vorwurf sein, da die GSX-RR-Maschine eine delikate Stärke besitzt und einen Charakter, von dem sich die M1-Yamaha einiges abschauen könnte.

Aber Suzuki ist ohne Zweifel das Unternehmen, das von den Regeln profitiert hat. Und zwar nicht nur wegen den Status eines «concession teams», den sie wiederbekommen hatten, nachdem sie den siegreichen Maverick Viñales nach 2016 verloren hatten und den sie jetzt wieder verloren haben, nachdem sie 2018 große Fortschritte (neun Podestplätze in einer Saison) gemacht haben.

Jetzt warten wir, um zu sehen, ob ihre zwei jungen Fahrer Joan Mir (20) und Alex Rins (22) den nächsten Schritt schaffen werden. Das ist nur einer der Gründe für die grosse Vorfreude auf die anstehende Saison. Die anderen ergeben sich aus den folgenden Fragen: Wird Johann Zarco auf der KTM konkurrenzfähig sein? Wird ein Wechsel im Management die Zukunftsaussichten bei Yamaha verbessern? Wird Jorge Lorenzo seinen neuen Repsol-Honda-Teamkollegen Marc Márquez auseinandernehmen?

Werden die zusätzlichen Elektronik-Beschränkungen dabei helfen? Und was wäre die MotoGP, wenn die Dorna diese Beschränkungen nicht eingeführt hätte? MotoGP bleibt faszinierend. Deshalb schauen wir uns das Ganze weiterhin an.

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