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Malaysia-Test: Der spannende Alltag in Südostasien

Kolumne von Günther Wiesinger
Die Besucher des Sepang-Tests in Malaysia erleben so manches, was für einen normalsterblichen Mitteleuropäer außergewöhnlich erscheint. Aber in 30 Jahren hat sich viel verändert.

Wer zum Malaysia-MotoGP-Test fliegt, wird schon am Flughafen mit Motorsport konfrontiert. Während ich auf das Gepäck warte, sehe ich oberhalb des Förderbands einen TV-Bildschirm. Dort läuft gerade Werbung mit Mercedes-Formel-1-Pilot Lewis Hamilton. Es ist ein Werbespot für den heimischen Mineralölkonzern Petronas.

Am Airport empfängt mich ein reichhaltiges Angebot an Fast-Food-Ketten: Von Dunkin’ Donut bis Burger King, auch Starbucks und Ritazza sind vertreten. Beim Hertz-Leihwagenschalter ist Geduld gefragt. Modernes Teufelszeug wie Computer, Drucker oder Scanner gibt es in diesem winzigen Office nicht. Trotzdem ist meine Reservation angekommen. Alle meine Daten aus Führerschein, Reisepass und Kreditkarte werden handschriftlich zu Papier gebracht. Alle Jahre wieder. Zum 40. Mal, schätze ich.

Immerhin muss man bei der Einreise den Bogen mit den 27 lästigen Fragen (Im Sinne von: «Wo haben sie die letzten Weihnachten verbracht?») nicht mehr ausfüllen. Man darf jetzt in die Kamera schauen und die zwei Zeigefinger scannen lassen.

1991 hat der GP-Tross erstmals in Malaysia Station gemacht. Seither ist viel passiert. Wir sind nach 1997 von der Clubrennstrecke Shah Alam bei Kuala Lumpur mit kümmerlicher Infrastruktur zuerst für ein Jahr nach Johor Bahru übersiedelt und dann 1999 an den großzügig angelegten Sepang International Circuit, der 10 Minuten vom neuen Flughafen KLIA (Kuala Lumpur International Airport) entfernt liegt.

Es hat sich viel getan in diesem aufstrebenden Land, in dem jährlich 8 Prozent Wirtschaftswachstum zur Tagesordnung gehören. Die Leihautos sind besser geworden. Früher gab es nur malaysische Proton, dieser Hersteller hatte einst fast 70 Prozent Marktanteil. Letztes Jahr bekam ich einen Hyundai Elantra, er hatte 380 km auf dem Tacho, als ich einstieg. Die Sonnenblenden waren noch mit Plastik eingepackt, so neu war er. Ähnlich erging es mir jetzt beim Test vor einer Woche:

Bei Hertz ist das Büro verziert: «Happy New Year», lese ich bei der Ankunft am 5. Februar. Der Jahreswechsel findet bei den Chinesen (sie bilden fast 40 % der malaysischen Bevölkerung) am 4. Februar statt. Am 5. Februar hat das Jahr des Schweins begonnen.

Ein freundlicher Hertz-Mitarbeiter drückt mir die Schlüssel für einen neuen Proton-Kleinwagen des Models Persona in die Hand. Ein tadelloses Fahrzeug. Und welch ein Unterschied zum Proton Saga, den ich 1991 bekommen habe. Der hatte fünf Schlüssel: Je einen für die linke und die rechte Türe, einen fürs Handschuhfach, einen für den Kofferraum, einen fürs Zündschloss.

Auf dem P2-Parkplatz im Paddock ist beim Aussteigen aus dem Auto Vorsicht geboten. Ich wäre beinahe in ein schwarzes, 1 Meter tiefes Loch mit rund 30 Zentimeter Durchmesser getreten, das 50 Zentimeter neben meiner Autotüre lauert. Mit Schuhgröße 43,5 würde ich glatt durchfallen.

Irgendjemand hat den Kanaldeckel als Souvenir mitgenommen.

Merke: In Malaysia gehen die Uhren anders.

Aber die Motorsportbegeisterung ist gewaltig.

Wenn ein Fahrer wie Stefan Bradl beim Grand Prix in der Früh um 8.30 Uhr am Fahrerlagereingang erscheint, lauern 20 großteils weibliche Autogrammjäger; ein paar rufen auf Deutsch von weitem: «Guten Morgen.» Der Bayer gibt Autogramme, posiert für Fotos.

Gefährliche Zufahrt

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Die Zufahrt von der Autobahn zur Rennstrecke, sie ist weltweit unvergleichlich.

Als ich sie 1999 erstmals gesehen habe, dachte ich: Da haben sie die Autobahnausfahrt für die Rennstrecke vergessen und ein gefährliches Provisorium etabliert. Aber auch beim 15. Sepang-GP hatte sich an der Situation nichts geändert. Erst in den letzten Jahren wurde das Loch manchmal verschlossen, denn es gab einen tödlichen Unfall. Nun wird der Verkehr zwei Kilometer weiter geführt bis zu einer Verkehrsampel, dort macht man einen erlaubten U-Turn. Inzwischen habe ich aber eine geheime Einfahrt über den Haupteingang zum Paddock entdeckt, die weniger gefährlich und zudem kürzer ist.

In Malaysia herrscht Linksverkehr. Du näherst dich dieser mysteriösen Abfahrt ausnahmsweise auf der Überholspur, also ganz rechts. Dann bremst du, reihst dich in der Kolonne ein und weißt nie, ob dir jetzt nicht von hinten mit 120 km/h einer ins Heck donnert.

Man erblickt rechts ein 15 Meter langes Loch in den Leitplanken – und beobachtet den Gegenverkehr auf der gegenüberliegenden Fahrbahn. Nach 2 Minuten entsteht eine Lücke, du gibst hurtig Gas, denn der Gegenverkehr rauscht mit 120 oder 130 km/h über eine blinde Kuppe heran. Dann biegst du rein zur Rennstrecke.

Ein unbeschreibliches Szenario.

Kein Wunder, wenn es dort inzwischen manchmal gewaltig gescheppert hat. Warum wird nicht eine Ausfahrt nach links gemacht und ein Tunnel Richtung Paddock gegraben? Weil diese Grundstücke nicht zur Rennstrecke gehören und die zuständige Behörde nichts investieren will, wurde mir erzählt.

Malaysia: Arm und reich

Malaysia hat mit Dr. M. einen 94-jährigen Staatspräsidenten. Sein Neffe Razlan Razali ist CEO des Sepang Circuit. Das ostasiatische Land gilt als auf aufstrebende Wirtschaftsmacht. Da sind einerseits die pompösen Petronas Towers, sie sind 480 Meter hoch, aber wer durch die Dörfer 10 km neben der Rennstrecke fährt, sieht viel Elend, Slums, unglaubliche Armut, 50 Jahre alte Lkw mit qualmenden Dieselmotoren, Pkw ohne Türen und Fenster, in Mitteleuropa wären sie schon vor 30 Jahren aus dem Verkehr gezogen worden.

Dafür hat die Airline «AirAsia» einen riesigen eigenen Terminal 2 mit eigener Autobahnabfahrt, Hotel, Shopping Mall, Outlet-Centre und so weiter gebaut.

Im Vorjahr hat nahe der Rennstrecke auch das neue Mövenpick Hotel eröffnet. Die meisten Teams haben damit wenig Freude: Es ist für muslimische Gäste konzipiert, es wird kein Alkohol verkauft. Die bedauernswerten Mechaniker müssen auf ihr Feierabendbier verzichten.

Seltsamer Schilder

Einmalig sind auch manche Verkehrsschilder auf der Autobahn: Ein Regenschirm, Regentropfen von oben, daneben ein motorisiertes Zweirad.

Was mag das bedeuten?

Es bedeutet: Im Fall von Regen dürfen sich Zweiradkraftfahrer am Pannenstreifen unter der Brücke vor dem Regenguss, der meistens tropische Ausmaße annimmt, in Sicherheit bringen.

Das hört sich ja liebenswürdig an.

Aber wenn es länger regnet, haben halt nicht alle bedauernswerten Zeitgenossen unter der schmalen Brücke Platz. Also parken die Fahrer mit ihren «Underbones», eine Art Mopeds mit Viertakt-Motoren mit bis 180 ccm, irgendwann auch auf der ersten Fahrspur. Und irgendwann auch auf der zweiten.

Und wenn der Regen gar nimmer aufhört, wird auch noch ein Teil der dritten Spur blockiert.

Dann wird die Autobahn zum Zweiradparkplatz. Und zur Fußgängerzone.

Lebensgefährlich?

Hauptsache, man bleibt trocken.

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