Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Wilco Zeelenberg: «Jorge Lorenzo weint nicht lang»

Von Günther Wiesinger
jerez_ Der Zusammentoss von Márquez (93) und Lorenzo (99)

jerez_ Der Zusammentoss von Márquez (93) und Lorenzo (99)

Weltmeister Jorge Lorenzo muss die ungestüme Jerez-Attacke von Márquez abhaken. Yamaha-Teammanager Zeelenberg hat seine eigene Meinung zu diesem Vorfall.

Der Niederländer Wilco Zeelenberg ist Manager des Yamaha-Werksteams von Weltmeister Jorge Lorenzo. Der Sieger des Nürburgring-GP 1990 (250 ccm) nahm seinen Schützling nach dem Zusammenstoss mit Márquez in Jerez nicht in Schutz. Aber er fordert Massnahmen der Race-Direction. «Man muss wissen, was erlaubt ist und was nicht», betont Zeelenberg im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com
 


Wilco, wenn man Jorge Lorenzo in Le Mans beobachtet hat, bekam man das Gefühl, er vergeude zu viel Zeit und Energie mit dem Vorfall mit Márquez in der Zielkurve von Jerez. Muss er dieses Vorkommnis nicht endlich abhaken?

(Er lacht herzlich). Nein, ich stimme da nicht zu. Er hat das abgehakt. Gut, es war ein hartes Manöver. Aber diese Jungs sind daran gewöhnt, Enttäuschungen wegzustecken. Jorge hat in den letzten drei Jahren sehr gute Leistungen gebracht, das müssen wir ihm zugestehen. Und er ist kein Kerl, der zu lange über so einen Vorfall weint. Denn er ist sich bewusst, dass die Saison weitergeht. Klar, am Donnerstag gab es in Le Mans zu diesem Márquez-Vorfall noch einmal hitzige Diskussionen in der Pressekonferenz. Da ist alles noch einmal hochgespielt worden. Aber am Freitag und Samstag haben wir Jerez nicht mehr erwähnt. Jorge hatte die nötige Pace. Und Sonntagfrüh im nassen Warm-up war er auch schnell. Da war alles okay.

Zurück zum Jerez-GP. Wenn Jorge dort bei der Attacke von Márquez einfach zur Seite gefahren wäre, hätte er Marc ins Leere laufen lassen. Sein Gegner wäre dann im Kiesbett gestrandet, Jorge hätte Platz 2 gerettet. Richtig?

Ja, ja, sicher. Es war die letzte Kurve... Und Márquez brauchte Jorge zum Anlehnen, um die Kurve zu kriegen. Das bestreite ich nicht. Aber Márquez bekam keine Strafe, die Race-Direction hat es als Rennunfall betrachtet. Aber ich denke, in Zukunft werden die Funktionäre eine andere Sichtweise anwenden. Klar, Jorge liess die Tür offen. Aber wenn du jemand anrempelst, damit du die Kurve kriegst, hat das mit normalem Rennfahren nichts zu tun.
Im Nachhinein habe ich an diesem Vorfall nichts auszusetzen. Ich bin froh, dass Jorge nicht gestürzt ist, sonst hätte er nicht vier Punkte verloren, sondern 16. Das wäre viel schlimmer. Jorge war aussen, wenn er gestürzt wäre, hätte er sich zum Beispiel das Schlüsselbein brechen können. So etwas liesse sich nicht gutmachen. Die Race-Direction hingegen hätte das Ergebnis umdrehen können. Sie tat es nicht. Es gab heftige Diskussionen darüber. Wir haben klar unsere Meinung dazu geäussert.

Hast du das Video auf dem Aprilia-Cup 1997 gesehen, als Jorge mit zehn Jahren seinen Gegner Joan Olivé genau in dieser Kurve in Jerez vom Motorrad gefahren hat?
(Er lacht laut). Ja, klar, Jorge und ich haben ordentlich darüber gelacht. Jorge hat offen zugegeben, dass er früher auch Fehler gemacht hat. Und er betonte auch, dass ihn nur Strafen zur Vernunft gebracht haben. Er ist damals für Sepang gesperrt worden. Er sagt heute: Ich brauche diese Mätzchen nicht mehr, um Rennen zu gewinnen. Das gilt auch für Casey, Dani und so weiter. Auch Marc wird solche Aktionen in Zukunft nicht mehr brauchen. Wenn er vorne dabei sein will, wenn er die ganze Saison gesund überstehen und Weltmeister werden will, muss er fit bleiben.

Márquez hat auf diese Weise schon den Moto2-WM-Titel 2011 verspielt – gegen Stefan Bradl. Er konnte die letzten zwei Rennen nicht bestreiten.

Ja, es gibt natürlich Fans, die eine solche Fahrweise schätzen. Es war ein fantastisches Rennen in Jerez, das darf man nicht verschweigen. (Er lacht).

Es gibt auch Zuschauer, die diese ungestüme Fahrweise von Márquez stark an Simoncelli erinnert. Sogar Dovizioso hat etwas in diese Richtung angemerkt.
Ja, genau. Die Fahrer sollten ein bisschen vor solchen Attacken geschützt werden. Ich sage immer: Der Fahrer, der hinten ist, ist auch für den Fahrer vor ihm verantwortlich. Das habe ich auch bei der Race-Direction erklärt. Natürlich können Fehler passieren. Es geht um Rennsport, nicht Tennis. Aber es muss Grenzen geben. Es muss klar sein: Das ist erlaubt, das ist nicht erlaubt.

Du hast unmittelbar nach der Zielankunft in Jerez gesagt, das ist nicht Tennis. Jorge hat dir nicht sofort zugestimmt. Er hat seinen Fehler eine Weile nicht eingesehen. Habt ihr heftig darüber diskutiert?

Ja, natürlich. Ich habe auch ihm erklärt, dass mein Statement im spanischen Fernsehen unmittelbar nach der Zieldurchfahrt in der Boxengasse zustande kam. Ich habe auch erwähnt: Ohne Jorge hätte Márquez nicht stoppen können, er wäre im Kies gelandet. Das wurde aber nicht gesendet. Im Grunde war es so: Marc machte einen Fehler, er konnte sein Motorrad nicht stoppen. Anderseits: Es war kein Tennisspiel. Ich habe nachher auch festgestellt: Die Rennleitung muss das beurteilen. Ich bin Teammanager, kein Richter. Wir müssen den Sport respektieren und die Entscheidung der Jury. Was Honda gesagt hat, war auch nicht korrekt. Da war zu hören: Es war eine heisse Aktion, aber sie ist gutgegangen. Auch Marc tat so, als sei nichts passiert. Es ist aber etwas passiert!

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