Mike Leitner: Er traut Dani Pedrosa WM-Titel 2014 zu

Von Günther Wiesinger
Dani Pedrosas Crew-Chief Mike Leitner zählt seinen Schützling zu den MotoGP-Favoriten – neben Lorenzo und Márquez. «Vielleicht gelingt auch Stefan Bradl ein Sprung», meint er.

Der Österreicher Mike Leitner ist seit zehn Jahren Crew-Chief von Dani Pedrosa, der auch im achten im Repsol-Honda-Team nicht Weltmeister wurde.

Pedrosa ging mit grossen Erwartungen in die Saison 2013, er hatte in der zweiten Saisonhälfte 2012 sieben WM-Rennen gewonnen.

Und als er im Mai 2013 den WM-Lauf in Le Mans für sich entschied, hatte er acht der letzten zwölf Rennen gewonnen. «Dani steckt in der besten Phase seiner Karriere», stellte Leitner damals fest.

Der ehemalige 125-ccm-Pilot (zweimal GP-Vierter) aus Bad Ischl traut seinem Schützling für 2014 wieder alles zu. Und er kann sich auch ein zehntes gemeinsames Jahr mit Pedrosa bei Repsol-Honda in der MotoGP-WM 2014 vorstellen.

Mike, nach einigen Vorkommnissen in diesem Jahr wäre es verwunderlich, wenn sich Dani Pedrosa nach dem Ablaufen des HRC-Vertrags Ende 2014 noch einmal einen Teamkollegen Márquez antut. Wie siehst du das?

(Er lacht). Das muss du Dani fragen... Ich sehe das ein bisschen anders. Denn als 2011 Casey Stoner gekommen ist, hat er im ersten Jahr auch alles dominiert. 2012 sah es zwischen ihm und Dani schon wieder anders aus.
Es hängt von Kleinigkeiten ab. Plötzlich hat einmal ein anderer Fahrer eine Verletzung... Es gibt keinen Garantieschein, dass Marc jetzt einen Titel nach dem andern gewinnt. Dass er ein ganz starker Gegner ist, ist unbestritten. Aber Dani ist gewöhnt, immer sehr starke Gegner im Team zu haben. Daran hat er sich bei Casey gewöhnen können.
Und Honda wird nicht so leicht einen anderen Fahrer finden, der auf dem Level von Dani fährt.

Aber vielleicht braucht er nach neun HRC-Jahren einmal eine neue Herausforderung – bei Suzuki oder Ducati zum Beispiel?

Ja, klar. Aber es ist bisher noch nicht darüber geredet worden. Er muss sich selber durch den Kopf gehen lassen, was er für die Zukunft braucht.
Nächstes Jahr ist sowieso eine Saison, in der alle Fahrerverträge auslaufen. Praktisch bei allen Top-Ten-Piloten. Bei Lorenzo, beim Dani, bei Rossi, bei Marc und so weiter.
Es wird interessant sein, zu beobachten, wer schliesslich 2015 auf welchem Motorrad sitzen wird.

Dani Pedrosa war Favorit für die WM 2013. Mit Márquez hat keiner gerechnet. Aber es hat wieder nicht geklappt.

Dani hat bis zum Sachsenring geführt. Dort war er 24 Punkte vorne. Aber dann war mit einem Sturz die Führung weg, weil Marc den Grand Prix von Deutschland gewonnen hat und Dani wegen dem Schlüsselbeinbruch nicht antreten konnte. Man hat man auch bei Lorenzo gesehen, dass du nach so einer Verletzung bei einigen Rennen hinterher hinkst. Dass man mit so einer Verletzung nicht optimal motiviert ist, leuchtet ein.
Und der Zusammenstoss mit Marc in Aragón war dann die Draufgabe.
Am Schluss haben uns 34 Punkte gefehlt.
Wenn wir auf dem Sachsenring mitfahren hätten können, wäre ein Top-3-Platz sicher möglich gewesen...

20 Punkte in Aragón, 16 in Sachsen – dann hätte es für den Titel gereicht, wenn man so eine Milchmädchenrechnung machen will?

Ja, dann wären wir auf jeden Fall gscheit dabei gewesen. Von den drei Favoriten hat jeder Titelchancen gehabt. Aber Lorenzo und Dani haben sich verletzt. Marc ist heil geblieben...
Wenn und Aber zählen allerdings nicht. Wenn Marc in Phillip Island rechtzeitig an die Boxen gefahren wäre, hätte es auch wieder anders ausgesehen.
Drei Fahrer haben das Potenzial zum Titelgewinn gehabt. Einer hat ihn gewonnen.

Für Aussenstehende ist verwunderlich, dass im Repsol-Honda-Team in Australien ein Fahrer rechzeitig zum Reifenwechsyel kommt, der andere verschläft das Zeitfenster – und bekommt die schwarze Flagge. Wie ist das abgelaufen in Phillip Island? Deine Box hat Dani professionell gecoacht. Er kam rechtzeitig zum Motorradwechsel rein. Bei Marc Márquez lief es chaotisch ab. Er verpasste das 10-Runden-Fenster und bekam die schwarze Flagge.

Ich weiss nicht, wie oft die Bridgestone-Leute gekommen sind und der Sicherheits-Delegierte Loris Capirossi, um uns klar zu machen, dass man auf keinen Fall länger als zehn Runden draussen bleiben darf. Sonst ist das Rennen vorbei.
Für mich als Techniker war es wurscht, ob es dann eine Durchfahrtsstrafe oder eine Disqualifikation gibt. Ich habe mich darauf konzentriert, dass wir rechtzeitig an die Box kommen. Das war unser wichtigsten Anliegen. Die Rundenzahl ist in der Früh nach dem Warm-up noch einmal geändert worden. Wir haben diese Prozedur wirklich durchgespielt.
Wir haben dann bei Honda noch ein Meeting gemacht. Einige haben es im eigenen Team falsch verstanden... Das ist mir bei dieser Gelegenheit schon aufgefallen.
Der Unterschied war: Wir haben bei der Anzeigetafel die Runden hinaufgezählt, also von 0 auf 10. Wir haben Dani also immer angezeigt, in die wievielte Runde er reinfährt. Als er nach der Startrunde zum ersten Mal vorbei gekommen ist, haben wir ihm also «2» angezeigt. das war für ihn ziemlich eindeutig. Er hat gewusst, er muss nach Runde 9 oder 10 reinfahren.
Als er in die neunte Runde reinfuhr, haben wir ihm unten noch ein orangefarbenes Zeichen dazu gezeigt. Damit er weiss, er fährt jetzt in eine der beiden Runden rein, in denen er an die Box muss.
Ich habe gar nicht geschaut, was bei Márquez auf der Boxentafel gestanden ist. Das war schon gar nicht möglich, weil sie rechts neben uns waren. Aber ich war verwundert, als Marc nicht rechtzeitig reinkam. Ich war überzeugt, dass er gleichzeitig mit Lorenzo an die Box kommt. Ich hätte nicht erwartet, dass er eine Runde zu lang draussen bleibt.

Bei Marc Márquez haben sie die Runden wie bei normalen Runden runtergezählt?

Ja, und er hat immer gewartet, dass sie ihm «0» anzeigen. Aber sie haben ihm nach zehn Runden die «1» gezeigt, deshalb war er verwirrt. Die haben von zehn runtergezählt... Er hat nicht gewusst, dass er nach der «1» reinfahren muss. So ist das Missverständnis passiert.

Zurück zu Dani Pedrosa: Wie ist seine Einstellung nach dieser schwierigen Saison? Ist er ein bisschen geknickt? Oder denkt er sich: Jetzt erst recht!

Nein, nein. Geknickt ist er nicht. Sicher nicht. Auf keinen Fall. Auf diesem Level, auf dem die ersten drei fahren, musst du zuerst einmal deine Form halten können. Wenn Dani das gelingt, ist er voll dabei. Das ist gar kein Thema. Er hat 2013 Regenrennen und Trockenrennen gewonnen. Es geht um Nuancen.
Man muss die Wintertests und die ersten Rennen 2014 abwarten. Ich schätze Lorenzo wieder sehr stark ein. Marc wird vorne dabei, Dani sicher auch.
Und vielleicht kommt noch jemand dazu. Das weiss man nie. Vielleicht sind es nächstes Jahr vier Piloten, die um den Titel fighten.

An wen denkst du da?

Naja, Pol Espargaró kann ich nicht gut einschätzen. Man weiss auch bei Fahrern wie Stefan Bradl nicht, welchen Sprung sie machen. Er ist jetzt 24 geworden. Die Spanier sind bei allem ein bisschen früher dran. Bei den Mitteleuropäern passiert alles ein bisschen zeitversetzt.
Stefan ist beim Valencia-Test im November eine super-Rundenzeit gefahren. Vielleicht gelingt ihm der Schritt ganz nach vorne ein bisschen später als den Spaniern, vielleicht 2014 im dritten MotoGP-Jahr...

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