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Stefan Bradl: Geht die Tendenz zu Forward-Yamaha?

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl prüft momentan alle Möglichkeiten für die MotoGP-Saison 2015. Forward-Yamaha zeigt starkes Interesse. Der WM-Neunte nimmt im Exklusiv-Interview Stellung.

Die Ränge 10 (Sturz in der Besichtigungrunde) und 16 bei den letzten beiden Rennen in Assen und auf dem Sachsenring waren keine Glanzstücke in der MotoGP-Karriere von Stefan Bradl.

Und sie waren nicht übertrieben hilfreich, um seine Position im LCR-Honda-Team mitten in der Transferzeit zu festigen. Bradl fiel nach Platz 5 im Rennen von Barcelona bei den letzten beiden Grand Prix vom siebten auf den neunten WM-Rang zurück. Das Saisonziel hiess Rang 5.

HRC erwartete in der dritten MotoGP-Saison Podestplätze von Bradl, sie wurden vom Moto2-Weltmeister von 2011 nicht geliefert. Stefan sollte Dani Pedrosa unter Druck setzen, das Yamaha-Werksteam ärgern und sich fürs Repsol-Werksteam empfehlen. Das hat nicht geklappt. In der WM liegen jetzt zwei Ducati vor ihm! Deshalb wird der 24-jährige Bayer bei LCR wohl durch den 19-jährigen Moto3-Fahrer Jack Miller ersetzt.

Inzwischen macht sich Stefan Bradl keine Illusionen mehr: Wenn Teambesitzer Lucio Cecchinello kein Budget für einen zweiten Fahrer auftreibt, muss er sich für 2015 ein neues Team suchen.

Das könnte Pramac-Ducati sein, wenn Cal Crutchlow im Werksteam wirklich den Krempel hinwirft, was stark zu vermuten ist.

Das könnte aber auch Forward-Yamaha sein. Dieser italienische Rennstall, geleitet und betrieben von Giovanni Cuzari und Marco Curioni, dominiert in dieser Saison die Open-Class mit Aleix Espargaró, der auch von Honda geködert wird, aber jetzt nur noch zwischen dem Suzuki-Werksteam und dem Verbleib bei Forward schwankt.

Stefan Bradl hat in den letzten Wochen auch drei lukrative Angebote für die Rückkehr in die Moto2-Klasse bekommen. Er könnte dort eine Saison lang Zwischenstation machen und dann in Ruhe die MotoGP-Möglichkeiten für 2016 sortieren.

Der WM-Siebte aus Zahling hat im Gespräch mit SPEEDWEEK.com alle Möglichkeiten für die kommende Saison erörtert.

Stefan, wenn du zu Forward wechselst, könnte Aleix Espargaró dein Teamkollege bei Forward-Yamaha werden. Damit könntest du dich anfreunden? Du hast seit Michi Ranseder in der IDM 125 im KTM-Junior-Team keinen starken Teamkollegen mehr gehabt.

(Er schmunzelt). Naja, Leonov bei Kiefer in der Moto2...
Nein, im Ernst. Aleix hat sicher fahrerisch einiges drauf. Man müsste zuerst einmal schauen, wie ich mit der Forward-Maschine im Falle eines Falles zurechtkommen würde.
Ich glaube, dass ich bei den Resultaten nicht weit von ihm weg sein würde.

Menschlich kommst du mit Aleix gut aus?

Ja, an sich ganz gut. Er ist ein netter Kerl. Auch wenn man sich auf der Piste bekriegt, kann man abseits der Strecke ein gutes Verhältnis aufrecht erhalten.

Du hast in der WM noch nie einen wirklich starken Teamkollegen gehabt, in keiner Klasse. Könnte das auch auch befruchtend wirken? Könnte das eine zusätzliche Motivation darstellen?

Ja, absolut. Sicher, das wäre ein weiterer Ansporn, wenn man im eigenen Team eine echte Messlatte hätte. Das wäre eine neue Erfahrung für mich, aber auf keinen Fall eine schlechte. Man könnte Daten austauschen und gemeinsam mehr ausprobieren, wir hätten ja wohl identisches Material. Dann wäre das vorstellbar.

Und Aleix Espargaró musst du sowieso besiegen, egal auf welchem Motorrad er sitzt.

Ja, richtig.

In der MotoGP hast du bisher meistens Alvaro Bautista als Messlatte genommen, weil er neben dir der einzige Honda-RC213V-Pilot aus einem Kundenteam ist. Er war nie ein übermächtiger Gegner, obwohl er sechs Jahre älter ist und zwei Jahre mehr MotoGP-Erfahrung hat.

Ja, kann man so sagen.

Forward-Teamchef Cuzari hat gesagt, er traut dir ähnliche Resultate zu wie Aleix. Der war zuletzt in den Trainings Erster und Vierter, er war im Assen-Quali und im Sachsen-Quali jeweils vor dem Yamaha-Werksteam.

Ja, und ich war zuletzt auf dem Grid Vierter und Dritter.
Schauen wir, was bei den Transferverhandlungen rauskommt. Sie werden sich bis zum Indy-GP hinziehen, schätze ich. Und ich will jetzt nicht darüber spekulieren, wie ich mit einem anderen Fabrikat zurechtkommen würde.

Forward-Teamchef Cuzari hat gesagt, er liebe die Deutschen, du seist ein Topfahrer, er will dich. Hast du dir die Möglichkeit Forward-Yamaha schon einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen?

Ich habe seit dem deutschen WM-Lauf noch nicht viel Ruhe gehabt.

Aber Giovanni Cuzari verheimlicht nicht, dass er dich haben will.

Ahhh... Wie gesagt: Er war nach dem Sachsenring-Quali sehr freundlich zu mir...

Du willst bis zum Indy-GP alle Angebote sortieren und studieren. Wie ist die aktuelle Situation bei LCR und HRC?

Teamchef Lucio Cecchinello hat gesagt, er sucht Sponsoren und will mir noch im Juli sagen, wie es für die Zukunft ausschaut. Er arbeitet rund um die Uhr, um meine Zukunft finanziell absichern zu können. Aber die Zeit drängt.

Du liest aber auch, dass bei LCR-Honda statt dir auch Crutchlow und Aleix Espargaró ein Thema sind, nicht nur Miller?

Jeder redet mit jedem... Mit Sicherheit höre ich mir alle Angebote an.
Forward-Yamaha ist ein schlagkräftiges Team. Aleix Espargaró fährt sehr gute Ergebnisse ein, er ist WM-Sechster. Forward ist keine schlechte Alternative.
Ich könnte mich mit so einem Wechsel anfreunden.
Ich muss dazu sagen, dass ich in der ersten Saisonhälfte nicht so gut war, dass ich mich vor lauter Top-Angeboten nicht mehr retten kann.

Du bist auch mit Pramac-Ducati, Aprilia und Suzuki in Zusammenhang gebracht worden.

Wir suchen das beste technische Paket, das konkurrenzfähigste Motorrad. Das Geld steht nicht im Vordergrund. Von diesen drei Teams habe ich bisher keine konkreten Informationen zu deren Motorräder 2015 erhalten.
Ausserdem hängt bei Pramac alles davon ab, was Crutchlow macht. Wenn er weggeht im Werksteam, rückt Iannone nach. Dann wird dort ein Platz frei. Vielleicht tun sich noch ein paar Türen auf, das kann ruck-zuck gehen. Momentan hält sich das Interesse von Ducati an mir in Grenzen.
Ich denke, Suzuki und Aprilia sind für 2015 auszuschliessen. Was 2016 sein wird, darüber brauchen wir jetzt noch nicht zu reden. Das ist völlig offen.

Ich entnehme deinen Aussagen, dass du dir einen Wechsel zu Forward-Yamaha vorstellen könntest. Bei LCR-Honda wird das Geld kaum für zwei Fahrer reichen. HRC will bei LCR-Honda den starken Moto3-WM-Leader Jack Miller unterbringen. Es gibt bisher dort nur Geld für einen Fahrer.

Ich habe von HRC dazu keine Informationen. Ich weiss dazu nur, was ich den Medien entnehme.

Könntest du dir 2015 auch einen Vertrag in einem Honda-Open-Team vorstellen? HRC will das Yamaha-Konzept nachahmen und vier oder fünf diesjährige RC213V-Werksmaschinen in die Open-Class schicken, mit Einheits-ECU und ohne Seamless-Getriebe. Wäre das eine reizvolle Alternative?

Open-Honda? Ja, absolut. Könnte ich mir vorstellen. Ich habe gesagt, ich schaue mich um und höre mir alles an, was in Frage kommt.
Aber auch hier muss ich sagen: Ich habe nur gelesen, wie das Honda-Open-Konzept 2015 aussehen soll. Von offizieller Seite weiss ich gar nichts darüber. Also zerbreche ich mir auch nicht den Kopf deswegen.

In der Moto2-WM haben drei bis vier Spitzenteams Interesse. Ist ein eventueller Umstieg vom Tisch?

Ahhh... Moto2 ist unwahrscheinlich. Ja.

Manche Fans in Deutschland fragen sich, warum will Ducati 2015 im Werksteam mit Dovizioso und Iannone fahren und hat dich nicht einmal für das Pramac-Team wirklich ernsthaft in Betracht gezogen, sondern macht dort lieber mit dem Kolumbianer Yonny Hernandez weiter. Verwunderlich? Denn immerhin ist Ducati für 740 Millionen Euro von Audi gekauft worden.

Ja, das frage ich mich auch. Es besteht noch Interesse von Pramac...

Vielleicht ist der Einfluss der Deutschen nicht gross genug?

Darüber will ich nicht spekulieren. Dazu kenne ich die Verhältnisse dort zu wenig.

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