Wird Ducati mit Open-Privilegien zum Titel getrieben?

Kolumne von Günther Wiesinger
Sepang-GP: Andrea Dovizioso (04) vor Rossi, Márquez, Bradl und Crutchlow

Sepang-GP: Andrea Dovizioso (04) vor Rossi, Márquez, Bradl und Crutchlow

Verstehen wir uns nicht falsch: Natürlich freuen wir uns über MotoGP-Erfolge europäischer Hersteller. Aber die technische Schützenhilfe für Ducati finden wir übertrieben – und sind damit nicht allein.

Ducati Corse wird nächstes Jahr wieder vier Fahrer im Factory Status einsetzen, die alle die grosszügigen Privilegien aus der Open Class nützen können.

Es fahren Andrea Dovizioso und Andrea Iannone im Marlboro-Werksteam, Danilo Petrucci und Yonny Hernandez bei Pramac-Ducati. Nur Avintia-Ducati (Barbera fix, di Meglio fraglich) bemüht sich um Open-Class-Erfolge; denn pro Hersteller sind maximal vier Factory-Bikes erlaubt.

2016 hört sich diese Geschichte auf, dann gibt es keine Open Class mehr, alle Motorräder fahren mit der Einheits-Elektronik. Dann sollen sich alle fünf Werke (Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati und Aprilia) verpflichten, vier bis sechs Maschinen einzusetzen.

2017 kommt dann noch KTM dazu, die Österreicher wollen sich dann mit einem existierenden Team verbünden – wie mit Ajo in der Moto3.

Dass Ducati (in diesem Jahr mit Dovizioso schon fünfmal in der ersten Startreihe, darunter in Japan auf der Pole-Position, dazu viermal in Reihe 1 mit Iannone) auch nächstes Jahr alle Open-Class-Vorteile nützen darf, stösst bei der Konkurrenz nicht auf ungeteilte Begeisterung.

Urprünglich hatte Ducati im Winter diese Zugeständnisse bekommen, weil die 2013 kein Rennen gewonnen haben.

Aber warum gleich für zwei Jahre?

Unser Verdacht: Einigen namhaften Vertretern der Grand Prix Commission wäre es höchst willkommen, wenn Ducati 2015 acht Jahre nach Casey Stoner wieder Weltmeister würde.

In dieser Phase hat Yamaha 2010 und 2012 mit Jorge Lorenzo gewonnen, Honda 2011 mit Stoner und 2013 und 2014 mit Marc Márquez.

«An den Open-Vorteilen für Ducati wird sich für 2015 nichts ändern», versicherte Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta in Sepang gegenüber SPEEDWEEK.com.

Die Gegner dieses Plans haben sich nicht durchgesetzt, darunter befindet sich auch Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal, der gleichzeitig Präsident der Teamvereinigung IRTA ist.

Auch LCR-Honda-Teamchef Lucio Cecchinello sagt: «Die Kundenteams wie wir sind die Leidtragenden dieses Open-Class-Konzepts. Podestplätze werden für uns immer schwieriger.»

Es lässt sich auch schwer vermitteln, warum Aprilia (seit 2006 nicht mehr dabei) und Suzuki (die Japaner haben drei Jahre pausiert) in der nächsten Saison als Neueinsteiger einem Werk wie Ducati gleichgestellt sind, das seit 2003 immer dabei war und in diesem Jahr schon drei Podestplätze (Dovizioso in Austin und Assen, Crutchlow in Aragón) erzielt hat.

Klar: Wenn Ducati saisonübergreifend 2014/2015 drei dritte Plätze, zwei zweite Ränge oder einen Sieg erreicht, verliert es zwei Liter Sprit (es gibt dann 22 statt 24), bei drei Siegen gehen auch die weichen Hinterreifen verloren.

Aber das sind Augenauswischereien.

Denn Ducati muss diese Erfolge erstens im Trockenen erzielen, Assen und Aragón waren aber «wet races». Und zweitens fallen die zwei Liter Treibstoff sowie nicht ins Gewicht. Ducati kommt auch jetzt immer mit 22 aus, das ist kein Geheimnis, im Vorjahr sogar mit 21.
Und die weichen Hinterreifen können eh nur einmal im Jahr im Rennen verwendet werden.

Wenn der neue Ducati-Guru Gigi Dall'Igna die GP15 für die nächste Saison genau so deutlich verbessert wie die GP14 in den letzten zwölf Monaten, dann könnten die Roten 2015 von Sieg zu Sieg eilen.

Dall'Igna ist ein schlauer Fuchs. Er hält die radikal verbesserte und modernisierte GP15 bis zum ersten Sepang-Test im Februar unter Verschluss. Er will beim Valencia-Test (10. bis 12. November) die Karten nicht aufdecken und keine schlafenden Hunde wecken – und keine Privilegien aufs Spiel setzen.

Die Saison 2015 könnte bei Honda und Yamaha für ein böses Erwachen sorgen.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Wer in der MotoGP-WM lang genug hinterher fährt wie Ducati, wird durch allerlei Privilegien gelohnt.

Wenn all diese Zugeständnisse nicht reichen – wie wäre es mit 1200 statt 1000 ccm?

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