Mike Leitner: «KTM? Es ist noch nichts entschieden»

Von Günther Wiesinger
Mike Leitner mit Dani Pedrosa

Mike Leitner mit Dani Pedrosa

Mike Leitner war elf Jahre lang Crew-Chief bei Dani Pedrosa, gemeinsam wurden 41 GP-Siege gefeiert und zwei WM-Titel (250 ccm). Jetzt sucht Leitner eine neue Herausforderung.

Beim Brünn-GP im August machte das Gerücht die Runde, Dani Pedrosa werde sich nach elf Jahren von seinem österreichischen Crew-Chief Mike Leitner trennen.

Ob in diesen Gerüchten ein Kern Wahrheit steckte, liess sich nie genau herausfinden. Fakt ist: Pedrosa hat 2012 noch sieben MotoGP-Rennen gewonnen, 2014 nur eines.

Tatsache ist aber auch: Mike Leitner flog Anfang Oktober mit einem neuen Zwei-Jahres-Vertrag von HRC in der Tasche zum Japan-GP.
Aber er versicherte im Gespräch mit SPEEDWEEK.com damals mehrmals: «Unterschrieben habe ich ihn noch nicht.»

Und zehn Tage später informierte Leitner zuerst Dani Pedrosa und nachher HRC über seinen Entschluss, den Vertrag nicht zu unterschreiben.

Er war mit den Personalrochaden im Repsol-Honda-Werksteam nicht einverstanden. Pedrosa hatte entschieden, den Franzosen Christophe Leonce und den Neuseeländer Mark Barnett per Saisonende 2014 zu entlassen. Statt ihnen kamen der Italiener Dennis Pazzaglini von Drive M7-Aspar und der Spanier Pedro Calvet von Ducati an Bord. «Christophe und Mark sind zwei super Techniker», hielt Leitner fest.

Inzwischen wurde teamintern der spanische Data-Recording-Spezialist Ramon Aurin (Leitner: «Ich habe ihn vorgeschlagen») zum Crew-Chief befördert, dessen Aufgabe übernimmt der Deutsche Daniel Petzold, der bisher im Idemitsu-Moto2-Team für Nakagami gearbeitet hat.

Leitner wurde in Valencia ohne grosses Tamtam verabschiedet. Aber er ging im besten Einvernehmen und überwachte auch noch die drei Testtage nach dem Rennen.

Mike, wie geht es dir? Hast du dich schon ein bisschen erholt?

Von was denn?

Von der Saison? Und von strapaziösen Jahren elf Jahren mit Honda und Dani Pedrosa?

Ja, ja, danke, das passt schon.

Jeremy Burgess wurde bei Yamaha vor einem Jahr mit einer Pressekonferenz bei Rossi verabschiedet. Bei dir ist das alles ein bissen sang- und klanglos abgelaufen?

Wir haben nach dem Test noch ein Abendessen gehabt. Wenn am Montag nach dem WM-Finale gleich ein Test ist, dann hat kein Mensch Zeit für irgendwas. Wir hatten zu viel Arbeit...
Ich war ja beim Test noch da. Es gab nachher gemeinsam noch ein super Abendessen, das hat schon gepasst. Mit Dani haben wir auch intern noch etwas gemacht.

Hast du von Dani Pedrosas Seite irgendwann ab Brünn einmal gespürt, dass deine Position in Frage gestellt war?

Nein, das war absolut nicht der Fall. Es war völlig meine Entscheidung; ich hätte den neuen Vertrag nur noch unterschreiben müssen.
Aber es haben sich dann einige Sachen zugetragen...
Ich habe jetzt elf Jahre mit Dani zusammengearbeitet. Er war ganz schön überrascht, als ich abgesagt habe, er hat eigentlich nicht damit gerechnet.
Ich habe mich mit dem Thema Zukunft noch gar nicht auseinandergesetzt gehabt, als es in Brünn losging, wirklich gar nicht.
Mein Plan ist erst in den Wochen danach ein bisschen gereift. Und als dann das Mechaniker-Tauschen angefangen hat, habe ich mir gedacht: Okay, jetzt muss ich mir auch einmal etwas überlegen.

Ging dieses Mechaniker-Tauschen von HRC aus oder von Dani?

Nein, das ging rein von Dani aus. Er liess sich dann auch nicht mehr überzeugen, dass man das vielleicht lassen sollte. Es war dann für HRC auch schwierig; natürlich haben sie wieder für jeden einen Job gefunden.
Aber wenn ein Fahrer dich fragt, muss man den Fahrer happy machen. Es ist also einfach gegangen.

Aber normalerweise stellt doch der Crew-Chief die Mannschaft zusammen, nicht der Fahrer? Oder zumindest gemeinsam?

Naja, das ist schon lange nicht mehr der Fall. Am Ende bringen die Fahrer immer gewisse Techniker mit. Wenn ich heute mit einem starken Fahrer zu Ducati gehe und ich Techniker mitbringen will, wird das auch gestattet.

Aber Pedrosa hat weder das Team noch das Fabrikat gewechselt.

Ja, aber er wollte einfach zwei andere Leute haben. Das war keine Hinten-rum-Aktion, er hat das auch klar mit den beiden Betroffenen besprochen.

Hast du dieses Manöver nicht als Misstrauensvotum empfunden? Hättest du nicht erwartet, dass Dani Pedrosa deine Zustimmung einholt?

Jorge Lorenzo hat 2013 auch zwei Mechaniker getauscht. Ist das niemandem aufgefallen? Das ist offenbar ohne Resonanz geblieben.
Aber das Mechaniker-Tauschen war nicht die Hauptursache für meinen Weggang.

Was war dann der Hauptgrund? Hast du irgendwie das Gefühl gehabt: Der Nächste bin womöglich ich?

Nein. Der Hauptbeweggrund war: Ich bin jetzt 52 Jahre alt. Wenn ich diesen Job jetzt noch einmal zwei Jahre mache, bin ich Mitte 50. Dann wird es schon ziemlich schwer, dass du in deinem Berufsleben noch etwas änderst. Das hätte bedeutet, dass ich quasi bis zum 60. Lebensjahr im Fahrerlager arbeite.
Es war sicher keine leichte Entscheidung für mich.
Aber dadurch habe ich mir jetzt einmal eine Position geschaffen, wo ich mit hinsetzen und mal mit verschiedenen Leuten reden kann, ohne dass ich einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben habe.
Und das mache ich jetzt auch. Ich habe schon irrsinnig viele verschiedene Meetings gehabt. Ich werde mir das jetzt bis Mitte Januar überlegen und mich dann entscheiden.

Das bedeutet, du wirst 2015 nicht im GP-Fahrerlager zu sehen sein?

So wie es jetzt ausschaut, nicht.

Wir haben uns schon beim Australien-GP über die Möglichkeit eines Wechsels zu KTM unterhalten. Hat es auch mit KTM Meetings gegeben?

Das ist klar. Mit KTM habe ich mich schon auseinander gesetzt. Aber ich will jetzt keine Gerüchte verbreiten, bevor ich mich entschieden habe. Vor Mitte Januar gibt es keine Entscheidung.

Aber du bleibst dabei: KTM wäre durch den MotoGP-Einstieg 2017 eine reizvolle Aufgabe? Die Firma ist nur eine Autostunde von Bad Ischl entfernt. Und du könntest dort im Falle akuter Rennmüdigkeit später auch andere Aufgaben übernehmen?

Ich wäre ein Volltrottel, wenn ich jetzt sagen würde, KTM ist kein interessantes Projekt. Aber das ist gleichzeitig auch eine grosse Aufgabe. Deshalb muss ich da noch einiges abklären. Ich will genau wissen, wie so ein MotoGP-Einstieg dann am Ende abläuft.

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