Tom O'Kane (Suzuki): «Wir waren schockiert»

Von Günther Wiesinger
Tom O'Kane zählt zu den profiliertesten Crew-Chiefs im MotoGP-Paddock. Er betreut jetzt Aleix Espargaró. Er kennt die Stärken und Schwächen von Suzuki wie kein anderer.

Das Suzuki Ecstar-Team glänzte beim Catalunya-GP mit pausenlosen Trainingsbestzeiten. Aleix Espargaró lag nach dem FP2 vorne, Maverick Vinales nach dem FP3, im Qualifying sicherte sich das Suzuki-Duo sensationell die Ränge 1 und 2.

SPEEDWEEK.com hat sich exklusiv mit dem Nordiren Tom O 'Kane unterhalten, der schon 2005 bis Ende 2011 bei Suzuki als Crew-Chief tätig war und 2013 für das Testteam zurückgeholt wurde. 2012 hatte er vorübergehend ein Jahr beim Superbike-WM-Werksteam von BMW verbracht, vor 2005 war er beim Team Roberts tätig.

Tom, das Suzuki-Team ist spätestens seit dem Barcelona-GP in aller Munde. Im November gab es noch zahlreiche Motorschäden, da sah es weniger vielversprechend aus. Was hast du persönlich von der Saison 2015 erwartet?

Um ehrlich zu sein, vor einem Jahr um diese Zeit sah die Situation noch gut aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir seine sehr gute Zuverlässigkeit bei den Motoren.
Erst gegen Saisonende 2014 begannen diese Motorschäden.
Wir waren schockiert, wenn ich ehrlich sein soll, besonders, weil wir kurz vorher neue Fahrer engagiert hatten. Plötzlich erlebten sie, wie unsere Motoren pausenlos kaputt gingen. Das war keine komfortable Angelegenheit, wie du dir vorstellen kannst.
Aber wir hatten nicht sehr viel geändert, deshalb hat es nicht lange gedauert, bis wir die Ursache der Motorschäden erforscht hatten. Wir mussten nur eine Kleinigkeit ändern, dann waren die Triebwerke wieder standfest.

Ich war vor einem Jahr skeptisch, was die Konkurrenzfähigkeit von Suzuki für 2015 betraf. Die Entwicklung schien sehr gemächlich voranzuschreiten. In Sepang 2014 gab es beim ersten Februar-Test kein neues Motorrad, kein Seamless-Getriebe, auch die Umstellung auf die Marellii-Hardware erfolgte spät. Bei der Software wurde lange mit dem Mitsubishi-Zeug experimentiert, das in der Vergangenheit nie konkurrenzfähig war. 2014 übernahmen Suzuki-Elektroniker das Kommando über die Software?

Genau, richtig. So war es. Während der Saison 2014 haben wir erstmals die Marelli-Hardware verwendet. Es war eine Menge Arbeit, unsere ganzen Strategien vom Mitsubishi-System zu transferieren.
Wir haben diesen Wechsel nicht in einem Schritt ausgeführt; es ging während der Saison Schritt für Schritt.
Das wurde alles von einer sehr kleinen Anzahl von Spezialisten bei Suzuki erledigt.

Der Barcelona-GP verlief am Freitag und Samstag fantastisch für Suzuki. Aber im Rennen fiel Aleix Espargaró innerhalb von drei Kurven vom ersten auf den zehnten Platz zurück. Fehlt euch also beim Sprint zur ersten Kurve immer noch Power, obwohl es beim Catalunya-GP neue, stärkere Motoren gab?

Ja, es liegt zum Teil an der Motorleistung und zum Teil an der Elektronik. Wir müssen Launch-Control, Wheelie-Control und Traction-Control noch verfeinern... Alles, was wir brauchen, um vom ersten bis zum vierten Gang auf der Geraden besser und schneller beschleunigen zu können. Darauf liegt jetzt unser Hauptaugenmerk.

Wenn man diese Hintergründe nicht kennt, hält man Aleix weiter für ein «one lap wonder». Aber du hast mir schon in Katar erzählt, dass du ihm einschärfst, er solle mehr Energie auf den Rennspeed legen.

Ja. Und Aleix hat das auch in Barcelona im Rennen gezeigt. Man hat mir so viele Dinge über Aleix erzählt, aber das waren offenbar Leute, die ihn nicht genau gekannt haben.
Als unsere Zusammenarbeit im November begann, habe ich einen ganz anderen Rennfahrer kennengelernt. Aleix ist sehr gut in der Lage, ein gutes Rennen hinzulegen.
Sein Crash im Rennen – auf Platz 4 – hat einiges mit dem Problem nach der Startlinie zu tun. Aleix musste in den ersten Rennrunden so viele Plätze wettmachen. Und das geht nur, wenn du innen an den Gegnern vorbei tauchst. Dadurch wird der Vorderreifen stark beansprucht; deshalb hat sich sein Vorderreifen schon ganz am Anfang des Rennens nicht mehr sehr gut angefühlt.

Was kann Suzuki in den nächsten Rennen erreichen? Teammanager Davide Brivio will näher an Ducati herankommen.

Es gibt zwei unterschiedliche Aspekte. Das eine sind die Ziele, und dann gibt es die Erwartungen.
Unser Ziel muss es sein, nach Podestplätzen zu jagen, bevor die Saison vorbei ist.
Unsere Erwartungen sehen ein bisschen anders aus. Da wollen wir in der Nähe von Platz 6 mitfahren, nicht dauernd auf siebten, achten und neunten Plätzen ins Ziel zu kommen. Vielleicht können wir sogar Platz 5 oder 4 anpeilen.

Aber du musst sicherstellen, dass Suzuki kein Rennen im Trockenen gewinnt, sonst verliert ihr für 2016 alle Privilegien des Neueinsteigers.

(Er lacht). Wir konzentrieren uns wirklich auf die härteren Reifen. Wenn uns der weichere einen Vorteil bietet, nützen wir ihn, klar. Aber wir haben den weicheren Hinterreifen noch nie im Rennen eingesetzt. Ich sehe auch keine Situation, wo wir ihn bei den restlichen Rennen 2015 verwenden können, auch wenn er härter ist als 2014.
Der weichere Hinterreifen der Open Class stellt keinen so grossen Vorteil darf, wie manche Leute glauben.
Aleix fährt oft mit dem härteren Reifen ähnliche Zeiten. Was du an Grip gewinnst, verlierst du ein bisschen an Stabilität.

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