Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

UJM und die Flügel, die nicht fliegen können

Kolumne von Michael Scott
Erinnert sich noch jemand, was UJM bedeutet? In den 1970ern stand diese Abkürzung für «Universal Japanese Motorcycle». Mittlerweile ist Ducati die einzige Marke, die sich von ihnen abhebt.

In den 1970ern und den letzten Tagen des sterbenden Norton-Werkes, was die letzte Bastion einer vormals großartigen britischen Motorradindustrie war, versuchten die Verkäufer verzweifelt, veraltete, undichte und vibrierende Kracheisen in einer Halle der «Earl’s Court Motor Show» in London zu verscherbeln.

Sie standen der neusten Generation von mehrzylindrigen, mit obenliegenden Nockenwellen ausgestatteten Hochleistungsmaschinen aus dem Land der aufgehenden Pferdestärken gegenüber.

Norton wurde von einem dieser Bikes aufgehalten. Ich denke, es war eine Kawasaki Z1, die mattschwarz lackiert und höhnisch als «Universal Japanese Motorcycle» (UJM) vorgestellt wurde.

Kurze Zeit später wartete Norton mit dem interessanten Wankel- Rotationskolben-Motor auf. Der große Name kehrte nun mit einer Retro-Nachbildung der Zweizylinder-Commando zurück, jedoch mit Anzeigen, die nicht abfallen, sobald man die Maschine über 4.500 dreht. Zumindest nicht jedes Mal.

Die Invasion der UJM spiegelte sich auch im Grand-Prix-Sport wieder. Als die Manx Nortons in der Versenkung verschwanden, begann die östliche Invasion ernst zu werden... Nach einigen großartigen technischen Abenteuern und Innovationen – Honda-Bikes mit vier, fünf und dann sechs Zylindern, Yamaha- und Suzuki-Zweitakter mit zehn und mehr Gängen – pendelten sich die UJMs mit Hilfe der niveausenkenden Regeln langsam ein. Wenn man in den letzten Tagen der Zweitakter keine V4 500 hatte, dann konnte man an ihrer Stelle auch eine Manx Norton einsetzen.

Die MotoGP-Klasse bot zunächst mehrere Optionen: siehe den Aprilia-Dreizylinder, Reihenmotoren, V4 und Hondas klangvollen V5. Die Blata V6 existierte nur auf dem Papier, aber es waren wunderschöne Zeichnungen. Als die Klasse zehn Jahre existierte, wurde der Drang zur Universalität von den Regeln erzwungen. Die Anzahl der Zylinder wurde auf vier festgelegt und auch die maximalen Bohrungsmaße wurden bestimmt. Alles sind V4. Entwerder tatsächlich oder wie bei Yamaha und Suzuki nur fast.

Es gibt jedoch noch etwas Raum für unkonventionelle Lösungen. Dabei gibt es aber keinen Grund, nach Japan zu blicken. Wir müssen Ducati danken, die Versteinerung der UJM-Maschinen gesprengt zu haben.

Die desmodromische Ventilsteuerung ist der Schlüssel. Sie ist für die Marke aus Bologna ein einzigartiges Verkaufsargument. Doch sie ist unsichtbar. Vielleicht war die Sehnsucht danach, sichtbar anders zu sein, der Grund dafür, dass dieses Element in der neuen GP15 zu finden ist: Winglets.

Die Kleinen, breiten Flügel wurden beim Deutschland-GP zu Doppeldeckern. Wie wir alle wissen, machte die Ducati Desmosedici in den Jahren nach Casey Stoners Titelgewinn 2007 große Probleme. Niemand konnte die Krise besser beleuchten als Valentino Rossi und sein Crewchief Jerry Burgess, die bis dahin unbesiegbar waren.

In diesem Jahr sorgte Sportdirektor Gigi Dall’Igna, der von Ducati bei Aprilia abgeworben wurde, für den entscheidenden Umschwung. Dovizioso stand beim Saisonauftakt auf der Pole-Position, worauf er sich den Spitznamen «Desmo Dovi» gab, und erreichte in den ersten drei Rennen und in Frankreich erneut das Podest. Danach schnappte sich sein Teamkollege Iannone in Mugello seine erste Pole und stand zweimal auf dem Podest, was «Maniac Joe» auf Gesamtrang 3 beförderte. All das mit den neuen Winglets.

Sie sind nicht komplett neu, aber jene von 2010 hatten mehr die Aufgabe, den Luftstrom zu kontrollieren, um bessere Kühlung zu erreichen. Die 2015er-Version ist anders. Es sind kleine nach unten gekrümmte Tragflächen mit großen Abschlussplatten in negativer V-Stellung. Sie erfüllen nun einen anderen Zweck. Sie sollen eine nach unten gerichtete Kraft erzeugen, um Wheelies zu verringern, sagten sie.

Das funktioniert vielleicht, wenn die Maschine aufrecht fährt. Ducati lachte über Spekulationen, dass der gegenteilige Effekt erzielt wird, wenn sich die Maschine zu weit hebt. Ein Flugzeug kann auch auf dem Kopf fliegen, obwohl die Tragflächen dann das Gegenteil bewirken sollten.

Wenn die Winglets wirklich effektiv sind, was passiert dann, wenn die Maschine eine Schräglage von 60-Grad aufweist? Sie würden die Front noch immer nach unten drücken, Untersteuern verursachen und man würde die Linie verlieren. Dieses Problem ließ vergangene Desmosedicis erfolglos bleiben. Dieses Problem konnte Dall’Igna weitestgehend lösen.

Lustigerweise flog der schon schmerzhaft konstante Dovi – ein überlegter, sich wohl artikulierender, bodenständiger und sicherer Fahrer – in den letzten Rennen fast so oft von seiner Maschine wie Rookie Jack Miller.

Ist es ein zu provokanter Scherz, zu vermuten, dass Dovis Flügel fälschlicherweise verdreht wurden? Natürlich ist es das, denn dies würde bedeuten, dass die Winglets tatsächlich funktionieren. Doch ohne sie, würde die Ducati nur wie jedes andere «Universal Japanese Motorcycle» aussehen.

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