Davide Brivio: «Der Motor macht uns verwundbar»

Von Manuel Pecino
Derzeit wird in Japan das Seamless-Getriebe von Suzuki getestet. Falls keine Probleme auftauchen, könnte das Getriebe ohne Zugunterbrechung schon beim Aragón-GP eingesetzt werden.

In der ersten Saisonhälfte konnte es fast als brillant beschrieben werden, als sie drei Mal in der ersten Startreihe standen – inklusive der Pole-Position in Barcelona. Doch mittlerweile hat Suzuki etwas an Schwung verloren. Dies machen die Ergebnisse auf der Strecke sichtbar und es ist innerhalb des Teams auch fühlbar.

Es gibt keine schlechte Stimmung oder angespannte Beziehungen, aber man kann spüren, dass die Motivation der Fahrer gedämpft wurde. Wir wissen, dass die Fahrer in einem Team eine Kettenreaktion auslösen können. Wenn sie ein Hoch haben, hat auch das Team ein Hoch. Wenn ihre Schultern entmutigt nach unten fallen, verliert die gesamte Box die Motivation. Gut, es ist vielleicht übertrieben, dass die Suzuki-Fahrer den Kopf hängen lassen, aber wenn man an den GP-Wochenenden zwischen den Fahrern und Team lebt, dann kann man einen Unterschied zwischen dem Aleix Espargaró vom Saisonanfang und dem in den letzten Rennen feststellen.

Es gibt in dieser Situation keinen besseren Gesprächspartner als Davide Brivio, um diesen Tatsachen auf den Grund zu gehen. Der italienische Manager des Suzuki-Teams ist in dieser Hinsicht sehr ehrlich, er versucht nicht, etwas zu beschönigen.

«Ja, vielleicht kamen wir bei der Entwicklung des Bikes etwas ins Hintertreffen. Wir konnten die Lücke zu den Top-Maschinen im Hinblick auf den Motor noch nicht schließen. Das macht uns verwundbar. In Sachen Elektronik haben wir uns eindeutig verbessert. In Barcelona gelang uns ein großer Schritte, aber nach diesem Grand Prix war unsere Pace langsamer. In den letzten Rennen warteten wir auf neue Teile. Ich hoffe, dass wir für Motegi oder am Ende der Saison noch etwas erreichen können. Wir müssen auch daran denken, das Bike das nächste Jahr vorzubereiten», betont Brivio.

Im Vergleich zu Honda oder Yamaha sind die Ressourcen der Rennsportabteilung von Suzuki viel geringer. Wir sprechen nicht nur von finanziellen, sondern auch von menschlichen Ressourcen. Daher könnte man die Aussage von Brivio so verstehen, dass die Rennsportabteilung von Suzuki sich bereits mehr auf die neue GSX-RR für das nächste Jahr konzentriert.

«Nein, das ist nicht der Fall», erklärte Brivio. «Wir hatten die Idee, eine neue Maschine für 2016 zu bauen, doch sie wird in Wirklichkeit eine Weiterentwicklung des 2015er-Modells sein. Wir arbeiten daran, kurzfristig weitere Entwicklungen zu bringen, um mit ihnen die Saison zu beenden. Große Veränderungen sollen dann für das erste Rennen im nächsten Jahr vorgenommen werden. Die Arbeit, die wir jetzt leisten, dient der Saison 2016. Wir müssen schon jetzt an das nächste Jahr denken: Michelin, neue Elektronik…»

Wenn die neuen Regeln ins Spiel kommen, sollen sie, zumindest auf dem Papier, den Unterschied zwischen den Bike verringern. Durch eine stärkere Limitierung der Entwicklungsarbeit sollen starke Marken nicht mehr in der Lage sein, die schwächeren Hersteller zu unterdrücken. So stellt man sich die Auswirkungen zumindest vor… In dieser Hinsicht ist Brivio sehr realistisch.

«Das Kräfteverhältnis wird sich kaum verändern, weil es eine neue Elektronik gibt. Die besten Ingenieure, oder die mit der meisten Erfahrung, werden die Parameter sicher besser im Griff haben. Es ist wahr, dass die Elektronik für alle gleich sein wird, aber es gibt sehr viele Parameter, die modifiziert werden können und mit denen man umgehen muss. Daher wird die Erfahrung der zuständigen Ingenieure eine tragende Rolle spielen. Zudem gibt es noch etwas Verwirrung und einiges ist noch nicht klar. Meiner Meinung nach ist es wahrscheinlich, dass Yamaha, Honda oder Ducati, die in der MotoGP-Klasse sehr erfahren sind, die Elektronik anfangs besser nutzen können. Wir versuchen, sehr schnell zu arbeiten, um sie zu verstehen.»

Lasst uns nun über die Fahrer sprechen: Aleix Espargaró und Maverick Viñales. Espargaró begann die Saison sehr motiviert und erwartungsvoll. Die Tatsache, dass er endlich für ein Werksteam fahren darf, pushte Aleix extrem. Er wusste, dass er in ein neues Projekt kommt, bei dem er als Fahrer die Referenz für den Status des Projekts darstellt. Alle Augen würden auf ihn gerichtet sein. Am Anfang der Saison war er brillant, in Barcelona erzielte er bei seinem Heim-GP die Pole-Position – großartig für ihn und Suzuki.

Zwei Wochen später in Assen stand er wieder in der ersten Reihe, aber ab diesem Zeitpunkt zeigte die Lernkurve nach unten. Die Resultate, auch in den Qualifyings, wurden immer schwächer. Auch die Sommerpause änderte daran nichts. Es hatte den Anschein, als sei Aleix ein bisschen… entmutigt?

«Naja, ein kleines Tief bei der Motivation nach der Sommerpause», räumt Brivio ein. «In Indianapolis und Brünn war er nicht der Aleix, den wir kennen. Nun findet er wieder zu seiner Form zurück. Ich hoffe, dass er am Ende der Saison wieder ganz vorne ist. Aleix ist sehr schnell und kann großartige Dinge erreichen, wenn er stark motiviert ist.»

Und wie sieht es mit Maverick Viñales aus? Der «Goldjunge» der MotoGP-Klasse, von dem behauptet wird, dass er nach Ablauf seines Suzuki-Vertrags sofort zu Honda oder Yamaha wechselt, scheint ein erstklassiger Schüler zu sein. Er schaffte es bei seinen ersten zehn MotoGP-Rennen in die Punkte. «Maverick entwickelt sich schnell. Wir sind froh, dass er als Fahrer in dieser Weise wächst. Er zeigt das Talent, von dem wir alle wissen, dass er es hat.

Bei Suzuki ist bekannt, welch großes Potenzial der junge Spanier hat, aber sie wissen auch, dass sie ihm nicht nur einen guten Vertrag, sondern auch ein Siegermotorrad bieten müssen, damit er auch in Zukunft im Team bleibt. «Da wir an jedem GP-Wochenende mit Viñales zusammenarbeiten, wissen wir, dass er nur ein Ziel hat: MotoGP-Weltmeister werden. Es ist wahr, dass jeder in der Weltmeisterschaft das will, aber glaube mir, wenn ich dir sage, dass es niemand mehr will als Maverick.»

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