Sito Pons plant MotoGP-Team mit Pol Espargaró

Von Günther Wiesinger
Nach elf Jahren Pause wird Ex-Weltmeister Sito Pons 2017 wieder ein MotoGP-Team betreiben. Er bekommt den 24. Startplatz und will mit Pol Espargaró antreten.

Seit einigen Monaten beschäftigt uns die Frage, wer für die MotoGP-Saison 2017 und die vier Jahre danach den kostbaren 24. Startplatz in der Königsklasse erhalten wird.

Nach der Saison 2015 sind bekanntlich die zwei Plätze von Forward Racing gestrichen worden und dazu sind die beiden finanzschwachen und erfolglosen Rennställe Iodaracing-Aprilia (Alex De Angelis) und AB Motoracing (Karel Abraham) weggefallen.

Die Dorna hat also für die Saison 2016 nur 21 Fixstarter akzeptiert, der Vertrag mit Michelin umfasst aber die kostenlose Ausrüstung von 24 Teilnehmern.

Da das Red Bull KTM Factory Team 2017 mit zwei Piloten einsteigt, bleibt also noch ein Teamplatz vakant.

Wir wissen, dass sich Aki Ajo dafür interessiert hat. Auch Forward-Racing hätte gern zumindest wieder einen MotoGP-Teamplatz zurück gehabt, Teambesitzer Giovanni Cuzari hoffte auf preiswertes oder gar kostenloses Material von KTM.

Und auch LCR-Teambesitzer Lucio Cecchinello hätte 2017 gern wieder zwei Fahrer ausgerüstet.

Aber inzwischen ist der 24. MotoGP-Platz für die nächsten fünf Jahre bereits fix vergeben, auch wenn es Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta und die Teamvereinigung IRTA am liebsten noch ein paar Wochen geheim halten würden.

Der verfügbare Platz geht an den 56-jährigen Sito Pons, den 250-ccm-Weltmeister von 1989 und 1990, der von 1981 bis 1991 selbst an 121 Grand Prix teilnahm und dann von 1992 bis Ende 2004 ein 500-ccm- und MotoGP-Team mit Fahrern wie Alex Crivillé, Alberto Puig, Carlos Checa, Alex Barros, Loris Capirossi betrieb.

Der in Spanien ausgezeichnet vernetzte Pons trieb immer grosse Sponsoren wie Campsa, Ducados, Camel, Emerson und West auf, alle erwähnten Fahrer bescherten ihm GP-Siege in der Königsklasse.

In der Saison 2001 belegten Capirossi und Barros sogar die WM-Ränge 3 und 4; das Pons-Honda-Kundenteam war damals der erfolgreichste Rennstall in der «premier class».

2003 setzte Pons in seinem Camel Pramac Pons-Team die Honda Piloten Biaggi und Ukawa ein, Biaggi gelangen zwei Siege. Max gewann auch 2004 einen Grand Prix, er wurde wie 2003 WM-Dritter.

Ende 2005 musste Sito Pons sein MotoGP-Team zusperren. Es hiess damals, er habe damals zu hoch gepokert und ein 12-Mio-Dollar-Angebot von Camel ausgeschlagen. Ein Ersatz fand sich natürlich nicht.

2005 setzte Pons in der MotoGP-WM das Team Camel Pons mit den Piloten Alex Barros und Troy Bayliss ein. Sie beendeten die MotoGP-WM auf den Rängen 8 und 15. Für 2006 wollte er wieder Max Biaggi holen. Doch der Deal war Camel zu teuer.

Pons zog deshalb sein Team aus der WM zurück und stieg erst 2010 anlässlich der neuen Moto2-Klasse wieder ein. Er war damals der erste und einzige Kalex-Kunde – mit den Piloten Sergio Gadea und Axel Pons.

Pons: MotoGP blieb immer ein Thema

In den letzten Jahren war die Rückkehr in die MotoGP-WM für Pons fast jedes Jahr ein Thema. Er liebäugelte vorübergehend mit dem Einstieg in die Claiming-Rule-Class 2012, aber schliesslich schreckten ihn neben den hohen Kosten auch die mangelnden Erfolgsaussichten ab.

Er wusste: Er braucht 5 Mio Euro für zwei Fahrer, aber die Chancen auf Top-Ten-Plätze wären gegen die vielen Factory-Bikes äusserst gering.

Trotzdem dachte Pons immer wieder über die MotoGP-WM nach, der hätte für die CRT-Klasse auch gerne ein Kalex-Chassis bauen lassen für Werksmotoren von Honda oder Yamaha.

Im vergangenen Sommer interessierte sich Sito Pons für zumindest einen der beiden Forward-Teamplätze, aber es kam unter dem Zeitdruck der Sommerpause zu keiner Einigung mit Cuzari und der Dorna.

Der weitsichtige und gewiefte Stratege Sito Pons war also immer wachsam, wenn sich eine MotoGP-Chance ergab. Schliesslich wollte er nicht ewig seine Talente wie Pol Espargaró (er wurde bei Pons 2013 Moto2-Weltmeister), Maverick Vinales (er gewann im ersten Moto2-Jahr bei Pons vier WM-Rennen) und Alex Rins (er wurde bei Pons 2015 als Rookie Vizeweltmeister in der Moto2 mit zwei Siegen) an die Konkurrenz in der Königsklasse verlieren.

Der geschäftstüchtige Sito Pons hat geschickt abgewartet und seine Trümpfe zum richtigen Zeitpunkt ausgespielt. Denn in den Jahren 2017 bis 2021 erhalten alle MotoGP-Privatteams von der Dorna pro Fahrer 2,8 Millionen Euro im Jahr, gleichzeitig werden die Leasingraten mit 2,2 Millionen gedeckelt. Und ausserdem muss jeder Hersteller mindestens vier Fahrer ausrüsten, wenn die entsprechende Nachfrage besteht.

Dazu sind dann die Open-Class-Bikes schon das zweite Jahr verboten. Es mischen 2017 mit Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati, Aprilia und KTM erstmals sechs Hersteller mit, eine sehr attraktive Situation für die privaten Teambesitzer.

Denn es wird nur noch High-Tech-Prototypen geben, sogar in höherer Qualität als 2016 – aber für maximal 2,2 Millionen.

Und Sito Pons konnte der Dorna frühzeitig das vielversprechendste Paket anbieten. Er verfügt über eine erstklassige Infrastruktur, hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Königsklasse, er hat mit Firmen wie Paginas Amarillas (Gelbe Seiten) und HP treue und finanzstarke Sponsoren – und beste Connections zu Toppiloten und deren Management.

Im Juli 2015 erklärte der ehemalige IRTA-Präsident Sito Pons gegenüber SPEEDWEEK.com: «Es ist schwierig, heute noch ein MotoGP-Team zu gründen. Aber du weißt nie, was passiert... Es kann sich eine nette, gute Gelegenheit ergeben. Wenn das passiert, sind wir natürlich bereit. Natürlich gibt es immer Gespräche, immer Möglichkeiten. Wir haben wegen 2017 auch mit KTM gesprochen. Es wäre am besten, wenn man mit einem Werk zusammenarbeiten und ihm bei der Entwicklung helfen könnte.»

Noch ein spanisches Team

Natürlich wird jetzt wieder der Vorwurf laut werden, die Dorna bevorzuge die Spanier, denn mit Avintia Ducati und Power Electronics Aspar Ducati existieren bereits zwei namhafte private MotoGP-Teams aus Spanien.

Aber in Italien ist das MotoGP-Leben schwierig geworden, deshalb musste Fausto Gresini sein Team an Aprilia übergeben, Iodaracing verlor zuerst einen Platz, dann im letzten Winter auch den zweiten. Sogar Lucio Cecchinello (LCR-Honda) musste nach einem Jahr den zweiten Platz (von Jack Miller) an Marc VDS abtreten.

Aus Spanien kommen hingegen auch noch die Hauptsponsoren der Werksteams von Yamaha und Honda – Movistar und Repsol!

Sito Pons konnte der Dorna jedenfalls frühzeitig ein aussichtsreiches Paket anbieten. Und auch bei der Fahrerwahl gab sich Pons nicht mit halben Sachen zufrieden: Er nominierte keinen Geringeren als Pol Espargaró, der jetzt die dritte Saison bei Tech3-Yamaha fährt und frustriert ist, weil die Türen im Movistar-Yamaha-Werksteam womöglich auch 2017 und 2018 versperrt bleiben, wenn nach Rossi auch noch Lorenzo unterschreibt.

Pol Espargaró, 2014 im ersten MotoGP-Jahr gleich WM-Sechster, wurde bei Pons auf Kalex 2013 Moto2-Weltmeister.

Und es gibt seither einen gemeinsamen Berührungspunkt: Pol Espargaró brachte damals Sponsor HP (Hewlett Packard) zu Pons mit – und hinterliess den Geldgeber dort bis zum heutigen Tag.

Jetzt muss Sito Pons nur noch die Materialfrage klären. Und damit hat er vorläufig keine Eile.

Denn wie gesagt: Suzuki darf die Anfrage von Pons gar nicht abschlägig behandeln. Und Pons könnte dort als Nr.-1-Kundenteam für 2017 recht konkurrenzfähiges Werksmaterial erhalten. Vielleicht sogar Suzuki GSX-R-Maschinen des Jahrgangs 2017.

Ducati kommt wohl nicht in Frage, weil die Roten schon vier Teams ausrüsten und Avintia und Aspar zwei Jahre alte GP14.2-Bikes erhalten, was für Pol Espargaró keineswegs reizvoll oder akzeptabel wäre.

Honda kann ein Thema werden, denn die Japaner könnten 2017 durchaus ein sechstes Bike einsetzen, die Verbindungen von Pons zu HRC sind ausgezeichnet.

Yamaha? Eher nicht, denn dort hat Tech3 als langjähriges Kundenteam die älteren Rechte – ähnlich wie Pramac bei Ducati.
Aprilia und KTM kann man ausschliessen, solange dort die Konkurrenzfähigkeit nicht geklärt ist.

Der Schachzug von Pons hat auch Auswirkungen auf das Tech3-Yamaha-Team: Teambesitzer Hervé Poncharal muss neben Bradley Smith (er fährt 2017 und 2018 bei KTM) wohl einen zweiten Fahrer für die nächste Saison suchen. Das müsste er auch tun, wenn Lorenzo zu Ducati ginge und Pol dadurch ein Angebot für das Movistar-Yamaha-Werksteam bekäme, was momentan aber eher unwahrscheinlich ist. Deshalb wird Pol zu Pons abspringen.

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