Tom Lüthi (KTM): «Blamiert habe ich mich nicht»

Von Günther Wiesinger
Tom Lüthi hofft als KTM-MotoGP-Testfahrer auf ein Abflauen des Jugendwahns in der Königsklasse. Das Erzählen von Österreicher-Witzen hat er sich abgewöhnt.

Der 29-jährige Schweizer Tom Lüthi steht vor einer wichtigen Entscheidung. Bis zum Österreich-GP auf dem Red Bull Ring (14. August) will er sich darüber klar werden, ob er nächstes Jahr eine dritte Moto2-Saison beim Garage Plus Interwetten-Team absolviert oder ob er ins Ajo-Motorsport-Team wechselt, dort den Platz von Weltmeister Johann Zarco übernimmt und KTM-Werksfahrer wird.

KTM steigt 2017 mit einer Eigenbau-Maschine mit Gitterrohrstahlrahmen in die Moto2-WM ein. Im Ajo-Team werden zwei Fahrer eingesetzt, einer soll Moto3-WM-Leader Brad Binder sein.

Tom Lüthi hat jetzt die neue MotoGP-Maschine von KTM zweimal getestet, in Mugello und in Spielberg, er steht bei den Österreichern hoch im Ansehen. Aber für 2017 und 2018 ist das Werksteam mit Pol Espargaró und Bradley Smith besetzt. 2018 will KTM ein Kundenteam ausrüsten; dort wäre dann eventuell Platz für Tom Lüthi.

«Mir ist vor allem die Zukunft wichtig», sagt Tom Lüthi vor seiner Entscheidung. Einige seiner aktuellen Aussagen hören sich nach einer Liebeserklärung an die Adresse von KTM an.

Tom, wie lautet deine Bilanz nach den ersten zwei MotoGP-Tests auf der KTM RC16?

Bei KTM geht es sehr professionell zu, das ist der Hammer. Das MotoGP-Projekt macht mich sehr viel Freude. Das ist sehr eindrucksvoll, die RC16 ist ein konkurrenzfähiges Rennmotorrad. Deshalb möchte ich mit Pit Beirer und Mike Leitner auch weiter in Kontakt bleiben und zusammenarbeiten.

Du hast beim MotoGP-Test in Spielberg rund 2,5 sec auf die Bestzeit von Iananone auf Ducati verloren. Auf Rossi und Lorenzo fehlten aber bei deinem zweiten MotoGP-Test nur noch 1,6 Sekunden. Wo verlierst du die meiste Zeit?

Der Red Bull Ring ist eine sehr spezielle Strecke. Da geht es viel darum, wie kann man am besten aus den Kurven rausbeschleunigen, ohne dass die Elektronik zu stark eingreift.
Da haben die Ducati mit den Winglets sicher noch Vorteile, weil dadurch das Vorderrad besser am Boden bleibt. So sieht es jedenfalls aus. KTM verwendet keine Flügel, weil sie 2017 sowieso verboten sein werden.
Aber für mich als Testfahrer geht es nicht in erster Linie darum, mich mit den andern zu messen. Trotzdem ist es für mich interessant, wenn ich einmal hinter einem anderen Fabrikat nachfahren kann.
Am zweiten Tag in Spielberg war der interessanteste Moment, als mich Aleix Espargaró auf der Suzuki überholt hat. Er ist lange hinter mir hergefahren, er hat er mich ein bisschen beobachtet und mich dann in der zweitletzten Kurve überholt. Das war perfekt. Danach habe ich auf der Zielgeraden eine Referenz gehabt. Ich habe genau gesehen, wo ich Zeit auf ihn verliere. Für mich ist wichtig, dass ich mir von den routinierten MotoGP-Piloten noch etwas abschauen und daraus lernen kann.
Ich bin dann am späten Nachmittag des zweiten Testtages mit uralten Reifen noch dieselben Zeiten gefahren wie vorher mit neuen Reifen. Ich bin damit sehr nahe an meine besten Zeiten herangekommen.

Vielleicht hat Aleix für seinen Bruder Pol, der bei KTM für zwei Jahre unterschrieben hat, einen Spionage-Auftrag erledigen müssen? Pols Tech3-Team fehlt ja beim Spielberg-Test.

Ja, Aleix hat ein bisschen beobachtet, wie die KTM ausschaut, als er hinter mir war. Auf jeden Fall.

Wie viele Tests wirst du auf der KTM RC16 in diesem Jahr noch erledigen?

Es ist noch ein Test in Misano geplant. Das ist dann circa in einem Monat.

Stefan Bradl hat schon vor zwei Jahren gesagt, dein sauberer Fahrstil würde erstklassig in die MotoGP-WM passen. Wenn du jetzt siehst, wie rasch du dich an die 270 PS starke KTM gewöhnt hast, kommt da nicht Wehmut auf? Hättest du schon viel früher heftiger und ernsthafter mit der MotoGP liebäugeln sollen?

Es wäre schön gewesen, klar. Aber auf der anderen Seite fühle ich mich noch nicht zu alt, um 2017 noch einmal richtig anzugreifen und um den Moto2-WM-Titel zu kämpfen.
Mit besseren Moto2-Resultaten ist dann vielleicht in Zukunft noch viel möglich. Der Kontakt mit KTM-Motorsportchef Pit Beirer ist sehr gut, wie wir anfangs angesprochen haben... Vielleicht ergibt sich etwas für 2018.
Für mich ist es cool, diese Chance bekommen zu haben und mich in der MotoGP irgendwie zu zeigen. Ich glaube, blamiert habe ich mich nicht.
Und die Testerei geht noch weiter. Jetzt kommt Misano als nächster MotoGP-Test. Dann werden wir schauen, wie die Zukunft aussieht.

In Assen hast du dich Ende Juni nach deiner Pole-Position über den Jugendwahn in der MotoGP-WM beschwert. Aber so schlimm ist es gar nicht. Denn Sam Lowes und Johann Zarco steigen jetzt mit 26 Jahren in die MotoGP-Klasse auf. Also wird es für 2018 auch ein 30-Jähriger vielleicht noch schaffen?

Ja, vielleicht hört es jetzt einmal auf mit dem Jugendwahn, der da abgeht. Das wäre nur positiv.

Du darfst jetzt als Schweizer KTM-Fahrer keine Österreicher-Witze mehr erzählen.

(Er lacht). Haha, nein, darf ich nicht mehr. Ich bin als Schweizer in der KTM-Box definitiv in der Unterzahl. Da muss ich ein bisschen aufpassen.

Red Bull Ring-Test, 20. Juli, 18 Uhr

1. Iannone, Ducati, 1:23,240
2. Dovizioso, Ducati, 1:23,680
3. Stoner, Ducati, 1:23,865
4. Barbera, Ducati, 1:24,091
5. Rossi, Yamaha, 1:24,169
6. Lorenzo, Yamaha, 1:24,194
7. Viñales, Suzuki, 1:24,208
8. Aleix Espargaró, Suzuki, 1:24,335
9. Redding, Ducati, 1:24,375
10. Hernandez, Ducati, 1:24,396
11. Crutchlow, Honda, 1:24,455
12. Laverty, Ducati, 1:24,497
13. Miller, Honda,1:24,555
14. Petrucci, Ducati, 1:24,602
15. Rabat, Honda, 1:24,670
16. Pirro, Ducati, 1:25,139
17. Kallio, KTM, 1:25,191
18. Lüthi, KTM, 1:25,705
19. Baz, Ducati, 1:26,453

RED BULL RING-TEST – 19. Juli, 18 Uhr

1. Andrea DOVIZIOSO, Ducati, 1’23.764
2. Andrea IANNONE, Ducati, 1’24.347
3. Scott REDDING, Ducati, 1’24.461
4. Casey STONER, Ducati , 1’24.502
5. Maverick VIÑALES, Suzuki, 1’24.595
6. Hector BARBERA, Ducati, 1’24.649
7. Eugene LAVERTY, Ducati, 1’24.751
8. Danilo PETRUCCI, Ducati, 1’24.992
9. Valentino ROSSI, Yamaha, 1’25.054
10. Aleix ESPARGARÓ, Suzuki , 1’25.099
11. Yonny HERNANDEZ, Ducati, 1’25.171
12. Jorge LORENZO, Yamaha, 1’25.175
13. Jack MILLER, Honda, 1’25.345
14. Cal CRUTCHLOW, Honda, 1’25.438
15. Loris BAZ, Ducati, 1’25.994
16. Mika KALLIO, KTM, 1’26.056
17. Tito RABAT, Honda, 1’26.195
18. Tom LÜTHI, KTM, 1’26.405

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